Ev.-luth. Kirchengemeinde Preetz

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Archiv 2023

 

Gruß zum Letzen Sonntag im Kirchenjahr am 26. November 2023          
Gruß zum Vorletzen Sonntag im Kirchenjahr am 19. November 2023   
Gruß zum 23. Sonntag nach Trinitatis am 12. November 2023    
Gruß zum 22. Sonntag nach Trinitatis am 05. November 2023
   
Gruß zum 21. Sonntag nach Trinitatis am 29. Oktober 2023   
Gruß zum 20. Sonntag nach Trinitatis am 22. Oktober 2023    
Gruß zum 19. Sonntag nach Trinitatis am 15. Oktober 2023     
Gruß zum 18. Sonntag nach Trinitatis am 08. Oktober 2023
 
Gruß zum 17. Sonntag nach Trinitatis am 01. Oktober 2023    
Gruß zum 15. Sonntag nach Trinitatis am 10. September 2023      
Gruß zum 14. Sonntag nach Trinitatis am 10. September 2023
    
Gruß zum 13. Sonntag nach Trinitatis am 03. September 2023    
Gruß zum 12. Sonntag nach Trinitatis am 27. August 2023  
Gruß zum 11. Sonntag nach Trinitatis am 20. August 2023       
Gruß zum 10. Sonntag nach Trinitatis am 13. August 2023   
Gruß zum 9. Sonntag nach Trinitatis am 06. August 2023   
Gruß zum 7. Sonntag nach Trinitatis am 23.Juli 2023  
Gruß zum 5. Sonntag nach Trinitatis am 16. Juli 2023
Gruß zum 5. Sonntag nach Trinitatis am 09. Juli 2023
Gruß zum 4. Sonntag nach Trinitatis am 02. Juli 2023
Gruß zum 3. Sonntag nach Trinitatis am 25.Juni 202
3
Gruß zum 2. Sonntag nach Trinitatis am 18. Juni 2023
Gruß zum 1. Sonntag nach Trinitatis am 11.Juni 2023
Gruß zum Sonntag Trinitatis am 04. Juni 2023
Gruß zum Sonntag Quasimodogeniti am 28.Mai 2023
Gruß zum Sonntag Exaudi am 21. Mai 2023
Gruß zum Sonntag Rogate am 14. Mai 2023
Gruß zum Sonntag Kantate am 07. Mai 2023
Gruß zum Sonntag Jubilate am 30. April 2023
Gruß zum Sonntag Miserikordias Domini am 23.April 2023
Gruß zum Sonntag Quasimodogeniti am 16.April 2023
Gruß zum Ostersonntag am 09. April 2023
Gruß zum Palmsonntag am 02. April 2023

Gruß zum Sonntag Judika am 26. März 2023
Gruß zum Sonntag Laetare am 19. März 2023
Gruß zum Sonntag Okuli am 12. März 2023
  
Gruß zum Sonntag Reminiszere am 05. März 2023  
Gruß zum Sonntag Sexagesimae am 26. Februar 202
3
Gruß zum Sonntag Estomihi am 19.Februar 2023
Gruß zum Sonntag Sexagesimae am 12. Februar 2023
Gruß zum Sonntag Septuagesimä am 5.Februar 2023
Gruß zum vorl. Sonntag nach Epiphanias am 29. Januar 2023

Gruß zum 3. Sonntg nach Epiphanias am 22.Januar 2023
Gruß zum 2. Sonntg nach Epiphanias am 15.Januar 2023

Gruß zum 1. Sonntg nach Epiphanias am 08.Januar 2023

Gruß zu Neujahr am 01. Januar 2023

Gruß zu Weihnachten am 25. Dezember 2022

Gruß zum 4. Advent am 18. Dezember 2022
Gruß zum 3. Advent am 11. Dezember 2022 
Gruß zum 2. Advent am 04.Dezember 2022
Gruß zum 1. Advent am 27.November 2022


Gruß zum letzten Sonntag im Kirchenjahr am 26. November 2023
von Pastorin Parra

Liebe Gemeinde,

heute, am Ewigkeitssonntag, denken wir an unsere Verstorbenen. Im Gottesdienst nennen wir die Namen aller, die wir in unserer Gemeinde im Laufe des Jahres zur letzten Ruhe geleitet haben. Wir zünden Kerzen an und beten zusammen. Es tut gut, sich zu erinnern und so dem Schmerz und der Trauer aber auch der Dankbarkeit für gemeinsam Erlebtes Raum zu geben.

Jeder Mensch, den wir heute betrauern, ging anders aus dieser Welt. Der eine wurde viel zu früh aus dem Leben gerissen, und hatte noch so viel vor. So viel blieb unerfüllt. Die andere hatte schon viele Jahre - müde von einem langen Leben - gewartet. Und dann kam der Tod wie das sanfte Schließen eines Buches wenn man die letzte Seite längst zu Ende gelesen hat. Wir haben unsere Zeit nicht in der Hand. Sie wird uns geschenkt oder aufgebürdet, je nachdem. Gott hält die Zeit in der Hand – unser kurzes Leben ebenso wie die lange Ewigkeit.

Der Autor des 2. Petrusbriefes schreibt an seine Gemeinde: Vor Gott ist ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre sind wie ein Tag (2. Petr 3,8). Zeit wie wir sie erleben spielt vor dem Angesicht Gottes keine Rolle. Eine Ahnung davon bekommen wir, wenn wir Sterbende begleiten. Es kann sich anfühlen, als sei die Zeit in ihrer Gegenwart stehen geblieben, wenn sie an der Schwelle verharren, nicht mehr ganz hier und noch nicht ganz dort. Oder sie blicken in einem Wimpernschlag auf ihr ganzes Leben zurück und umfassen es mit einem verstehenden Blick.

Zeit ist kostbar. Aber auf andere Weise als wir oft denken. Dann sind wir so beschäftigt, sie auszunutzen, dass wir darüber unsere eigene Endlichkeit fast vergessen. Wir haben in so vielen Bereichen gelernt, die Natur zu beherrschen. Aber die Zeit anhalten oder beschleunigen, das können wir nicht. Einmal wird sie zu Ende gehen: Unsere eigene Zeit und die dieser Welt. Die Unausweichlichkeit des Todes macht vielen Angst. So sehen wir lieber weg, so lange es geht. Und schließlich ist ja auch immer etwas zu tun oder zu bedenken, das uns ablenkt. Obwohl wir es doch wissen, denken wir kaum daran, dass jeden Tag das eigene Leben aufhören oder sogar die ganze Welt untergehen könnte.

Damals, um das Jahr 110 nach Christus, als der 2. Petrusbrief entstand, war das anders. Die Gemeinde wartete sehnsüchtig auf die Parusie, die Wiederkunft Christi am Ende der Zeit. Es war ihnen doch versprochen worden, dass niemand von ihnen sterben würde, bevor das geschieht? Nun waren schon über 70 Jahre vergangen. Viele Glaubensgeschwister hatten sie begraben. Was würde aus den Entschlafenen werden, die da nun in ihren Gräbern auf das Weltende warten mussten? Was aus ihnen selbst? Hatte Gott sie vergessen?

Der Autor des 2. Petrusbriefes meint: Nein, im Gegenteil! Gott will nicht, dass jemand verloren geht und gibt allen die Chance, umzukehren bis dann - ganz plötzlich, wie ein Dieb - der letzte Tag kommt. Er rät der Gemeinde, jederzeit dafür bereit zu sein, dass diese Welt im Feuer zergeht.

Eine große Hitze am Ende – damals dachte man dabei noch nicht an Atomwaffen und Klimakatastrophe. Heute beschleicht einen die Angst, dass ein solches Weltende menschengemacht sein könnte. In den Nachrichten sehen wir brennende Häuser, Bombenangriffe in Israel, im Gazastreifen, in der Ukraine, Flüchtlingsströme… Heilige Schriften der jeweils verfeindeten Religion werden verboten, verbrannt. Die Geschichte scheint sich wie in einem schrecklichen Alptraum immer zu wiederholen.

Auch hier in Preetz haben viele Alte, die schon den letzten Weltkrieg miterlebten, Alpträume von den Schrecken des Krieges und der Flucht, die sie als Kinder erlitten. Sie fragen sich: Haben die Menschen denn gar nichts gelernt? Die Welt scheint um keinen Deut besser zu werden, sondern eher noch schlimmer.

Was hilft? Nur, dass Gott alles in einem zerstörerischen Feuer einschmilzt und so all der Gewalt und Ungerechtigkeit endlich ein Ende setzt?

Kurt Marti dichtete vor 60 Jahren:

„Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt, wenn einst Himmel und Erde vergehen.

Der Himmel, der kommt, das ist der kommende Herr, wenn die Herren der Erde gegangen.“

Ein neuer Himmel und eine neue Erde, das brauchen wir Menschen wohl. Und sie müssen ganz anders sein als die alten.

„Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid, wo Gewalttat und Elend besiegt wird.

Der Himmel, der kommt, das ist die fröhliche Stadt, und der Gott mit dem Antlitz des Menschen.“

Wir brauchen einen Neuanfang von Grund auf. Aber für wen? Nur für die, die „in heiligem Wandel dastehen“,  wie es im 2. Petrusbrief heißt (2. Petr 3,11)? Und was ist mit den anderen? Ein neuer Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit herrscht, bedeutet das, dass die Bösen auf alle Zeit im Feuer schmoren, das sie selbst heraufbeschworen? Ist das gerecht?

Meine Überzeugung ist: Gottes Gerechtigkeit sieht anders aus. Wen Gott richtet, den richtet er nicht hin, sondern auf. Das Feuer am Ende der Zeit könnte eins sein, in dem alle Schrecken, aller Hass dieser Welt dahinschmelzen. Alles, was uns in uns selbst gefangen hält: Das Feuer der göttlichen Liebe, die allen Menschen gilt.

Diese Liebe ist es auch, die die Kontinuität bildet zwischen unserer jetzigen Welt und der neuen. Wir können das an uns selbst spüren: Die Liebe zu denen, die wir meinen, an den Tod verloren zu haben, ist nicht gestorben. Sie ist noch da. Sie ist stärker als der Tod, weil sie nicht von uns geschaffen wurde, sondern ihr Ursprung bei Gott liegt. Bei Gott, dessen Liebe uns gilt in aller Zeit und Ewigkeit. Bei Gott, der da ist – jetzt in diesem Moment bei uns. Bei Gott, der da war – auch im Leben derer, an die wir uns heute zurückerinnern. Bei Gott, der kommt und einen neuen Himmel und eine neue Erde für uns bereithält.

Wo auch immer unsere Verstorbenen jetzt sind. Was auch immer vor Gott überhaupt „jetzt“ bedeutet, die Liebe verbindet uns weiter mit ihnen. Gottes Liebe ermöglicht uns in dieser Welt schon einen Vorgeschmack auf das, was sie am Ende – unserem individuellen Ende und dem dieser Welt - für uns bereithält.

Die Liebe Gottes zu uns und zu dieser so unvollkommenen Welt lehrt uns hoffen. Sie lehrt uns, immer wieder schon in dieser Welt für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten – oft gegen jeden Augenschein. Wenn man sieht, was Menschen so anrichten, ist es eher tröstlich, dass sie die Zeit nicht in der Hand halten, sondern Gott. Und er füllt sie an mit seiner Liebe. Das können wir spüren: Im Erinnern, Hoffen, Beten, Trösten, Teilen…

Kurt Marti dichtete später noch eine 5. Strophe zu seinem Lied:

„Der Himmel, der kommt, grüßt schon die Erde, die ist, wenn die Liebe das Leben verändert.“

Bleiben Sie behütet

Ihre Pastorin Ute Parra

 

 P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

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Gruß zum Vorletzten Sonntag im Kirchenjahr am 19. November 2023
von Propst Faehling

Liebe Gemeinde,

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Wir haben den Text als Evangelium schon gehört.
Und wir haben hier die Überlieferung einer Rede Jesu, für Matthäus ist es die letzte vor Jesu Tod.

Als würde Matthäus seinen Glauben von Jesus noch einmal wesentlich zusammenfassen, malt er den Hörenden ein Bild vor die Ohren, in dem es um das Ende der Welt geht. Als gäbe es zum Ende allen Lebens noch einmal einen großen Prozess.

Wobei, das sollten wir bedenken, diesen Prozess gab es ja so nicht. Sondern Matthäus beschreibt ihn, um die Menschen zu mahnen, um sie nachdenklich zu machen. Er schreibt in einer für uns altertümlichen Sprache, die die Menschen damals aber verstanden.
Z.B. das Trennen der Schafe von den Böcken war eine ganz bekannte Prozedur zum Herbst, wo die Schafe in den Stall kamen und die Böcke zur Schlachtung. Man schied die, die die wärmende Wolle hergaben, von denen, die satt machen sollten.

Und das Bild entsteht, dass es auch bei Gott so ein Aufteilen geben könnte, allerdings zwischen gut und böse. Und natürlich war vor allem die Idee dabei, die Menschen zu ermahnen, sie auf gute Wege zu bringen, an dieser Stelle durch drastische Warnbilder. Geht ihr falsch, kann es übel werden.

Und dann muss man aber immer wieder sagen: Das Ziel der Lehre Jesu aber war ja vor allem, dass die Menschen Orientierung und gute Wege fanden. Das Ziel Jesu war eben nicht, Urteile zu fällen.

Und mal ehrlich: Wer sollte denn auch vor so einem Urteil bestehen? Wer von uns setzt denn all diese Forderungen in seinem Leben um? Ginge es also ums Aburteilen, wären wir doch ohnehin alle verloren.

So ist früher und lange gepredigt worden. Ich verstehe Jesus als den, der zurechtbringen will, insbesondere die normalen Menschen, denen auch mit Mühe eben lange nicht alles gelingt.

Jesu Zukunftsbild ist Leben. Auch noch in dieser Geschichte.

Und welche Botschaft, die dem Leben dient, könnte man also aus dieser Geschichte sozusagen als Essenz herauslesen?

Und ich würde das so formulieren, indem ich sage: Die Botschaft aus dieser Geschichte lautet für mich: Denkt die Dinge von ihrem Ende her.

