Ev.-luth. Kirchengemeinde Preetz

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Gruß zum Sonntag -

 

Gruß zum letzten Sonntag im Kirchenjahr am 26. November 2023
von Pastorin Parra

Liebe Gemeinde,

heute, am Ewigkeitssonntag, denken wir an unsere Verstorbenen. Im Gottesdienst nennen wir die Namen aller, die wir in unserer Gemeinde im Laufe des Jahres zur letzten Ruhe geleitet haben. Wir zünden Kerzen an und beten zusammen. Es tut gut, sich zu erinnern und so dem Schmerz und der Trauer aber auch der Dankbarkeit für gemeinsam Erlebtes Raum zu geben.

Jeder Mensch, den wir heute betrauern, ging anders aus dieser Welt. Der eine wurde viel zu früh aus dem Leben gerissen, und hatte noch so viel vor. So viel blieb unerfüllt. Die andere hatte schon viele Jahre - müde von einem langen Leben - gewartet. Und dann kam der Tod wie das sanfte Schließen eines Buches wenn man die letzte Seite längst zu Ende gelesen hat. Wir haben unsere Zeit nicht in der Hand. Sie wird uns geschenkt oder aufgebürdet, je nachdem. Gott hält die Zeit in der Hand – unser kurzes Leben ebenso wie die lange Ewigkeit.

Der Autor des 2. Petrusbriefes schreibt an seine Gemeinde: Vor Gott ist ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre sind wie ein Tag (2. Petr 3,8). Zeit wie wir sie erleben spielt vor dem Angesicht Gottes keine Rolle. Eine Ahnung davon bekommen wir, wenn wir Sterbende begleiten. Es kann sich anfühlen, als sei die Zeit in ihrer Gegenwart stehen geblieben, wenn sie an der Schwelle verharren, nicht mehr ganz hier und noch nicht ganz dort. Oder sie blicken in einem Wimpernschlag auf ihr ganzes Leben zurück und umfassen es mit einem verstehenden Blick.

Zeit ist kostbar. Aber auf andere Weise als wir oft denken. Dann sind wir so beschäftigt, sie auszunutzen, dass wir darüber unsere eigene Endlichkeit fast vergessen. Wir haben in so vielen Bereichen gelernt, die Natur zu beherrschen. Aber die Zeit anhalten oder beschleunigen, das können wir nicht. Einmal wird sie zu Ende gehen: Unsere eigene Zeit und die dieser Welt. Die Unausweichlichkeit des Todes macht vielen Angst. So sehen wir lieber weg, so lange es geht. Und schließlich ist ja auch immer etwas zu tun oder zu bedenken, das uns ablenkt. Obwohl wir es doch wissen, denken wir kaum daran, dass jeden Tag das eigene Leben aufhören oder sogar die ganze Welt untergehen könnte.

Damals, um das Jahr 110 nach Christus, als der 2. Petrusbrief entstand, war das anders. Die Gemeinde wartete sehnsüchtig auf die Parusie, die Wiederkunft Christi am Ende der Zeit. Es war ihnen doch versprochen worden, dass niemand von ihnen sterben würde, bevor das geschieht? Nun waren schon über 70 Jahre vergangen. Viele Glaubensgeschwister hatten sie begraben. Was würde aus den Entschlafenen werden, die da nun in ihren Gräbern auf das Weltende warten mussten? Was aus ihnen selbst? Hatte Gott sie vergessen?

Der Autor des 2. Petrusbriefes meint: Nein, im Gegenteil! Gott will nicht, dass jemand verloren geht und gibt allen die Chance, umzukehren bis dann - ganz plötzlich, wie ein Dieb - der letzte Tag kommt. Er rät der Gemeinde, jederzeit dafür bereit zu sein, dass diese Welt im Feuer zergeht.

Eine große Hitze am Ende – damals dachte man dabei noch nicht an Atomwaffen und Klimakatastrophe. Heute beschleicht einen die Angst, dass ein solches Weltende menschengemacht sein könnte. In den Nachrichten sehen wir brennende Häuser, Bombenangriffe in Israel, im Gazastreifen, in der Ukraine, Flüchtlingsströme… Heilige Schriften der jeweils verfeindeten Religion werden verboten, verbrannt. Die Geschichte scheint sich wie in einem schrecklichen Alptraum immer zu wiederholen.