Das ist eine ganz aktuelle Forderung in vielen Entwicklungsprozessen auf: Man soll die Dinge vom Ende her denken. Gerade auch in Konflikten, die mit Gewalt zu tun haben, wird diese Forderung erhoben, aktuell zwischen Israel und Gaza: Angesichts unfassbarer Gewalt, die immer tiefere Verletzungen erzeugt, sei, so verstehe ich, die Frage zu stellen und vor allem zu beantworten: Was soll zukünftig die Friedensordnung dort sein, wo jetzt so erbittert gekämpft wird. Dieselbe Frage gilt in der Ukraine und an vielen anderen Konfliktherden der Welt, an denen mit Säbeln gerasselt, Menschen vertrieben werden, aufgerüstet wird.

Es ist eine Frage, die mitten im Konflikt meist verhallt. Und wie erschütternd ist das, wenn es so scheint, als müsste immer erst all das Leid der Millionen Toten, inklusive des millionenfachen Mordes an den Jüdinnen und Juden, der zerbombten europäischen Städte im zweiten Weltkrieg, die Atombomben auf Japan, das Napalm auf Vietnam gefallen sein, die tausenden Opfer in dem Konflikt seit dem 7. Oktober, bevor man erschöpft und müde und ausgebrannt auf all das Zerstörte rundum schaut und sagt: Jetzt muss etwas Neues her.
Und wir wissen, es muss schon so lange her.

Vom Ende her denken … was würde alles anders verlaufen, wenn wir dazu bereit wären? Wieviel kleinen und riesengroße Konflikte, wieviel Nachbarschaftsstreit, wieviel betrogene Lebenspartner, wie viele Unfälle mit Autos und Motorrädern, wieviel abgebrochene Schullaufbahnen, wieviel gescheiterte Arbeitsverhältnisse, wieviel Gefängnisaufenthalte wären überflüssig, wie viele Kriege, wenn wir Menschen unser Tun vom Ende her denken würden!

Aber wir sind kurzsichtig, uns interessiert der Moment mehr als die ganze Geschichte, der Reiz mehr als die Folgen. Nach mir die Sintflut ist ein wirklich altes Sprichwort, und sie Geschichte dazu steht schon ganz am Anfang der Bibel.

Ist der Mensch also ein für die Vernunft verlorenes Wesen? Sind wir untauglich, auch nur die 10 Gebote regelmäßig zu halten? Die Antwort muss aus der Lebenserfahrung heraus leider „Ja“ lauten. Und hat je die Androhung von Strafe geholfen, Taten zu verhindern? Die Antwort muss leider lauten: Höchstens vorübergehend und im begrenzten Maß.

Und bedeutet das nicht in wirklicher Konsequenz, dass der Mensch ein Wesen ist und hat, dass es besser auf dieser Welt nicht gäbe; denn ganz anders als die Tiere bringt der Mensch in seiner Begabung durch die Vernunft zwar Wunderbares zustande aber eben auch so viel Schreckliches.

Ja, solche philosophischen Gedanken gibt es. Und so seltsam es ist, gerade angesichts der Forderungen, die Gott an uns stellt, ist gerade er selbst zugleich der, der den Menschen erschaffen hat, liebt, will und ihm Zukunft schenken will.

Am Ende der Sintflutgeschichte, als die Wasser der Flut sich verzogen haben, heißt es in der Bibel, dass das Dichten und Trachten der Menschen von Grund auf böse sei, und in einem Atemzug steht aber der Segen über den Menschen da, und dass Gott sie niemals wieder vernichten will, sondern sie für alle Ewigkeit bewahren will.

Und Gott weiß, was er will, das bin ich sicher.
Ich nenne das, was ich als seinen Willen zu verstehen meine, die Paradoxie der Liebe. Zu lieben, was sich so sperrig verhält; zu lieben, was der Liebe zuweilen so widerspenstig entgegensteht; zu lieben, was sich so verstrickt in Untaten und schlimmste Gewalt; das stelle ich mir als Gottes Grundentscheidung vor.

Eigentlich ist er wie Vater und Mutter in einem, nur noch größer und geduldiger als die meisten Eltern.

Kann ich das so sagen?
Hilft das an einem Tag 78 Tage nach Kriegsende? Hilft das an einem Tag, dessen Reden von Ukraine und Gazakrieg sprechen werden? Hilft das an einem Tag am Ende der Woche, an der die deutsche Politik von Kriegstüchtigkeit unseres Landes zu sprechen für angemessen hält? Hilft das am Sonntag, nachdem am Dienstag Abend die Medien gemeldet haben, dass die Menschen Kirche sowieso nicht mehr für relevant halten? Und hilft das angesichts eines Predigttextes, der so sperrig schwarz-weiß malt, der Böcke von Lämmern, Böse von Guten scheiden will, und den einen den Himmel und den anderen ewige Strafe verheißt?

Ja, ich denke, es hilft, weil der Gott, an den ich glaube, mitten in alledem an zwei Dingen festhält:
- Zum einen seine unaufgebbare Liebe.
- Und zum anderen seine klaren Beauftragungen, nämlich gerade angesichts der Realität uns an die Seiten der Menschen zu stellen.

Besuchen, Kleiden, zu Essen geben, in Krankheit, Gefahr und Gefängnis, also unaufgebbare Menschlichkeit mitten in den Realitäten des Alltags, das ist der unaufgebbare Ausdruck der Liebe Gottes zum Leben und zu den Menschen, die wir untereinander weitergeben sollen.
Wir bleiben verantwortlich, immer, auch dann, wenn wir offensichtlich der Verantwortung nicht gerecht werden.
Die Forderung nach Verantwortung ist für Gott ebenso unaufgebbar wie sein Festhalten an der Liebe.

So richtet diese Geschichte unseren Lebenskompass aus. So mahnt uns Gott an die Menschlichkeit, gerade angesichts des Versagens in Vergangenheit und Gegenwart

Als müsse, so schlimm es ist, wenigstens einer es wagen festzuhalten an der Mahnung, die Menschenwürde und die Menschenrechte zu achten und sich verantwortlich dazu zu halten.
So viele Politiker, Historiker, Psychologen und anderen kluge Leute erklären und die Unabwendbarkeit des Krieges, erklären uns, warum die Weltordnung immer wieder so aus den Fugen gerät, wo die Richtigen leben und wo die Falschen.
Und mitten darin wird Gott nicht müde, zu sagen, dass es die Richtigen und Falschen nicht gibt, sondern dass alle an alle gewiesen sind, um Würde, Recht und Menschlichkeit aufrecht zu erhalten.

Mag sein, dass diese Gedankennaiv wirken.
Mag aber auch sein, dass dies die grundlegenden Ideen eines Gottes sind, die wir unbedingt brauchen, wenn wir das Leben vom Ende her denken wollen.

Ich glaube, dass wir uns fragen sollten, was wir antworten werden, wenn wir einmal von wem auch immer gefragt werden, wie wir unser Leben verbracht haben und ob wir unserer Verantwortung gerecht geworden sind.
Und nicht die Drohung macht das Motiv des Handelns, sondern die immer neu zu ergreifende Chance, der Liebe, der Verantwortung für das Leben den Vorrang zu geben. Wo wir ernsthaft vom Ende her denken, werden wir der Gegenwart anders begegnen.

Mein letzter Gedanke geht zu zwei Müttern, einer aus Israel, einer aus dem Gaza-Streifen. Sie sind einander begegnet, tatsächlich, und haben sich entschlossen, füreinander zu beten, als Mütter, die Kinder in diesem Krieg verlieren, kleine Kinder, uns Kinder, die als Soldaten gegeneinander kämpfen.
Sie haben schon Kinder verloren und sie denken vom Ende her und wissen und wünschen nur von einem Ausweg: Frieden.

Es ist und bleibt paradox. Es ist und bleibt schwer zu glauben. Aber nur, wenn wir das Leben vom Ende her denken, werden wir jetzt und hier wirklich verantwortlich leben können. So wie bei dem Wort, das im Moment in aller Munde ist:
Nie wieder ist jetzt.

Amen.

 

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

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Gruß zum 23. Sonntag nach Trinitatis am 12. November 2023
von Pastorin Pfeifer

Liebe Gemeinde,

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unsrem Vater und unsrem Herrn Jesus Christus. Amen

Gib Frieden Herr, gib Frieden, die Welt nimmt schlimmen Lauf. Recht wird durch Macht entscheiden, wer lügt liegt obenauf.

Das Unrecht geht im Schwange, wer stark ist der gewinnt. Wir rufen Herr wie lange: Hilf uns die friedlos sind.

So heißt es in einem Kirchenlied.

Wer von uns hätte vor bald 2 Jahren gedacht, dass diese inständige bitte um Frieden wieder so vordringlich werden würde, angesichts des Kriegs in der Ukraine und nun auch Nahost.

Und auch zu merken, dass Mächtigen dieser Welt, weder die hohe Diplomatie noch irgendwelche anderen Intellektuellen einen Weg finden würden diese blutigen Auseinandersetzungen, dieses unsägliche Leid zu beenden.

Vor ein paar Tagen habe ich ein Interview gehört mit einem einen älteren Israeli. Großvater von 4 kleinen Enkeln, Historiker und Journalist. Er hat gesagt, dass er seit seinem 3. Lebensjahr mit der ständigen Kriegsgefahr und mit den Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern leben muss. Und er war erschüttert, dass nun auch seine kleinen Enkel wieder Angst haben und im Schutzraum schlafen müssen. Nach einer möglichen Lösung des Konflikts gefragt, hat er nur gesagt, er sei Pessimist und er könne tatsächlich gar keine Lösung erkennen. Und auch die eine 2-Staatenlösung, wie sie die westliche Welt so oft vorschlägt ist seiner Meinung nach vollkommen unrealistisch.

Aber auch ein Frieden in der Ukraine scheint noch lang nicht in Sicht. Die Angriffe gehen weiter.  Und es beschleicht einen die Sorge, dass Putin den Winter sogar regelrecht dazu nutzt seine Waffen und Truppen weiter aufzustocken.

Wer könnte angesichts dieser ganzen Situation nicht mit einstimmen in die sehnsüchtige Bitte: nicht mit einstimmen in die eben gesungen Bitte.

Gib Frieden Herr, gib Frieden die Welt nimmt schlimmen Lauf. Recht wird durch Macht entschieden, wer lügt liegt oben auf. Das Unrecht geht im schwange, wer stark ist der gewinnt. Wir rufen Herr wie lange ? Hilf uns die friedlos sind.

Und vielleicht, liebe Gemeinde, ist es in dieser Situation tatsächlich auch als Christenmenschen unsere vordringliche Aufgabe,  neben allernotwendigen humanitären Hilfe  für die Menschen in Not,  für Ukrainer und Russen,  für Palästinenser und Israeli um Frieden zu beten.  

So,  wie das auch in den Friedensandachten der vergangenen Woche geschehen ist.

Dass wir Gott inständig darum bitten, dass er uns Menschen den Weg weist, Schritte zum Frieden finden, wo wir von uns aus kaum noch Möglichkeiten und Wege zum Frieden sehen. Dass er den Kriegstreibern und Terroristen Einhalt gebietet und allen Politikern und Politikerinnen, allen Mächtigen und  und Diplomaten Einsicht und Durchsetzungskraft gibt Frieden zu schaffen,.

Not lehrt beten.  Heißt es. Und ich denke, da ist auch was dran. Denn wer in Not ist oder schon einmal in Not war, der weiß wie das ist und wie es sich anfühlt, sich selbst oder auch einem leiben Menschen nicht nicht mehr helfen zu können. Keinen Ausweg zu sehen und zu wissen und auch keine Lösung zu finden.   Wenn wir merken, dass wir letztendlich und ganz bestimmt am Ende unseres irdischen Lebenswegs, wenn es ans Sterben geht, tatsächlich gar nichts mehr machen können.

Gut, wenn wir dann jemand haben, der unsere Hand hält, der uns zeigt, dass wir in unsrer letzter Stunde nicht allein lässt.  Eugen Drewermann hat mal sinngemäß geschrieben.  Was bis zuletzt bleibt, wenn alles sehen und hören nachlässt und nichts mehr geht, ist der Tastsinn- er ist der erste Sinn, den wir wahrnehmen, wenn wir ins Leben gehoben werden. Er ist vielleicht der letzte Sinn, den wir noch spüren, wenn wir dann wieder gehen.   Und so ist die Hand, die wir spüren dann vielleicht auch wie die Hand eines Engels, die uns dann sachte hinüberhilft.

Mir ist diese Vorstellung sehr nachgegangen. Sie ist mir im Kopf geblieben.

Die Vorstellung, dass am Ende vielleicht eine Hand da sein könnte, die mich hält, dann aber auch loslässt und mich in Gottes Hand übergibt, tut mir gut.  Ja, so würde ich das ganz gerne haben.  Vor allem aber möchte ich dann glauben und hoffen können, dass Gottes ewige Liebe mich dann erwartet und mich empfängt und dass ich in Gottes ewiger Liebe und Nähe dann auch gut aufgehoben und geborgen bin. Möge Gott uns allen eines Tages   solches Vertrauen und solche Hoffnung geben. Dass wir alles und auch uns selbst loslassen können, um uns ganz und gar in Gottes anzuvertrauen.

Solcher Glaube und solche Hoffnung klingt an in den Worten des Paulus, die wir vorhin in der Epistellesung gehört haben.  Wenn Paulus schreibt:

Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit des Leidens nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.

Wenn jemand das wirklich mitten im schlimmsten Lied so sagen und glauben kann, dann ist das, finde ich, wirklich erstaunlich. Vor allem deshalb, weil darin ein ganz großes Vertrauen auf Gott zum Ausdruck kommt.

 Die tiefe Überzeugung und das Vertrauen, vielleicht kann man sogar sagen das Urvertrauen, dass Gott es letztendlich gut machen will und machen wird für uns alle. Und wenn schon nicht in dieser Welt dann in jedenfalls nach dieser Welt und nach diesem leben.  