Auch hier in Preetz haben viele Alte, die schon den letzten Weltkrieg miterlebten, Alpträume von den Schrecken des Krieges und der Flucht, die sie als Kinder erlitten. Sie fragen sich: Haben die Menschen denn gar nichts gelernt? Die Welt scheint um keinen Deut besser zu werden, sondern eher noch schlimmer.

Was hilft? Nur, dass Gott alles in einem zerstörerischen Feuer einschmilzt und so all der Gewalt und Ungerechtigkeit endlich ein Ende setzt?

Kurt Marti dichtete vor 60 Jahren:

„Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt, wenn einst Himmel und Erde vergehen.

Der Himmel, der kommt, das ist der kommende Herr, wenn die Herren der Erde gegangen.“

Ein neuer Himmel und eine neue Erde, das brauchen wir Menschen wohl. Und sie müssen ganz anders sein als die alten.

„Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid, wo Gewalttat und Elend besiegt wird.

Der Himmel, der kommt, das ist die fröhliche Stadt, und der Gott mit dem Antlitz des Menschen.“

Wir brauchen einen Neuanfang von Grund auf. Aber für wen? Nur für die, die „in heiligem Wandel dastehen“,  wie es im 2. Petrusbrief heißt (2. Petr 3,11)? Und was ist mit den anderen? Ein neuer Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit herrscht, bedeutet das, dass die Bösen auf alle Zeit im Feuer schmoren, das sie selbst heraufbeschworen? Ist das gerecht?

Meine Überzeugung ist: Gottes Gerechtigkeit sieht anders aus. Wen Gott richtet, den richtet er nicht hin, sondern auf. Das Feuer am Ende der Zeit könnte eins sein, in dem alle Schrecken, aller Hass dieser Welt dahinschmelzen. Alles, was uns in uns selbst gefangen hält: Das Feuer der göttlichen Liebe, die allen Menschen gilt.

Diese Liebe ist es auch, die die Kontinuität bildet zwischen unserer jetzigen Welt und der neuen. Wir können das an uns selbst spüren: Die Liebe zu denen, die wir meinen, an den Tod verloren zu haben, ist nicht gestorben. Sie ist noch da. Sie ist stärker als der Tod, weil sie nicht von uns geschaffen wurde, sondern ihr Ursprung bei Gott liegt. Bei Gott, dessen Liebe uns gilt in aller Zeit und Ewigkeit. Bei Gott, der da ist – jetzt in diesem Moment bei uns. Bei Gott, der da war – auch im Leben derer, an die wir uns heute zurückerinnern. Bei Gott, der kommt und einen neuen Himmel und eine neue Erde für uns bereithält.

Wo auch immer unsere Verstorbenen jetzt sind. Was auch immer vor Gott überhaupt „jetzt“ bedeutet, die Liebe verbindet uns weiter mit ihnen. Gottes Liebe ermöglicht uns in dieser Welt schon einen Vorgeschmack auf das, was sie am Ende – unserem individuellen Ende und dem dieser Welt - für uns bereithält.

Die Liebe Gottes zu uns und zu dieser so unvollkommenen Welt lehrt uns hoffen. Sie lehrt uns, immer wieder schon in dieser Welt für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten – oft gegen jeden Augenschein. Wenn man sieht, was Menschen so anrichten, ist es eher tröstlich, dass sie die Zeit nicht in der Hand halten, sondern Gott. Und er füllt sie an mit seiner Liebe. Das können wir spüren: Im Erinnern, Hoffen, Beten, Trösten, Teilen…

Kurt Marti dichtete später noch eine 5. Strophe zu seinem Lied:

„Der Himmel, der kommt, grüßt schon die Erde, die ist, wenn die Liebe das Leben verändert.“

Bleiben Sie behütet

Ihre Pastorin Ute Parra

 

 

 

 P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 


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