Und darauf, liebe Gemeinde, hoffe ich tatsächlich auch, dass Gott es nicht nur gut mit uns meint, sondern auch gut für uns macht, wenn wir dann eines Tages von dieser Welt in seine ewige Liebe hinübergehen.

 Aber mitten im Leben regt sich bei mir gegen diese Worte doch auch erstmal erheblicher Widerstand und Widerspruch. Wenn Paulus sagt: Ich bin überzeugt , dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit Gottes , die an uns offenbart werden soll

Ich finde diesen Satz gegenüber Menschen die leiden und in Not sind tatsächlich problematisch. Wenn sie dann hören sollen, dass ihr Leiden nicht ins Gewicht fällt gegenüber der Herrlichkeit Gottes, dann kann das in ihren Ohren tatsächlich nur zynisch und herzlos und lieblos klingen.

 Jesus, hätte diesen Satz, denke ich so auch nicht gesagt. Denn er hat ja tatsächlich gelehrt und gezeigt, dass Gott in seiner Liebe ganz anders ist.  Dass Gott die Not, das Leid und das Elend jedes einzelnen Menschen nicht nur sieht und erkennt, sondern auch wichtig nimmt, dass Gott will, dass allen Menschen, die Leid tragen, geholfen wird, dass sie ein gutes Leben in Frieden und Gerechtigkeit, in der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen haben.

In Jesu Nähe haben die Menschen diese Liebe Gottes und ihre Wirkung dann auch ganz real erfahren. Und erlebt, dass Blinde wieder sehen, Lahme wieder gehen und Aussätzige wieder gesund worden sind. Dass Menschen in seiner Nähe an Leib und Seele wieder gesund geworden sind und dass auch zerstörte und kaputte Beziehung zu anderen Menschen wieder ganz und heil werden konnte. Und dass auch ihr Glaube an Gott, ihr Vertrauen auf Gott und seine Liebe wieder wachsen und groß werden konnte.

Vor allem Jesu eigenes Schicksal, sein grausames Sterben und sein Tod am Kreuz zeigt uns, dass Gott den Menschen im leid nicht fern und weit weg, sondern ganz nahe ist.  Auch , wenn sie das selber vielleicht gar nicht merken und glauben können.

So, wie Jesus das ja sogar selber empfunden hat. Als er am Kreuz das Gefühl hatte nicht nur von der Welt, sondern sogar von Gott verlassen zu sein, als er sagte: Mein Gott mein Gott warum hast du mich verlassen.  Aber Gott hat ihn tatsächlich nicht losgelassen, sodass er sich weiter an Gott gewandt und auch weiter zu Gott gebetet hat, für sich selbst, aber eben auch für anderen Menschen die um ihn waren, sodass er dann am Ende eben doch loslassen und sich ganz Gott und seiner Liebe überlassen konnte als er gesagt hat Vater in diene Hände befehle ich meinen Geist

 Gott, leibe Gemeinde, ist den Menschen, die Leiden ganz nah. Und Gott will, dass allen Menschen, die leiden geholfen wird. Und will uns alle, in diesem Leben und nach diesem Leben ins Leben führen.  

Hierauf können und dürfen wir uns verlassen.  

Und darauf lasst uns auch vertrauen, wenn wir Gott um Frieden und Versöhnung für diese Welt, um Frieden für die Menschen in Nahost, in Israel und im Gazastreifen, in der Ukraine und in Russland, aber auch hier bei uns in unsren Straßen und Häusern bitten.  

Gott möge ihnen und uns allen zum Frieden helfen und das Vertrauen in groß werden lassen, das mit Gottes Hilfe immer noch mehr und immer noch ganz anderes möglich ist, als wir Menschen ahnen und denken und machen können.

Amen

 

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Gruß zum 22. Sonntag nach Trinitatis am 05. November 2023
von Pastorin Glatthor

Versöhnlich leben

Wie fühlt es sich an, wenn nach einem Streit ein Wort der Versöhnung gesprochen wird? Wie fühlt es sich an, wenn aus Abneigung Zuneigung wird? Wenn aus Streit Versöhnung wird? Wie fühlt es sich an, wenn Liebe statt Abwehr gelebt wird?

Heute besuchte Petra nach langer Zeit mal wieder ihre Mutter. Wochen des Schweigens liegen hinter ihnen. Kein Telefonat, keine WhatsApp – Nachricht, erst recht keine gegenseitigen Besuche. Die Begrüßung an der Tür war kurz und kalt – zumindest von ihrer Seite aus. Ihre Mutter hatte – wie sie es schon erwartet hatte - Tränen in den Augen. Besonders beim Anblick der Enkeltochter, die sie auch schon eine lange Zeit nicht mehr gesehen hatte. Groß war sie geworden, natürlich hatte sie sich verändert – in dem Alter bemerkt man die Veränderungen gefühlt täglich. Es fiel Petra sichtlich schwer das Haus zu betreten. Die Erinnerungen an die Geschehnisse, an die Auseinandersetzung, die gesprochenen Worte, kamen auf. Vergessen hatte sie sie nicht. Oft hatte sie noch von diesem Streit geträumt. War die Worte wieder und wieder durchgegangen, die sie gesagt hatten. Ob sie wirklich so gemeint waren, wie sie ausgesprochen wurden, versuchte sie sich in ihren Selbstgesprächen immer wieder zu verneinen. Und vielleicht war es wirklich so. Vielleicht waren sie nicht in böser Absicht, nicht Durchdacht gesprochen. Wie eine Kraft spürte Petra diese Worte jetzt erneut. Wie eine Kraft, die sie wieder aus dem Haus zu ziehen versuchte. Die Erinnerung an das Gesagte schmerzte. Und doch war sie heute hierhergekommen. Vielleicht eher um ihrer Tochter Willen. Denn sie vermisste ihre Oma auch. Aber sie war hier. Also gingen sie ins Haus hinein. Den Duft von frischem Kaffee und ihrem Lieblingskuchen konnte Petra aus dem Wohnzimmer schon vernehmen, vermutlich hatte ihre Mutter dafür extra den ganzen Morgen in der Küche gestanden.

Auch um uns herum tauchen diese oder ähnliche Erzählungen auf. Ich brauche nur am Morgen das Radio einzuschalten – schon werde ich überflutet mit Berichten vom Krieg, von Hass, von Auseinandersetzungen, die scheinbar unüberwindbar sind. Wo Türen zugeschlagen werden, statt sie zu öffnen. Wo andere auf ihre Fehler festgelegt werden und das Gute übersehen wird. Wo nur bei sich geblieben wird, statt sich im Gegenüber zu suchen.

Während Petra noch so da stand und den Duft von Kaffee und ihrem Lieblingskuchen einatmete, dachte sie eine Geschichte, die sie vor kurzem gelesen hatte:  Sie handelte von einem König, der die ähnlichen Fragen hatte, wie sie heute.

„Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig. Da er's nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und zu zahlen. Da fiel der Knecht nieder und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's alles bezahlen. Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch. Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du schuldig bist! Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's bezahlen. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war. Als nun seine Mitknechte das sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor, was sich begeben hatte. Da befahl ihn sein Herr zu sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er schuldig war. So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.“ (Mt 18,21-35)

Wie fühlt es sich an, wenn nach einem Streit ein Wort der Versöhnung gesprochen wird? Wie fühlt es sich an, wenn aus Abneigung Zuneigung wird? Wenn aus Streit Versöhnung wird? Wie fühlt es sich an, wenn Liebe statt Abwehr gelebt wird?

Vergeben. Türen öffnen, statt sie zuzuschlagen. Nachgeben. Neue Wege gehen. Sich neu verschenken. Das Gute sehen, statt andere auf ihre Fehler festzulegen. Aus Gottes Liebe heraus sehen lernen. Vielleicht für einen Moment die Perspektive wechseln? Mich aus einem anderen Blickwinkel sehen? Die anderen für einen Augenblick anders sehen?

Du kannst etwas tun, dass du nicht tun musst. Vielleicht kannst du vergeben. Gott liebt dich, so wie du bist. Mit deinen Fehlern. Und Gott vergibt dir immer wieder, wenn du ihn darum bittest. Deswegen kannst du noch lange nicht immer alles an jeden anderen verschenken. Musst du auch nicht. Aber vielleicht doch so manches Mal?

Diese Gedanken legten sich über Petras Erinnerungen an die gesagten Worte. So setzte sie sich mit ihrer Tochter an den gedeckten Tisch im Wohnzimmer. Hörte ihrer Mutter zu, wie sie von den vergangenen Wochen erzählte, was sie erlebt hatte und wie es ihr erging. Trank ein Schluck Kaffee und probierte den selbstgebackenen Kuchen ihrer Mutter. Vergessen konnte sie die Worte nicht, die sie und ihre Mutter sich ein paar Wochen zuvor noch gesagt hatten, aber vielleicht würde sie ihre Mutter in der folgenden Woche erneut besuchen. Vielleicht eher um ihrer eigenen Tochter Willen, denn sie vermisste ihre Oma auch. Doch sie würde kommen.

Amen.

Ihre und Eure Pastorin Yasmin Glatthor

 

 

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Gruß zum 21. Sonntag nach Trinitatis am 29. Oktober 2023
von Pastorin Karopka

Liebe Gemeinde,

oft war ich mit meiner Schwester bei meinen Großeltern. In den Schulferien sogar fast jeden Tag. Sie wohnten in der gleichen Stadt wie wir, so dass der Weg dorthin kein Problem war. Meine Großmutter war Hausfrau, kochte jeden Tag ein frisches Mittagessen. Wir als Kinder fanden das viel leckerer als die Großküchenspeisung – und so saßen wir mittags dort mit am Tisch. Und wenn Ferien waren, gab es natürlich auch Nachtisch. Besonders begehrt war ihre Quarkspeise – cremig und lecker.

Meine Schwester und ich achteten ganz genau darauf, dass niemand von uns beiden auch nur einen Löffel mehr bekam als die andere. Und da ja nun auch Löffel mit sehr unterschiedlichen Mengen befüllt werden können, hatten wir schnell eine bessere Idee, den Nachtisch ganz gerecht zu teilen – mit dem Abwiegen auf der Küchenwaage. Sie war nicht so modern wie die heutigen, sondern man musste noch mit Gewichten die Menge austarieren. Neben dem Gefühl, nun wirklich nicht mehr um einige Gramm Quarkspeise betrogen worden zu sein, hatten wir auch unseren Spaß mit der Waage.

Nicht alles lässt sich so einfach teilen wie Nachtisch. Nicht alles lässt sich abzählen oder ausmessen. Und selbst wenn dies gegeben ist, kommen noch viele weitere Aspekte und Interessen hinzu.

Wie wir gerecht teilen können, ist eine Frage für gute Lebensqualität. Und diese Frage ist uralt. Schon immer hat sie Menschen beschäftigt, wie wir heute in unserer biblischen Geschichte von Abraham und Lot feststellen können.

Aufgeschrieben ist sie im 1. Buch Mose im 13. Kapitel:                           

Abram kehrte in den Süden des Landes Kanaan zurück und mit ihm seine Frau und sein Neffe Lot. Ihren ganzen Besitz führten sie mit sich. Abram war sehr reich. Er besaß viele Viehherden, dazu Silber und Gold. Sie blieben aber nicht im Süden, sondern zogen in Tagesmärschen nach Bethel – zu jener Stelle, wo sie ihr Zelt zuerst aufgeschlagen hatten, zwischen Bethel und Ai. Bei dem Altar, den Abram damals aus Steinen erbaut hatte, betete er nun zum HERRN. Auch Abrams Neffe Lot, der sich ihm angeschlossen hatte, war zu einem reichen Mann geworden: Er besaß Schafe, Ziegen und Rinder und eine große Anzahl von Zelten für sein Gefolge. Darum gab es nicht genug Weideplätze für alle Viehherden. Sie konnten unmöglich zusammenbleiben,  zumal die Kanaaniter und die Perisiter noch im Land wohnten. Immer wieder gerieten Abrams und Lots Hirten aneinander. Abram besprach das mit Lot: »Es soll kein böses Blut zwischen unseren Hirten geben! Wir sind doch Verwandte und sollten uns nicht streiten! Es ist besser, wenn wir uns trennen. Das Land ist groß genug. Entscheide du, wo du dich niederlassen möchtest! Wenn du das Land auf der linken Seite wählst, gehe ich nach rechts. Wenn du lieber nach rechts ziehst, gehe ich nach links.« Lot betrachtete das Land genau und sah die fruchtbare Jordan-Ebene – überall reich bewässert, bis nach Zoar hin. Später veränderte sich die Landschaft, nachdem der HERR Sodom und Gomorra vernichtet hatte. Jetzt aber sah die Jordan-Ebene aus wie der Garten Eden oder das Nildelta in Ägypten. Darum wählte Lot diese Gegend. Er verabschiedete sich von Abram und machte sich auf den Weg nach Osten. Abram blieb im Land Kanaan, während Lot sich bei den Städten in der Jordan-Ebene aufhielt und mit seinen Zelten umherzog, bis er an die Stadt Sodom herankam. Die Menschen in dieser Stadt waren voller Bosheit und lebten in ständiger Auflehnung gegen den HERRN.

Wir werden mitten hinein geführt in die Welt. Zwei Personen konnten durch ihre Arbeit und natürlich auch durch gute Bedingungen zu einem materiellen Reichtum kommen. Aber sie spüren – schon damals -  dass Lebensraum und Ressourcen auf der Erde begrenzt sind. Es gab nicht genug Weideplätze für alle Viehherden. Sie konnten unmöglich zusammenbleiben, zumal die Kanaaniter und die Perisiter noch im Land wohnten. So wird uns in der Bibel die Ausgangssituation beschrieben. Neben Abraham und seinem Neffen Lot sind es also auch noch die Einheimischen, die berechtigter Weise Bedürfnisse haben und anmelden.

Wie schnell sich aus all dem Konkurrenzdenken und Machtkampf entwickeln, wird uns ebenfalls sehr konkret erzählt. Immer wieder gerieten Abrams und Lots Hirten aneinander. Immer wieder machte sich die Sorge um das Überleben der Herden und damit um das Wohl vieler Familien mit Ärger und Aggression breit.

Abram nimmt in einer solchen angeheizten, konfliktbeladenen Situation nun das Zepter in die Hand und liefert uns ein wunderbares Beispiel von gelungenem Konfliktmanagement. Zum einen ist es seine Sorge, der Streit könnte eskalieren und zu Blutvergießen führen. Zum anderen ist es das Wissen um die verwandtschaftlichen Beziehungen und der Wunsch, sich deshalb nicht zu streiten.

Noch ehe es also zur Überlegung kommt, wie es weiter gehen kann, signalisiert Abram: Ich bin bereit für eine gute Lösung. Als Älterer könnte er sie vorschreiben, aber er behandelt seinen Neffen als Gleichberechtigten.

Ob wirklich verhandelt wurde, wissen wir nicht – denn es kommt sofort ein Vorschlag zur Lösung des Problems: Es ist besser, wenn wir uns trennen. Das Land ist groß genug. Und es kommt nicht nur sofort dieser Vorschlag, sondern das mit weitem Herzen gesprochene: Entscheide du, wo du dich niederlassen möchtest!  

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, dass der ältere dem jüngeren der nächsten Generation das Wahlrecht überlässt! Der, der anordnen könnte, lässt den anderen entscheiden! Stellen Sie sich vor, Ihr Angestellter darf wählen, ob er zum Weihnachtsfest oder zu Silvester Dienstbereitschaft übernehmen möchte. Ihr Sohn oder ihre Tochter darf wählen, welches der beiden Autos, die auf ihrem Hof stehen, sie fahren wollen. Ihre Nachbarin darf wählen, ob sie das letzte Stück ihrer Geburtstagstorte oder das etwas trockene Randstück vom Sandkuchen essen möchte.

Seien wir ehrlich, natürlich gibt es auch Gründe, für die Fahrt einen alten Trabanten und nicht den Mercedes zu wählen, aber meistens wissen wir ganz genau, was die bessere Wahl ist – und sagen unser Bedürfnis auch ganz offen. Lot ist uns da ganz ähnlich. Er betrachtete das Land genau und sah die fruchtbare Jordan-Ebene – überall reich bewässert, bis nach Zoar hin. So entschied er sich für dieses Gebiet – für die Jordanebene, die inmitten der Kargheit des Landes wie ein Paradies wirkte. Wie es sich mit den Städten Sodom und Gomorra weiter entwickeln würde, dass wussten zu diesem Zeitpunkt sicherlich beide noch nicht.   

Lot verabschiedete sich danach von Abram und machte sich auf den Weg nach Osten. Abram blieb im Land Kanaan. Eine gütige Einigung.

Die Geschichte ist längst vorbei – und doch bringt sie bis heute verschiedene Klänge in mir zum Schwingen:

Da ist zum ersten das Wissen, dass auch Trennung ein Weg zur Einigkeit sein kann. Das erspart uns nicht das Ringen um gemeinsame Lösungen bei verschiedensten Ansichten, um das Suchen nach Kompromissen in einer Beziehung – aber es ist eine Möglichkeit zum Abwenden von Konflikten, deren Fortgang dann nicht mehr zu stoppen ist.     

Eine zweite Saite kommt in mir zum Schwingen, wenn ich lese, dass Abram mit Gott im Gespräch war: Bei dem Altar, den er in früheren Zeiten an einer Stätte zwischen Bethel und Ai gebaut hatte, betete er nun zum HERRN. So haben wir es in unserer biblischen Geschichte gehört. Abram dankt für allen Reichtum und bekommt von Gott eine Haltung geschenkt, mit der er alles, was kommt in dieser Dankbarkeit und im Vertrauen auf Gottes Wirken annehmen kann, so auch das Ergebnis des Landteilens. Vielleicht kann er sich sogar darüber freuen, dass er seinem Neffen mit dem wunderbaren Land Zukunft schenken kann. Lot dagegen lässt seine Augen über das Land schweifen und entscheidet sich bewusst und aktiv – ganz nach menschlichen Maßstäben  - natürlich für die weite Oase.

Die dritte Saite, die in mir zum Schwingen kommt, ist das Wissen, dass alles in Gottes großen Plan eingefügt ist. Diese Episode aus dem Leben von Abram und seinem Neffen Lot ist ein kleines Puzzleteil im großen Bild, das von Verheißung und Nachkommenschaft erzählt und in dem wir schon den Schriftzug erkennen: Ihr sollt mein Volk sein und ich will euer Gott sein.

Als Lot weiter gezogen ist, bleibt Abram im Land Kanaan. Und erneut wiederholt Gott seine Verheißung: All das Land, das du siehst, will ich dir geben. Wie Staub auf Erden sollen deine Nachkommen sein. Aus dieser Nachkommenschaft erwächst auch unsere Geschichte als Christen.   

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. So klingt heute unser Wochenspruch aus dem Brief des Paulus an die Römer. Im Evangelium nach Matthäus haben wir gehört, wie Jesus das konkretisiert und noch weiter zuspitzt: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.

Angesichts der furchtbaren Bilder von Leid und Zerstörung, die uns gegenwärtig aus dem Gazastreifen erreichen, möchte ich nicht verschweigen, dass mich Hilflosigkeit befällt beim Klang dieser Worte. Aber ich stimme den Worten von Margot Käßmann zu, die sie in einem Interview mit Timo Teggatz sagte: „Hass zerstört die Seelen der Menschen, die Menschlichkeit.“ Und wir alle wissen, dass die Spirale der Gewalt sich ins Endlose dreht. 

Abrams Land war überschaubar. Seine Entscheidung betraf nur ihn, seine Familie und seine Nomadensippe. Ein kleiner Kontext im Vergleich zu den Ereignissen der heutigen Weltgeschichte. Und doch ist diese kleine, seine Geschichte der Samen, aus dem auch die Hoffnung und die Mitarbeit zum großen Frieden wachsen kann.

 

Eure und Ihre Pastorin Mechthild Karopka

 

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Gruß zum 20. Sonntag nach Trinitatis am 22. Oktober 2023
von Pastorin Ute Parra

„Es ist kompliziert“, erklärt die junge Frau ihrem Partner als sie nach 5 Jahren gemeinsamer Zeit den Entschluss fasst, sich zu trennen. Sie hat immer gedacht, dass sie beide füreinander bestimmt sind. Aber in letzter Zeit streiten sie oft. Er wünscht sich so sehr ein Kind – jetzt, nicht erst dann, wenn sie mit Studium und Promotion fertig ist und die Praxis ihres Vaters übernommen hat. Sie aber denkt dabei immer an ihre Mutter, die damals für sie und ihren Bruder das Studium aufgegeben. Bis heute bereut ihre Mutter das und ist so stolz auf sie, die ihren Bachelor mit Auszeichnung bestanden hat. Ihre Mutter würde das nie verstehen, denkt die junge Frau.

„Es ist kompliziert.“ Erinnern Sie sich daran, wie jemand das einmal zu Ihnen gesagt hat? Was war das für eine Situation? Vielleicht haben Sie diesen Menschen zur Rede gestellt, wieso er oder sie Sie verletzt, belogen oder anderweitig enttäuscht hat? „Was soll daran kompliziert sein“, haben Sie vielleicht gedacht. „Wenn ich Dir wirklich etwas bedeuten würde, wäre doch alles ganz einfach!“  

Der Prophet Micha bringt den Menschen Gottes Enttäuschung zu Gehör: Ihr Gott hat sie immer wieder errettet, beschützt, den Bund mit ihnen gehalten. Sie aber haben sich abgewandt und fremden Göttern gedient. Angstvoll fragen die Wankelmütigen, durch welches Opfer sie Gottes Strafe entgehen können, sind zu zum Äußersten bereit. Die Antwort: "Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott."

Nichts als das? Wenn das doch so einfach wäre! Vielleicht haben Sie den Satz auch schon einmal gesagt: „Es ist kompliziert!“ Beziehungen sind kompliziert. Immer jedenfalls sind sie vielschichtig. Das gilt besonders, wenn zwei Menschen sich einen lebenslangen Bund versprechen. In wohl jeder Ehe gibt es Missverständnisse, Enttäuschungen, Ärger und Unverständnis. Alle, die sich auf Beziehungen einlassen, können nachvollziehen, wie schwer das manchmal ist. Darum eignet sich das Thema hervorragend für einen Disput über ethische Fragen.

Das wissen auch die Pharisäer, die Jesus im Evangelium dieses Sonntags (Mk 10,2-16) aufs Glatteis führen wollen. Sie fragen Jesus, ob es einem Mann erlaubt sei, sich von seiner Frau zu scheiden. Männer hatten – mit Bezug auf eine Stelle im 5. Buch Mose - die Erlaubnis, ihren Frauen einen „Scheidebrief“ zu schreiben, wenn sie mit ihnen unzufrieden waren. Dadurch waren die Frauen aus der Ehe entlassen und beide konnten neu heiraten. (Frauen hatten diese Möglichkeit übrigens nicht.) Andererseits gab es die Worte aus der Schöpfungsgeschichte: Gott schuf die Menschen als Mann und Frau. „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein.“  (1. Mose 2,24)

Jesus scheint in einer Zwickmühle zu stecken. Er aber zieht sich elegant aus der Affäre und fragt zurück: „Was hat euch Mose geboten?“ Als die Pharisäer nun mit dem Scheidebrief kommen, kann Jesus kontern: Das hat Mose nur wegen der Herzenshärte der Menschen erlaubt, weil es eben kompliziert ist in dieser Welt mit der Liebe. Von Anfang an hat Gott Partnerschaft anders gedacht und gemacht: Zwei Menschen – Ein Fleisch.

Gott hat den Menschen etwas geschenkt, das ihren Horizont übersteigt. Sie können eins werden, obwohl sie doch weiterhin zwei sind. Wenn zwei sich miteinander unter den Segen Gottes stellen, dann tun sie das in dem Vertrauen darauf, dass bei Gott möglich ist, was für Menschen unmöglich wäre.

 „Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ So schließt Jesus den Disput. Diese Aussage ist so grundsätzlich, dass klar wird: Weder Mann noch Frau können das rückgängig machen, was Gott ihnen zugesprochen hat. So grundsätzlich auch, dass sie meiner Überzeugung nach nicht nur für die Ehe zwischen Frau und Mann gilt, sondern immer, wenn Beziehungen unter den Segen Gottes gestellt werden.

Dann sollte es doch ganz einfach sein: Gott schenkt Liebe – stärker als alles, was an Kompliziertem in dieser Welt ist. Stärker sogar als der Tod (Hld 8,6). Warum verschwindet die Liebe trotzdem allzu oft einfach zwischen den Komplikationen des Alltags? Und wenn das passiert: sollen Menschen dann gezwungen sein, für immer miteinander Rosenkrieg zu führen, einander zu enttäuschen und sich zu verletzen oder dürfen sie getrennte Wege gehen?

Ich denke: Manchmal geht es nicht anders, und dann ist es möglich, neu anzufangen. Das sagt Jesus hier nicht, aber das zeigt er, indem er sich gerade den Menschen zuwendet, die an der Kompliziertheit des Lebens gescheitert sind.

Soweit diese eine Geschichte. Doch das Evangelium für diesen Sonntag, der Predigttext, endet hier noch nicht. Es geht mit einer zweiten, ganz anderen Geschichte weiter. Wir hören sie immer, wenn ein Kind getauft wird: Die Geschichte von den Kindern, die mit ihren Eltern nicht zu Jesus durchgelassen wurden. Jesus bekommt mit, wie seine Jünger die Familien wegschicken und stellt klar: Kinder dürfen jederzeit zu ihm kommen. Sie sind ihm wichtig - wichtiger als die komplizierten Erwachsenendinge, die er gerade mit seinen Jüngern bespricht.

Solchen gehört der Reich Gottes, sagt er, solchen, die sind wie die Kinder. Aber wie sind die Kinder denn? Unschuldig? Auch Kinder übertreten Regeln, das wissen Eltern nur zu gut. Eins sind Kinder in der Regel jedoch nicht: Kompliziert. Sie sind gerade heraus, direkt. Sie vertrauen sich denen an, die für sie sorgen – ganz und gar.

Das Reich Gottes annehmen wie ein Kind: sich beschenken lassen – mit dem, was unseren Horizont übersteigt - Im Vertrauen darauf, dass es gut ist und guttut. Im Vertrauen darauf, dass mehr gelingen kann als wir uns selbst zutrauen - das könnte die Demut sein, von der der Prophet Micha spricht: Gottes Wort halten, liebe üben und demütig sein vorunserem Gott…

Aber wie kann das funktionieren mit dieser Demut? Mit diesem Sich-Gott-Anvertrauen? Wir können mit Gott über alles sprechen, was uns bewegt, wie ein Kind seinen Eltern alles sagt. Wir dürfen darauf vertrauen: Gott liebt mich so, wie ich bin. Alle Kompliziertheit der Welt kann diese Liebe nicht auslöschen. Und wir werden dann anfangen, selbst Liebe zu tun. Weil Liebe stärker ist, ansteckend wie Feuerflammen. Gott lieben mit ganzem Herzen, ganzer Seele und aller Kraft (Dtn 6,5), das bedeutet automatisch, Gottes Gebote zu halten und Liebe zu üben.

Die Welt hört darum nicht auf, kompliziert zu sein. Wir sind keine Kinder, sondern erwachsen und stehen in der Verantwortung, Lösungen zu finden, die in dieser komplizierten Welt funktionieren.
„Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.“ – so endet die Geschichte über die Kinder und Jesus. Ein Fall für die Präventionsbeauftragten? Nein, denn Eltern und Kinder hatten um Berührung und Segen gebeten. Unkompliziert und doch verantwortungsvoll – das geht.

Für vieles findet sich doch eine Lösung, wenn man einander sagt, was man fühlt und gemeinsam darüber nachdenkt, was man sich wünscht. Vielleicht sogar für das junge Paar zwischen Kinderwunsch und Karriereplänen? Demut kommt von Mut: Mut, Gott zu dienen. Das heißt auch: Mut zum kindlichen Vertrauen auf Gott und aufeinander. Mut, die Liebe Gottes anzunehmen und ihr Raum in unserem Leben zu geben. Zu „nichts als Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor unserem Gott“.

Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

 

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Gruß zum 19. Sonntag nach Trinitatis am 15. Oktober 2023
von Pastorin Parra

Liebe Gemeinde,

heil sein, an Leib und Seele rundherum gesund, wer wünscht sich das nicht, sehnt sich danach ein Leben lang. Heute vielleicht mehr denn je arbeiten die Menschen an diesem Ziel: Selbstoptimierung nennt man das auch:

Gleichzeitig beruflich erfolgreich und in einer ausgewogenen „work-life-balance“; gleichzeitig immer in Bewegung und die Ruhe selbst; gleichzeitig auf alles Ungesunde verzichtend und das Leben mit jedem Atemzug genießend.

Während die einen dabei in immer höhere Sphären aufsteigen, gehen andere körperlich aus dem Leim, verlieren den seelischen Halt.

Manchmal kommt es mir vor, als wären das nur zwei Seiten der gleichen Medaille, als läge direkt unter der optimierten Oberfläche auch die Angst, sich selbst zu verlieren. Kein Wunder in einer Welt, in der uns jeden Tag neue Schreckensmeldungen erreichen. Immer kommt noch neues Unheil dazu: Klimakatastrophe, Ukrainekrieg, ertrinkende Flüchtlinge im Mittelmeer, von Erdbeben verwüstete Landstriche und nun auch noch der Krieg im Nahen Osten. Das alles kann einen zu Recht in Angst und Schrecken versetzen. Es scheint, als sei nichts mehr so, wie es sein soll.

Wie kann man in einer Welt, die so kaputt und voll Unheil ist selbst heil und ganz bleiben?

Der Prophet Jeremia beschreibt einen Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hinstreckt. Auch wenn die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün; und er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte. Wer möchte nicht gerne so sein: Fest verwurzelt, sicher versorgt, das blühende Leben? (Jer 17,8ff)

Jeremia verrät, wie das geht. Nein, keine Sorge, er hat keine neuen Tipps zur Selbstoptimierung.

Sich selbst zu optimieren, funktioniert deshalb nicht, weil wir eigentlich schon optimal sind. „Sehr gut“ – Dies Prädikat erhält Welt und erhalten auch wir Menschen zu Beginn. Und Gott segnet die Lebewesen auf dieser Welt. Er spricht es ihnen zu: „Du bist gut und richtig!“ Dies Urteil nimmt Gott nicht zurück. Wir bleiben seine gesegneten Geschöpfe.

Aber oft fühlen wir uns nicht so, fühlen uns vielmehr ganz verkehrt – in unserem eigenen Körper und Geist, in dieser Welt. Und das Gefühl ist berechtigt: Hass, Gewalt, Zerstörung - all das, was Menschen einander und auch sich selbst antun, das ist real. Die Welt ist krank.

Dagegen scheint nichts zu helfen: Kein blinder Aktionismus und keine Resignation, kein Schönreden und keine Verzweiflung. Wie also herauskommen aus der Lähmung durch Ohnmacht und Angst? Jeremia weiß: „Gesegnet ist der Mensch, der sich auf den HERRN verlässt und dessen Zuversicht der HERR ist.“  (Jer 17,7)

Der Prophet betet zu Gott: „Heile mich Herr, so werde ich heil, hilf mir, so ist mir geholfen.“ (Jer 7,14)

Im 13. Jahrhundert schrieb die christliche Mystikerin Mechthild von Magdeburg: „Das Gebet hat große Kraft. Es macht ein bitteres Herz süß, ein trauriges Herz froh, ein armes Herz reich, ein törichtes Herz weise. Das Gebet hat große Kraft, es macht ein ängstliches Herz kühn, ein krankes Herz stark, ein blindes Herz sehend und eine kalte Seele brennend. Es zieht den großen Gott in ein kleines Herz. Es treibt die hungrige Seele hinaus zu dem Gott der Fülle.“

Es ist, als ob die Grenzen des Selbst durchlässig werden.

Beten befreit aus der Vereinzelung. Mauern der Angst können fallen, wenn klar ist: Gott ist da, mitten in dieser kranken Welt, und hält sie mit aus. Ist mitten in mir und hält meine Krankheit und mein Versagen, meine Ohnmacht und meine Zweifel aus.

Beten befreit von dem Wahn, sich selbst und die Welt aus eigener Kraft heilen zu müssen und lehrt darum, sich Hilfe zu suchen – Bei Gott und auch bei Mitmenschen. Im Jakobusbrief heißt es:

„Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten;“ (Jak 5,14)

Die evangelische Kirche entdeckt das Ritual der Krankensalbung wieder, denn in ihm lässt sich ganz konkret erleben, dass der Heilwerden viele Dimensionen hat:

·         Das Öl macht die brüchige Haut geschmeidig und zieht durch sie ein. Sein Duft entspannt den stockenden Atem und lässt ihn fließen - ein und aus.

·         Die behutsame Berührung lässt die Seele spüren: Jemand ist mir nah und sorgt für mich.

·         Die Worte öffnen den Raum für die Gegenwart Gottes und dafür, dass Heilwerden mehr ist als Gesundheit an Körper und Seele.

Naja, eigentlich lassen sich diese Dinge in der Praxis wohl gar nicht trennen. Heilwerden ist eben etwas Ganzheitliches. Leib und Seele, Menschliches und Göttliches stehen dabei in enger in Beziehung miteinander. Im Jakobusbrief lesen wir in einem Atemzug: „Bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet.“ (Jak 5,16) Auch im Evangelium des heutigen Sonntags vergibt Jesus dem Gelähmten zuerst seine Sünden bevor er sagt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“ (Mk 2,1-12)

In der Gemeinde des Jakobus sind es offenbar die Ältesten, die Kranke salben. Man könnte meinen, nur besonders verdienstvolle Menschen dürften diese Handlung durchführen. Vielleicht sogar sogenannte „Gerechte“? Dass das nicht so ist, sondern dass jeder und jede das tun kann, sieht man an einer Erzählung, in der Jesus von einer Frau zweifelhaften Rufs gesalbt wird (Lk 7,39).

Wir haben hier in Preetz ehrenamtliche Seelsorgerinnen ausgebildet, die zunächst Scheu davor hatten, selbst zu salben oder zu segnen, dann aber sehr dankbar für diese Möglichkeit waren, etwas zu tun, das über ihre eigenen Möglichkeiten hinausweist.

Weder uns noch die Welt können wir aus eigener Kraft optimieren. Wir können einander aber in Gottes Namen zusprechen: „Du bist gut und richtig – So bist Du gedacht und gemacht und so sollst und wirst Du sein.“ Wir können es mit Salböl und Segensworten tun, aber auch dadurch, dass wir nicht aufhören, an das Gute in jedem Menschen zu glauben und dafür zu beten, dass Gott es zum Vorschein und zur Vollendung bringt.

Wie schwer ist das angesichts der Nachrichten, die uns täglich erreichen! Unser bitteres, trauriges, armes, krankes Herz kann es nicht, wenn wir hören, was Menschen einander antun. Frieden und Heilwerden scheinen dann ein für alle Mal unmöglich geworden zu sein. Um Hoffnung für diese Welt zu behalten, braucht es – zumindest auf die eine oder andere Weise, davon bin ich überzeugt – das Beten. Es braucht den Moment, in dem wir durchlässig werden, der große Gott in unser kleines Herz kommt und die hungrige Seele hinaus darf zu dem Gott der Fülle.

Eure und Ihre Pastorin Ute Parra

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Gruß zum 18. Sonntag nach Trinitatis am 8. Oktober 2023
von Pastor Lars Kroglowski

zu 2. Mose 20,1-17 am 8. Oktober 2023
„Die zehn Gebote“

 

Liebe Gemeinde,

Kennen Sie eigentlich die zehn Gebote auswendig? Bei mir im Konfirmandenunterricht müssen die noch auswendig gelernt werden – auch noch in der richtigen Reihenfolge. Die Konfirmanden halten nichts davon – ich halte das für wichtig, selbst die Reihenfolge!

Die Zehn Gebote beginnen mit „Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“ Nachdem sich der Staub der Flucht aus Ägypten gelegt hatte und das Volk Israel am Berg Sinai lagerte, stellte Gott sich als der Befreiergott vor. Ich habe dich befreit – alles weitere in dem Text, alle Gebote sind Ausführungsbestimmungen dieser Erkenntnis und des Bundes zwischen Gott und den Menschen. 

Die Zehn Gebote sind eine schriftliche Bestätigung des Bundes – oder etwas moderner gesprochen: des Vertrags Gottes mit den Menschen. Und das ist kein Vertrag auf Augenhöhe! Gott stellt sich in den Zehn Geboten selbst vor – „Ich bin der Herr, dein Gott“ –, ich kenne dich, ich habe dich in mein Herz geschlossen und lasse dich nicht mehr los – „der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe“ – ich ermögliche dir ein Leben in Freiheit – „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ – wenn du dich jetzt selbst wieder versklavst, indem du dein Herz an Mumpitz hängst, habe ich dich umsonst befreit – „du sollst dir kein Bildnis machen“ – ich entscheide selbst, wann ich mich wem in welcher Form offenbare, versuch bitte gar nicht erst, das an einem Ort oder sogar an etwas Anfassbarem festzumachen, das klappt nicht – „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst“ – Du bist keine Maschine, du hast ein Recht auf einen Ruhetag, du musst am Sonntag nicht arbeiten, niemand zwingt dich dazu, höchstens du dich selbst. Alles klare Ansagen, die deutlich machen, was das heißt: ein Befreiergott.

Dann folgen die anderen Gebote, die den Rahmen setzen für all diejenigen, die die Gebote nicht nur hinnehmen und als sinnvoll akzeptieren, sondern verstehen. Es ist keine zufällige Sammlung, sondern eine Auslegung des ersten Gebots: Wenn Gott mein Herr ist, dann … Punkt Punkt Punkt. Jemand hat die Zehn Gebote mal mit einem Tafelberg verglichen: steile, unerklimmbare Wände aus der Perspektive von unten, aber obendrauf ein Plateau voller Freiheit. Bedingungslose und unbegrenzte Freiheit ist eine Illusion, denn da wären wir ganz schnell bei Janis Joplin und „Freedom is just another word for nothing else to lose“ – Freiheit ist bloß ein anderer Ausdruck für „nichts mehr zu verlieren“.

Ein Leben in Freiheit ist immer an Bedingungen und Rahmen geknüpft. Und das ist kein Selbstwiderspruch, denn wir Menschen brauchen andere Menschen, um zu überleben. So hängen auch die folgenden Gebote alle am ersten Gebot, dem „Ich bin der Herr, dein Gott“, der dich befreit hat: Gott will nicht allein im Kult, im Gottesdienst repräsentiert, sondern in allen Lebensbereichen geheiligt werden. Das mutet er den Menschen zu. Und er traut ihnen etwas zu, denn die Gebote der zweiten Tafel, die so harmlos unbiblisch und universell daherkommen, warnen nicht etwa vor Fehlverhalten und halten unwillige Menschen im Zaum, sondern stellen klar: Wenn du verstanden hast, dass Gott der Herr ist, dann gibt es das nicht, dass du deine alten Eltern nicht ehrst, tötest, auf Kosten anderer redest, stiehlst und so weiter. Das kommt dann nicht vor. Gott stellt keine Maximalforderungen auf, an die man sich mit letzter Kraft so gut es eben geht halten soll – er buchstabiert durch, was es heißt, anzuerkennen, dass er allein Gott ist. Und das ist kein Selbstzweck, sondern der Weg zu einem nicht vorgegebenen Leben unter vorgegebenen Bedingungen: Es bekommt uns gut, wenn wir Gottes Gebote halten und vielleicht auch auswendig können.

Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski  

 

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Gruß zum 17. Sonntag nach Trinitatis am 01. Oktober 2023
von Propst Faehling

 

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.  

Zwei Dinge müssen uns interessieren, meine ich, wenn wir diesen Text fruchtbringend verstehen und für unser Leben anwenden wollen.

Zum einen:
Was sind in Jesu Sinn eigentlich Schätze?
Und des weiteren:
Was ist reich sein bei Gott?

Aber bevor ich dazu etwas sage, will ich ein grundlegendes Missverständnis dieses Textes aufgreifen. Ich weiß, dass viele, gerade auch Landwirte, diesen Text immer wieder kritisch hören; so als stünde da, es ist vor Gott nicht gut, wenn man erfolgreich ist und große Scheunen baut. Als sei das ein Text, der Bescheidenheit predigt und den Erfolgreichen das Wachsen verbieten will.
Das ist nicht der Fall. Darum geht es nicht. Es geht um etwas anderes. Und um dieses Andere einzuleiten, möchte ich gerne eine humorvolle und zugleich nachdenkenswerte Geschichte erzählen. Man könnte auch sagen, es sei ein Kirchenwitz.
Und der geht so:

Ein armer Bauer bekommt vom Staat ein Stück Brachland geschenkt. Und nun arbeitet dieser Bauer im Schweiße seines Angesichts an dem kargen Stück Land. Er jätet Unkraut, pflügt und streut Mist. Und schließlich, nach einigen Jahren schlimmer Schufterei ist er dabei, die erste Ernte einzubringen, als just in diesem Moment der Pfarrer des Ortes an dem Acker vorbeikommt. Der Pfarrer bleibt stehen, schaut dem Bauer einen Augenblick interessiert zu und ruft zu ihm hinüber: "Karl, du weißt aber doch, dass du diese Ernte dem Herrgott zu verdanken hast?" Der Bauer unterbricht seine Arbeit, überlegt einen Augenblick und ruft zurück: "Jawohl, Herr Pfarrer, das weiß ich wohl, aber sie hätten vor Jahren einmal das Unkraut sehen soll, als der Herrgott diesen Acker noch allein bewirtschaftet hat."

Der Bauer sagt dem Pfarrer durch die Blume ziemlich deutlich, was er von seinem Hinweis auf den lieben Herrgott hält.
Für mich bringt diese Geschichte im Verhältnis zum Predigttext ein Stück Balance ins Thema:
Es muss darum gehen, zu balancieren zwischen wirtschaftlicher Vernünftigkeit und Vertrauen auf Gottes Handeln, zu balancieren zwischen menschlichem Fleiß und geschenktem Erfolg, zu balancieren zwischen gesundem Selbstbewusstsein und dem Einsortieren in das große Schöpfungshandeln Gottes.

Aber zurück zu den beiden Einstiegsfragen:
Was sind in Jesu Sinn eigentlich Schätze?
Und:
Was ist reich sein bei Gott?

Zur Frage nach dem Schatz werden wir an anderer Stelle in der Bibel fündig, wo Jesus all das nicht Schatz nennt, was Motten und Rost zerfressen können.
Oder um es mit dem Bild von dem König zu beschreiben, dem die Fee half, alles zu Gold zu machen, was er anfasste; und alle verhungern mussten, nachdem er das letzte Brot in seinem Reich berührt hatte.
Schatz muss nach Jesu Maßstab etwas sein, was nicht materiell, nicht bezahlbar ist. Schatz ist etwas, was Leben ermöglicht. Und es scheint für Jesus auch nicht wichtig zu sein, dass man möglichst viel Schatz hat. Sondern entscheidend ist, dass es der richtige ist.
Damit einher geht die Frage nach dem reich sein. Auch reich sein ist nicht materiell zu verstehen, sondern wohl eher seelisch, ganz tief drinnen, schwer fassbar, kaum messbar.

Wer so reich ist, von dem kann man scheinbar sogar über Nacht die Seele fordern, ohne dass dieser Mensch ins Bodenlose stürzt. Anders gesagt: Sei es das schlimme Ereignis, sei es eine große Not, eine unerwartete Schwierigkeit oder gar der Tod: Menschen mit einer reichen Seele, stürzen nicht ins Leere. Wohl geraten auch sie in Not, aber sie verlieren in dieser Not nicht den Halt. Und scheinbar kann die Not nicht so groß werden, dass sie nicht dennoch irgendwie tief drin reich bleiben. Der Schatz solcher Menschen ist geprägt von einer besonderen Art von Unverlierbarkeit.

Dennoch, auch wenn dieser Schatz in der Seele so wichtig ist, selbst wenn dieses besondere reich sein so überlebensentscheidend ist: Was hat den der Bauer in der Geschichte falsch gemacht? Hätte er nicht erfolgreich sein dürfen? Hätte er keine größere Scheune bauen sollen? Hätte er mitten im Erfolg aufhören sollen?
Nein, das sagt Jesus nicht.
Was Jesus aber sagt, ist, dass der Bauer an der Stelle entgleist, wo er anfängt, mit seiner Seele so zu sprechen, wie er es tut.
Hören wir noch einmal, was er zu seiner Seele, sozusagen im stillen Dialog, sagt. Er sagt:

Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iß, trink, und habe guten Mut.

Jesus sagt: Wer so mit seiner Seele spricht, betrügt sich selbst im Kern des eigenen Lebens. Wer seiner Seele weismachen will, sie sei satt zu machen, aus dem Erfolg der reichen und überreichen Ernte, hat den Hunger seiner Seele nicht verstanden.
Und nicht Gott straft ihn für dieses verständnislose Handeln mit der eigenen Seele. Sondern die Seele muss verhungern, wo sie so behandelt wird.
Seelen leben, anders gesagt, nicht von großen Scheunen. Und man kann das Bild gerne weit ausmalen: Seelen leben auch nicht von großen Bankkonten, großen Autos, großen Firmen, großen Schlagzeilen, großen Mengen von Freunden. Seelen leben überhaupt nie aus der Menge, sondern immer aus der Qualität der Zuwendung. Und das zieht sich so durch alle Lebenslagen durch.
Schon Kinder leben nicht aus der Menge der Geschenke, sondern aus der Qualität des kleinen Moments an Zuwendung. Und so auch Ehen; sie leben nicht aus den schönen Häusern, in denen sie geführt werden, sondern aus der Lebendigkeit der Liebe, die sich in ganz kleinen Gesten zeigen kann. Und so auch die Menschen in allen anderen Belangen ihres Lebens. Nie macht die Menge die echte Zufriedenheit, das Glück, sondern immer die Qualität des einzelnen Moments des Lebens.
Ganz banal kann man das im Moment z.B. an zwei wirtschaftlichen Faktoren ablesen:
Zum einen, wie die Blase der Geldgeschäfte, als sie weltweit platzte, mit einem Mal den ganzen Abgrund öffnete eines Geschäftes, dem kein echter Wert gegenüber stand. Da platzte, wie alle wissen, nicht nur die benannte Blase, sondern mit ihr gingen auch viele ehrliche kleine Betriebe und einzelne Menschenschicksale den Bach runter.
Und das zweite Beispiel sind Getreide und sonstige Marktpreise, die sich immer gegenläufig zur produzierten Menge entwickeln: Alles, von dem es viel gibt, wird dadurch billig bis fast zur Wertlosigkeit.

Jesus will in seinem Gleichnis deutlich machen, wie teuer, wie wertvoll aber unsere Seele ist. Man kann sie nicht mit Ernteerfolgen satt machen und beruhigen, selbst wenn eine gute Ernte ein sehr schöner Erfolg ist und bleibt. Die Seele braucht mehr. Sie braucht Liebe, Grundvertrauen, innere Sicherheit, einen Anlaufpunkt auf der Welt und einen Anlaufpunkt bei Gott. Die Seele lebt und stillt ihren Hunger in kleinen, aber entscheidenden Dimensionen. Und sie wird dabei in einer Art und Weise überlebensfähig, die bis zum Himmel reichen kann.

Wer mir vertraut und meinem Vater glaubt, nennt Jesus die Nahrung der Seele an anderer Stelle. Für mich bedeutet das konkret die Einladung, dass wir uns einsortieren in Gottes Handeln mit uns und dieser Welt. Es bedeutet für mich, dass wir Gott mit einbeziehen in unsere Wege und Erfolge auf diesen Wegen. Es bedeutet, dass wir bitten und auch danken, und nicht nur Menschen, sondern auch Gott, der das Leben anders zusammenhält, als wir es je könnten. Ich meine nicht falsche Unterwürfigkeit, wie sie der Pfarrer fordert, als er den fleißigen Bauern ermahnt, Gott zu loben, ohne auf sich selbst stolz sein zu dürfen.
Ich meine das in Balance zwischen Selbstbewusstsein und Gottvertrauen. Gott mag auch unsere gerade Rücken und unsere Seelen, wenn wir uns an der eigenen Leistungsfähigkeit freuen können. Aber er will unbedingt verhindern, dass wir meinen, davon allein könne eine Seele satt werden. Das klappt nicht. Deshalb gibt es ja auch das sprichwörtliche Abstürzen der Erfolgsverwöhnten.
Gott will uns vor der Gefahr des Abstürzens bewahren. Jesus gibt uns deshalb diesen Tip: Achte vor allem immer auch auf den Reichtum deiner Seele. Sorge mit Hilfe von Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Verantwortlichkeit, dass Deine Seele genug hat, um nachts solche Fragen zu überstehen, wie die nach dem hergeben des Lebens.

Am Ende will Gott, dass wir den Weg bis zu seinem Himmel schaffen. Dafür muss man seine Seele gut pflegen, darf sie nicht hungern lassen oder falsch ernähren.
Fast möchte ich sagen: In diesem Sinne also von Gott gesegnete Mahlzeit der Seele.

Aber ich sage:
Amen.

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Gruß zum 15. Sonntag nach Trinitatis am 17. September 2023
von Pastorin Anke Pfeifer

Liebe Gemeinde,

sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Kleidung?

Seht die Vögel unter dem Himmel an. Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen und unser himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?

Liebe Gemeinde, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie diese Worte heute Nachmittag hören.

Mir tun sie tatsächlich gut. Ich fühle mich wohl, wenn ich sie höre.

Wann dürfen wir schon hören, dass wir, dass Du, Sie und ich kostbar sind. Ihr seid kostbar! –

Kostbarer sogar als die wunderbare Natur ringsherum; als die Vögel unter dem Himmel oder wie es später heißt die Lilien auf dem Feld, die gar nichts tun.

Sie arbeiten nicht, sie spinnen nicht. Und sie sind trotzdem   viel schöner gekleidet als Salomo in all seiner Herrlichkeit. Und unser himmlischer Vater ernährt sie doch.

Und Ihr seid sogar noch viel kostbarer als sie. Ihr seid von Gott gewollt und geschaffen; in diese Welt und in dieses Leben gerufen, wunderbar erschaffen mit euren Gaben und Fähigkeiten, jede und jeder mit seinem ganz eigenen Charakter und seiner und ihrer ganz eigenen Persönlichkeit. Jede und jeder anderen Menschen zwar ähnlich aber jede und jeder für sich genommen doch auch ganz anders und ein Unikat.

So, wie es in einem modernen Kirchenlied heißt:  Du bist gewollt kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur, Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu: Du bist du, das ist der Clou, ja der Clou .Ja du bist Du.

Und weiter heißt es: Vergiss es nie, niemand denkt und fühlt und handelt so wie du und niemand lächelt so, wie du´s gerade tust. Vergiss es nie niemand sieht den Himmel ganz genau wie du und niemand hat je, was du weißt gewusst.

Ja, Du bist wirklich kostbar. Wir, liebe Gemeinde, sind wirklich kostbar- jede und jeder von uns und alle für Gott, so wie wir sind gewollt und geschaffen und was noch viel besser ist: Genauso schon immer von Gott geliebt.

So, wie die Lilien auf dem Feld , die gar nichts tun müssen und einfach nur sein dürfen.

So wie die Vögel, die unter dem Himmel fliegen und mit ihrem Dasein und Sosein die Herzen erfreuen.

Wir sind für Gott kostbar. Sogar mit unseren Ecken und Kanten, mit unserer Unzulänglichkeit und unserer Begrenztheit unseren Fehlern und Macken. Mit allem, was mich an mir selber stört und was mir an anderen zu schaffen macht; in der Familie und unter Freunden, Zuhause, am Arbeitsplatz oder in der Schule. Und auch in der Gemeinde. Worüber wir uns tatsächlich auch viele Sorgen und Gedanken machen. Und das aus guten Gründen und auch zurecht.

Manchem von uns erscheint die Aufforderung Jesu, sich keine Sorgen zu machen, dann auch naiv. Und sogar ärgerlich, weil sie das Gefühl vermitteln könnte, dass er die persönlichen  und gesellschaftlichen Sorgen und Probleme nicht ernst nehmen würde oder sogar bei Seite schiebt.

Aber wir dürfen diese Worte nicht isoliert von den anderen Worten und Taten Jesu verstehen. Jesus hat sich ja   tatsächlich auch selber gesorgt. Um sich selbst, angesichts seines befürchteten nahen Endes .Und hat gesagt: Vater ist´s möglich, so lass diesen Kelch an mir vorüber gehen.  

Aber er hat sich vor allem um andere Menschen gesorgt und gekümmert.

Und hat nicht weg, sondern ganz genau hingesehen, wann und wo immer Menschen in Not waren. Und hat diese Menschen   -heute würden wir sagen ganzheitlich geheilt; sie körperlich, psychisch, seelisch aber auch geistlich wieder gesund gemacht und sie aus der Isolation herausgeführt und ihnen ein Leben in Gemeinschaft mit anderen Menschen ermöglicht.

Jesu ganzes Wesen und Wirken zeigt genauso die Liebe Gottes.

Zeigt, wie kostbar jede und jeder einzelne Mensch für Gott ist. Und dass Gott will, dass allen Menschen geholfen wird.  Damals und heute . Denjenigen Menschen, die in einer persönlichen Notlage sind und denjenigen, die unter den katastrophalen Folgen des weltweiten Klimawandels leiden; unter Dürre, Bränden und Fluten; fast hat man das Gefühl in vorher noch nie da gewesenem Ausmaß. Dazu Gewalt und Krieg wie jetzt in der Ukraine. Weil despotische Machthaber aus Macht – oder Geldgier über Leichen gehen, Menschen Gewalt antun und ganze Völker Ins Unglück stürzen. Seit Ende des 2.Weltkriegs, hat man den Eindruck, schien ein weltweiter Frieden nicht mehr so unsicher und schwer erreichbar zu sein, wie jetzt. In einer Zeit wo nazistische Despoten im Osten und auch im Westen anscheinend immer mehr Macht haben und an Einfluss gewinnen.

Wir haben also tatsächlich allen Grund uns zu sorgen. Und an Jesu Handeln und Wirken können wir erkennen: Gott sorgt sich auch. Und sorgt sich mit. Und nimmt auch die Sorgen ernst, die Menschen haben.

Aber unser Text heute soll uns daran erinnern, dass Leben immer noch mehr und immer noch anders ist, als alles, worüber wir uns vollkommen zurecht Sorgen und Gedanken machen. Dass Leben mehr und noch ganz anders ist als die bloße und nackte Existenz, als die Sorge um Nahrung und Kleidung, um Auskommen und Hab und Gut. So berechtigt und notwendig das alles ist.

Jesus wollte den Menschen damals und will uns heute mit seinen Worten eine andere Perspektive eröffnen.

Und uns bis heute an eine Kraft erinnern, die wirklich wahr und wirklich da und für uns da ist. Die außerhalb unserer selbst liegt. Auf die wir gerade deshalb hoffen und auf die wir vertrauen können. Auf unseren Gott, der wie ein gütiger Vater und eine liebevolle Mutter für uns sorgt. Der uns liebt und begleitet, bei dem immer noch mehr und ganz anderes möglich ist, als Menschen ahnen.

Der immer noch Wege und Möglichkeiten für uns kennt und eröffnet, wenn wir mit unsrem Latein und unserer Erkenntnis längst am Ende sind.

Und vielleicht tut mir ganz persönlich unser Text auch deshalb so gut, weil er irgendwie mit sich bringt wovon er erzählt.

Die Zuversicht und das Gottvertrauen, dass Gott, komme, was wolle für uns da ist und für uns sorgt. Darum…

…sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet.

…Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft….

Und… Ist nicht das Leben mehr als die Kleidung? Seht die Vögel unter dem Himmel an. Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen und euer himmlischer Vater ernährt sie doch ….  

Mir, liebe Gemeinde, tut es einfach gut, diese Worte zu hören. Vielleicht weil ich im Hören innerlich irgendwie zur Ruhe komme und mich entspanne, wieder aufatmen und Luft holen kann. Und dadurch auch wieder Kraft schöpfen kann für die vielen Dinge und Aufgaben, die auf mich zukommen und auf mich warten.

So kann einem tatsächlich ein Text zur Oase werden, die gut tut und wohltut, die Mut macht und stärkt.

Wir Menschen brauchen solche Oasen und es ist gut, wenn wir solche Oasen haben und aufsuchen können.

Jesus selbst zog sich manchmal heraus und zurück auf einen Berg, um zu sich selbst zu kommen, um ganz bei sich selbst und vor allem Gott nahe zu sein und bei ihm Kraft und vielleicht auch neuen Mut zu tanken.

Andere gehen gern baden im Meer oder in einem See, um mit dem Wasser auch mal den Alltag abzuwaschen und zurückzulassen und dann hinterher erfrischt und belebt wieder heraus zu kommen und loszugehen. Manche finden Ruhe und Kraft bei einem Spaziergang im Wald oder auch im Gebet.  Oder beim Hören, Singen und Musizieren einer Musik, wie hier heute, an diesem späten Nachmittag.

Und ich danke Ihnen, lieber Professor Rohmeyer, schon jetzt sehr herzlich für die wunderbaren Oasen der Musik, die sie uns an der Orgel im Chor und Konzert geschenkt und bereitet haben. Das tat und das tut der Seele wirklich gut.

Und es ist ja manchmal geradezu erstaunlich, wie sehr schon eine kleine Modulation von Moll nach Dur die Kraft haben kann unsere Herzen zu öffnen und sie mit einem Keim der Hoffnung und mit neuer Zuversicht zu erfüllen.

Sodass die Musik, aber auch ein gutes Wort und erst recht beides zusammen wirklich die Kraft haben kann, uns wieder neue Hoffnung zu geben und Mut zu machen. Weil beides an uns und vor allem in uns wirkt und seinen Nachklang und seinen Nachhall hat, der gut tut und wohl tut der uns tröstet und hilft.

Jesus, liebe Gemeinde, ermutigt uns unsere alltäglichen Sorgen tatsächlich auch einmal hinter uns zurückzulassen. Und zuerst und zunächst nach dem Reich Gottes zu trachten. Und er formuliert damit auch das Ziel und die Perspektive zu einem guten und gottgefälligen Leben. Einem Ziel, dessen Realisierung dann auch das leibliche Wohl und das Auskommen aller Menschen miteinschließt.

Schließlich gefällt mir an unserem Text aber auch, dass Jesus in seinen Worten pragmatisch und realistisch ist. Und so schließt er seine Rede sogar mit einem praktischen Tipp.  

Mit dem wir es dann vielleicht auch besser schaffen können, uns von den alltäglichen Sorgen nicht ganz und gar auffressen und bestimmen zu lassen. Und so sagt er:  Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das seine Sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage habe.

Anders gesagt rät Jesus hier: Macht es euch leichter! Macht es doch Stepp bei Stepp, Schritt für Schritt.  

Jesus ermutigt dazu, nicht immer die großen Lösungen in den Blick zu nehmen, sondern die tagtäglichen Aufgaben und Herausforderungen, so gut das eben geht und gelingt, anzugehen, zu meistern und auch zu lösen.

Und sich dann eben auch an den kleinen Ergebnissen und Erfolgen zu freuen. Und dabei nicht zu vergessen, dass wir bei und in allem von Gott geliebt, gehalten, getragen sind, dass wir für Gott tatsächlich unendlich kostbar sind und kostbar bleiben in dieser Welt und darüber hinaus.

 

Amen

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Gruß zum 14. Sonntag nach Trinitatis am 10. September 2023
von Pastorin Parra

Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. (Ps 103,2)

Zu diesem Wochenspruch haben wir am 10.09. Gottesdienst auf den Gemeindewiesen gefeiert. Wir haben diese Geschichte gehört:

Jakob zog von Beerscheba nach Haran. Unterwegs kam er an einen Ort, an dem er übernachtete. Denn die Sonne war schon untergegangen. Er nahm einen von den Steinen dort und legte ihn neben seinen Kopf. Dann schlief er ein. Im Traum sah er eine Leiter, die von der Erde bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes hinauf und herunter. Plötzlich stand der Herr vor ihm und sagte: »Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Sie werden so zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. Du wirst dich nach Westen und Osten, nach Norden und Süden ausbreiten. Durch dich und deine Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet sein. Siehe, ich bin bei dir und behüte dich überall, wohin du auch gehst. Ich bringe dich zurück in dieses Land. Ich werde dich nicht verlassen, bis ich vollbringe, was ich dir verheißen habe.«
16Als Jakob aus dem Schlaf erwachte, sagte er: »Der Herr ist an diesem Ort anwesend, und ich wusste es nicht.« Da fürchtete er sich und dachte: »Vor diesem Ort muss man Ehrfurcht haben! Hier ist gewiss ein Haus Gottes und ein Tor zum Himmel.« Am Morgen stand Jakob früh auf und nahm den Stein, den er neben seinen Kopf gelegt hatte. Er stellte ihn als Kultstein auf und rieb seine Spitze mit Öl ein.19Jakob nannte den Ort Bet-El, das heißt: Haus Gottes. (1. Mose 28,10ff).    

Jakob erlebt im Traum, wie Himmel und Erde verbunden sind. Ein wunderbarer Moment der Gegenwart Gottes. Dieser Ort ist ihm für immer heilig. Dankbar errichtet er eine Stätte, an der Menschen Gott loben können für alles, was er ihnen Gutes getan hat.
Wir haben aufgeschrieben und gemalt, wofür wir dankbar sind. In der Stadtkirche steht eine Leiter mit unseren Dank-Zetteln. Kommen Sie gern vorbei und bringen vielleicht auch noch Ihren eigenen Dank mit. Es ist noch Platz an der Himmelsleiter.
Ihr Ma(h)lzeit-Team
 

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(Hier finden Sie auch dazugehörige Texte)

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Gruß zum 13. Sonntag nach Trinitatis am 03. September 2023
von Pastorin Fanny Dethloff

Liebe Gemeinde,

der Titel unserer diesjährigen Sommerkirche ist: „Ohrwurm – ich sing dir mein Lied“.Heute wollen wir den Gottesdienst mit Gospels und Spirituals feiern und singen.

Atmen und Töne.   

Seufzen.
Atmen
Töne auf Vokal


1.Lied

Nobody knows

Warum das meine Ohrwürmer geworden sind ist eine eigene Geschichte.
Mein Vater ist 1929 geboren. Er war in der HJ und es gibt Bilder, wo er sehr glücklich wirkt in der Uniform. Dann kam der Angriff auf Hamburg 1943, Juli „Gomorrha“, eine militärische Aktion der Briten und Amerikaner. Eine Antwort auf all die furchtbaren Luftschläge der Nazis in Guernica oder Coventry.

Die 14 jährigen Hamburger Jungen - auch Jüngere - , wurden zum Aufräumen herangezogen. Es gab zwischen 30.000 bis 50.000 Tote. Der Feuersturm wütete Tage. Sie mussten in Zinkwannen Menschenteile aus den Bunkern und U-Bahnschächten bergen.

Danach war mein Vater etwa 6 Wochen lang krank. Man sprach von Nervenfieber.

Danach im November kam mein Vater in die Lehre.

Seit dem Juli 1943 war alles anders.

Mein Vater machte den emotionalen Wechsel durch Musik deutlich. Keine Marschmusik gab es, als ich geboren wurde zu Hause. Kein deutsches Heimatlied.

Es gab Swing von Glenn Miller und Jazz – meist New Orleans, Spirituals mit Louis Armstrong und dem Golden Gate Quartett. Alter guter Rock n Roll. Befreiung und  Freiheit, das war ein anderer Rhythmus.

Es gibt  noch ein paar Zeitzeugen, die Swingboys, die diese Musik als Widerstand schon ab den 30 er Jahren immer heimlich hörten. Mein Vater kam erst später dazu.

In den Kanälen Hamburgs, die instand waren, gab es Kanus und Grammophone und Schellack-Platten, denn Orte, wo man sich sonst treffen konnte, gab es kaum. Und nur verboetene amerikanische Musik war es, was zu hören war.

2.Lied
Swing low 

Sehnsucht nach Frieden und Freiheit, die  Geschichte der  Sklaven in den USA. 8-11,5 Millionen Menschen wurden aus Afrika versklavt. Anfang des 17.Jhds kamen die ersten. Man verbot die Christianisierung zuerst, weil es sich nicht gehörte, dass ein Christ einen anderen Menschen besitzt. Ende des 17. Jahrhunderts änderte man das per Gesetz.

Vor allem methodistische und baptistische schwarze Gemeinden entstehen.

Swing low ist ein Lied der Sklavenbefreiung. In Kutschen versteckt geht die Underground railroad,- von Versteck zu Versteck werden Sklaven befreit. Harriet Tubman ist da eine schwarze mutige Frau. Ein Film über sie kam in der Coronazeit heraus. Vom Süden bis hoch nach Kanada – immer auch in Kirchen und mit mutigen Christen, die etwas riskierten: Sanctuary Movement – das lebt bis heute weiter. Bei uns ein kleiner Nachhall in den 40 Jahren, die Kirchen Kirchenasyl gewähren. Immer in Verbundenheit zu den Wurzeln.

3. Lied

Down by the riverside 

Friedenslieder, Friedenssehnsucht.Dietrich Bonhoeffer – noch im April 1945 hingerichtet, war 1930 nach der schweren Wirtschaftskrise in New York am Theological seminary. Er ging nach Haarlem und besuchte die schwarzen Gottesdienste. Dort – so meinte er später, wurde aus dem Theologen, ein Pastor.

Die emotionalen Predigten unterbrochen vom Gesang, der direkten Auslegung und Bekenntnis in einem waren, inspirierten ihn,

Er brachte Lieder mit und führte sie später in die entstehende ökumenische Bewegung mit ein.

Wade in the water- ist auch ein Befreiungslied. <wer im Wassr geht, kann nicht von den Hunden, die einen verfolgen, aufgespürt werden.

4.Lied

Wade in the water 

Befreiuung und Glauben

wie die Bibel gelesen wird, wie mich die Bibel liest.

Spirituals sind direkte Predigten. Sie nehmen die biblischen Geschichten und lesen die eigene Geschichte hinein. Wir wandern durch das rote Meer, wir werden verfolgt, wir sind wie die Israeliten, die die Ägypter versklavt hatten, wir warten auf Befreiung.

Nun sind wir nicht unterdrückt – weder wie die Israeliten noch die afroamerikanischen Sklaven.

Und doch gibt es solch alte Tradition der Gerechtigkeit, der Hoffnung, die wach gehalten wird. Die ins Erbgut unseres Glaubens mit da ist. Wenn wir diese Wurzeln nicht mehr verstehen und achten, wenn es nur um die eignen Gefühlswelt geht, fehlen wichtige Aspekte.

5Lied
Joshua fit the battle  

Gebet in Bedrängnis von Dietrich Bonhoeffer

Gott, zu dir rufe ich. Sammle meine Gedanken, hilf mir zu beten; ich kann es nicht allein.

In mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht;

ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht;

ich bin kleinmütig, aber bei dir ist die Hilfe;

 ich bin unruhig, aber bei dir ist Friede;

in mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist die Geduld;

ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich.

Dir sei Ehre in Ewigkeit

6.Lied

Amen

Singen befreit, Gospel ist eine Weiterentwicklung der eher alttestamentlichen Spirituals. Da gibt am die eigene Glaubenserfahrung, die eigene persönliche Geschichte mit hinein.

7.Lied
Amazing Grace

Unglaubliche Gnade

Amazing Grace ist ein englisches Gedicht 1772 von John Newton, einem früheren Sklavenhändler, das seine Bekehrung zum Christentum ausdrückt, nach dem er mit einem Sklavenschiff in Seenot geraten war

 Oh Gnade Gottes, wunderbar

1 Oh Gnade Gottes, wunderbar
hast du errettet mich.
Ich war verloren ganz und gar,
war blind, jetzt sehe ich.
 

2 Die Gnade hat mich Furcht gelehrt
und auch von Furcht befreit
seitdem ich mich zu Gott bekehrt
bis hin zur Herrlichkeit.
 

3 Durch Schwierigkeiten mancher Art
wurd' ich ja schon geführt,
doch hat die Gnade mich bewahrt,
die Ehre Gott gebührt.
 

4Wenn wir zehntausend Jahre sind
in seiner Herrlichkeit,
mein Herz noch von der Gnade singt
wie in der ersten Zeit.

Ich wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag,

Ihre Pastorin Fanny Dethloff

 

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Gruß zum 12. Sonntag nach Trinitatis am 27. August 2023

von Propst Faehling

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Das Lied, das diesen Gottesdienst heute prägt, haben wir schon mehrfach anklingen hören. Der Titel heißt auf Deutsch „Nichts anderes ist wichtig“, englisch „nothing else matters“. Es stammt von der 1981 gegründeten amerikanischen Band Metallica. In ihrem Namen schreibt sie Programm: Der Musikstil ist Metal, was sagen will, Rockmusik und eher hart im Klang. Metallica gilt als erfolgreichste Band in diesem Stil. 1986 starb eines der Gründungsmitglieder bei einem Unfall des Tourbusses im schwedischen Winter. 1990 begannen die Aufnahmen zu dem Album, auf dem auch „Nothing else matters“ erschienen ist. Es ist weniger hart als die übrigen Lieder, eine Ballade. Bei der Vorbereitung dieses Gottesdienstes habe ich überlegt, ob seine Entstehung etwas mit dem tödlichen Unfall 5 Jahre zuvor zu tun hatte.

Jedenfalls wird dieses Lied inzwischen nicht nur auf Rockkonzerten gespielt, z.B. als Metallica in Wacken auftrat, sondern auch auf zahlreichen kirchlichen Hochzeiten.

Und so habe ich zum Lied hinzu einen berühmten Bibelvers zur Grundlage dieser Predigt ausgesucht:

1. Kor 13, 13

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, aber die Liebe ist dir größte von ihnen.

Am höchsten zählt die Liebe … die Liebe Gottes zum Leben

Aber nun das Lied von der Platte „The Black Album“, Metallica, Nothing else matters“.

Ich habe übrigens neben dem englischen Text auch eine deutsche Parallel-Übersetzung im Programm mit abgedruckt, so dass Sie sich orientieren können.

Das Lied spielen

Nothing else matters, Metallica

So nah, egal wie weit

So close, no matter how far

Mehr von Herzen geht nicht
Couldn't be much more from the heart

Immer darauf vertrauend, wer wir sind
Forever trusting who we are

Und nichts anderes zählt
And nothing else matters

Habe mich nie auf diese Weise geöffnet
Never opened myself this way

Das Leben gehört uns, wir leben es auf unsere Art
Life is ours, we live it our way

All diese Worte sage ich nicht einfach
All these words, I don't just say

Und nichts anderes zählt
And nothing else matters

Vertrauen, das ich in dir suche und finde
Trust I seek and I find in you

Jeden Tag für uns etwas Neues
Every day for us something new

Offen für eine andere Ansicht
Open mind for a different view

Und nichts anderes zählt
And nothing else matters

Nie darum gekümmert, was sie tun
Never cared for what they do

Hat sich nie um das gekümmert, was sie wissen
Never cared for what they know

Aber ich weiß
But I know

So nah, egal wie weit
So close, no matter how far

Es könnte nicht viel mehr von Herzen sein
It couldn't be much more from the heart

Immer darauf vertrauend, wer wir sind
Forever trusting who we are

Und nichts anderes zählt
And nothing else matters

Nie darum gekümmert, was sie tun
Never cared for what they do

Hat sich nie um das gekümmert, was sie wissen
Never cared for what they know

Aber ich weiß
But I know

Ich habe mich nie auf diese Weise geöffnet
I never opened myself this way

Das Leben gehört uns, wir leben es auf unsere Art
Life is ours, we live it our way

All diese Worte sage ich nicht einfach
All these words, I don't just say

Und nichts anderes zählt
And nothing else matters

Vertrauen, das ich in dir suche und finde
Trust I seek and I find in you

Jeden tag für uns etwas neues
Every day for us something new

Offen für eine andere Ansicht
Open mind for a different view

Und nichts anderes zählt
And nothing else matters

Ich habe mich nie darum gekümmert, was sie sagen
Never cared for what they say

Ich habe mich nie um die Spiele gekümmert, die sie spielen
Never cared for games they play

Nie darum gekümmert, was sie tun
Never cared for what they do

Hat sich nie um das gekümmert, was sie wissen
Never cared for what they know

Und ich weiß, ja, ja
And I know, yeah, yeah

So nah, egal wie weit
So close, no matter how far

Mehr von Herzen geht nicht
Couldn't be much more from the heart

Immer darauf vertrauend, wer wir sind
Forever trusting who we are

Nichts anderes ist wichtig
No, nothing else matters

 

Quelle: Musixmatch

Songwriter: Lars Ulrich / James Hetfield

Songtext von Nothing Else Matters © Creeping Death Music

 

Predigt auf Musikbett

              Bo Boj

              evtl. mit Gitarrist

 

So nah, egal wie weit; nichts anderes zählt.

Um Vertrauen geht es; um eine Bewegung des Herzens – mehr geht nicht; um Unabhängigkeit von dem, was andere tun und spielen; das Leben als so sehr eigenes spüren – bei sich sein; offen und zugleich doch auch abgewandt von der Welt; immer darauf vertrauend, wer wir sind – und nichts anderes ist wichtig.

Ein sehr emotionales Lied, in dem für mich Selbstbewusstsein, aber auch ein Stück Trotz; Offenheit, aber auch Abgeschiedenheit durchklingen; ein zugewandtes Lied – und zugleich distanziert; vielleicht ein Lied der verschiedenen Gefühlswelten, die in derselben Person zugleich sein können …

Irgendwie kein eindeutiges Lied und doch so !! eindeutig in seinem Titel: Nichts anderes ist wichtig.

Ganz von Herzen, mehr geht nicht, immer darauf vertrauend, wer wir sind – auch wenn uns dafür die präzisen Beschreibungen fehlen, oder auch nicht über die Lippen kommen.

Widersprüchlich.

Eine Rock-Ballade; das Weiche hart verpackt, metallisch hart geradezu; fast wie harte Schale, weicher Kern. Aber ich finde, dieses Sprichwort greift zu kurz.

Vielleicht eher aus dem Bewusstsein heraus geschrieben, gesungen, musiziert, dass Musik und Sprache so etwas wie Bilder des Herzens malen. Keine Fotografie, die man mit der Lupe begutachten kann, sondern ein Bild in den Farben des Augenblicks; ein Moment, der interpretiert werden kann und muss; Verschiedene lesen Verschiedenes aus denselben Worten und Klängen.

Und zugleich hat diese Ballade soviel Verbindendes, soviel eindeutig Romantisches; sie versammelt eine riesige weltweite Fan-Gemeinde, von denen sicher sehr viele noch nie den Text überhaupt gelesen, verstanden, geschweige denn übersetzt haben.

Diese Vielen folgen der Botschaft, die sich sprachlos mitteilt; als wäre sie einfach da, schon bei den ersten Klängen des Gitarrenriffs

(spielen)

Mich interessiert, mich fasziniert diese ganz bestimmte Art des Mitnehmens von Musik. Man hört, man ahnt, man fühlt, man und frau denken sich ihren Teil, mischen die eigenen Gefühle mit hinein, schwingen sich ein;

es gibt Resonanz; Herzen gehen mit; einzelne Tonfolgen prägen sich fast unwiderruflich ein; ein Ohrwurm ist geboren.

Ohrwurm:

Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.

Da ist mit dem 2000 Jahre alten Paulus-Satz etwas Ähnliches passiert. Er ist so bekannt wie „der Herr ist mein Hirte“. Es gibt auch sprachliche Ohrwürmer; und zwar vielleicht sogar unabhängig von dem, was im Entstehen der Grund, die Situation dieser Worte war.

Da verweben sich Buchstaben mit einer Grundsatzfrage der Menschen; da wird eine Aussage als etwas gefühlt, was trägt; selbst wenn ich den Text noch nie voll ausgeleuchtet habe.

Hirte, Liebe, was wichtig ist, fast als wären es Begriffe einer seelischen Ursprache, die in ihrem Gefühlen beginnt, schon bevor wir Worte haben, vielleicht sogar, bevor wir überhaupt geboren werden.

Ur-, wie Schöpfung; Ur-, wie ursprünglich, Urgewalt, uraltes weises Wissen; Bilder mehr als Worte, Musik mehr als Verstehen, Fühlen mehr als Sprechen, Wissen in der ganz großen Tiefe, Ur- Wissen ….

Wenn die alten biblischen Propheten von Gott sprachen, dann waren sie fasziniert und zugleich erschüttert; als hätten sie weinen können vor Glück und wären zugleich so berührt, dass es ihnen fast Furcht macht.

Parallelität von Bibel und zu Herzen gehender Musik:

Ereignet sich in bestimmten Bibelworten und in bestimmter Musik davon etwas auch heute noch in unserer Welt?

Und zwar entscheidender als im Kopf, den die Welt oft als höchste Stelle des Körpers so arg wichtig nimmt, dass sie ihm zu viel unterordnet.

Mit anderen Worten: Braucht unsere Seele diese Bilder, die Sprache ohne Worte, diese Musik, damit wir immer wieder noch eine Art Grundnahrung erhalten, die es nicht gäbe, wenn nur Denken und messbares Handeln zählen, nur Überschaubare und Beweisbare?

Ich glaube Ja – das ist wirklich wichtig;

und ich glaube neben die Bibel treten weitere Texte der Weltliteratur, seien sie aus anderen Religionen oder begnadeten Schriftstellerinnenherzen; und natürlich treten neben Metallica auch noch Bach und viele weitere.

Und wie schon am Anfang gesagt: Was ich verstehe aus bestimmten Worten und Tönen, entzieht sich dem Werturteil anderer. Die Wege der Herzen sind oft unerforschlich und doch immer ernst zu nehmen.

So nah, egal wie weit; nichts anderes ist wichtig.

Ich spüre diesen Satz noch einmal neu in seiner Art, wie er zwischen den Polen nah und weit etwas wie eine Welt aufspannt und für sich feststellt, dass nichts anderes wichtig ist, als dass es sie gibt und darin einen Ort für den, der davon singt.

 

Vielleicht ist es die Liebe.

Vielleicht ist aber selbst dieses Wort zu klein, um zu fassen, wovon das Lied singt.

 

Am Ende bleibt die Hoffnung auf einen haltenden Ort zum Leben - mit Vertrauen, von Herzen bewegt, Offenheit, Unabhängigkeit, Eigenem.

Leben, auch wenn es nicht greifbar ist.

Nichts anderes ist wichtig.

 

Amen.

 

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Gruß zum 11. Sonntag nach Trinitatis am 20. August 2023
von Pastorin Yasmin Glatthor

Liebe Gemeinde,

der Titel unserer diesjährigen Sommerkirche ist: „Ohrwurm – ich sing dir mein Lied“. In unserem heutigen Gottesdienst werden wir viele „Ohrwürmer“ hören – sie könnten nicht unterschiedlicher sein – Sie dürfen gespannt sein! Unser Gottesdienst ist heute durch diese ganz unterschiedlichen Liedcharaktere geprägt. Durch diese unterschiedliche Musik. Und selbst wenn wir jetzt mal ganz leise sein würden, so könnten wir vermutlich trotzdem von irgendwoher Musik - zumindest ein paar Töne - hören. Auch wenn wir sie nicht sehen können, sie begleitet uns immer. Für mich ist es mit Gott ganz ähnlich.

Musik kann leise oder laut sein. Manchmal ist sie ganz laut, drängt sich in den Vordergrund, ist unüberhörbar, sofort spürbar. Kann in Bewegung versetzen, zum Tanzen oder auch zum Weglaufen. Kann motivieren. Ich drehe manchmal die Musik ganz laut auf, um mich zum Aufräumen und Putzen zu motivieren. Doch genauso gibt es die Momente, in denen es auf die leisen Töne ankommt. Die leisen, sanften zum Beispiel, mit denen ich meine Kinder in den Schlaf singe.

Musik verbindet sich im Laufe unseres Lebens mit Erinnerungen. Wenn wir ein Lied in einer bestimmten Lebenssituation gehört haben, erinnern wir uns beim erneuten Spielen des Titels wieder an diesen einen Moment, an die durchlebten Gefühle. Bei der Hochzeit meines Mannes und mir wurde das Lied „Ein Hoch auf uns“ von Andreas Bourani gespielt. Seitdem sind 8 Jahre vergangen. Und trotzdem.. immer wenn ich es höre, erinnere ich mich daran zurück, denke an meinen Mann, spüre die Gefühle nach, die es in mir auslöst.

Musik begleitet uns Menschen schon seit es uns gibt, verbindet uns miteinander, verbindet uns mit ihr. Vielleicht gab es nicht von Anfang an so viele Stil-Richtungen wie heute. Und doch war sie schon immer da, hat schon viele Emotionen durchlebt, uns durch viele Emotionen hindurch begleitet. Besteht aus den unterschiedlichsten Stil-Richtungen, individuell und vielseitig – wie unser Leben auch.

So individuell wie unsere Leben, so individuell sind unsere Melodien, unsere Lieblingslieder, unsere „Ohrwürmer“. Und wir dürfen uns immer von Gott begleitet fühlen. In der Taufe sagt Gott uns das nochmal ganz deutlich zu: Ich begleite dich, passe auf dich auf in allen Momenten, die das Leben für dich bereithält. So gehen wir begleitet von Gott durch unser Leben.

Gott ist wie Musik, vielseitig, nicht eintönig, immer wieder neu, begleitet uns durchs Leben, mal leiser und mal lauter zu hören. Amen.

Ihre Pastorin Yasmin Glatthor

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum 10. Sonntag nach Trinitatis am 13. August 2023
von Pastorin Ute Parra

Liebe Gemeinde,

„Ohrwurm-mein Lieblingslied“, das ist das Motto dieser Sommerkirche. Ich habe ein Lied ausgewählt, in dem zwei Liebende einander suchen: „Ich träum' ich treff' dich ganz tief unten Der tiefste Punkt der Erde, Mariannengraben, Meeresgrund…“

Vom tiefsten Punkt des Meeres bis zur Spitze des Mount Everest, geht ihre Traumreise. Am Pol, dort wo sich alles nur um sie beide dreht, warten sie aufeinander. Die See ist rau, das Schiff gerät in Seenot und immer wieder verpassen sie sich ohne sich aber zu verlieren. In ihren Träumen nimmt das Sehnen Gestalt an und schafft gewissermaßen ein neues Sein. Erst durch die Liebe des Anderen werden beide zu dem, was sie sind. Aber zerbrechlich ist, was zunächst noch nur im Traum möglich scheint: „Du träumst mich, ich dich Keine Angst, ich weck' dich nicht Bevor du nicht von selbst erwachst“

Das Lied heißt „Stella Maris“. „Stern des Meeres“ ist ein Name Marias, der Mutter Jesu: Sie ist für die, die sie so anrufen, der Stern, der die Richtung weist: den Seefahrern auf dem Meer und ebenso den im Leben verirrten Seelen. Was hat es auf sich mit diesem Stern, der für mich im Lied immer wieder aufblitzt: zwischen Suchen und Verpassen, zwischen Träumen und Erwachen? Hören Sie mit mir genau hin: https://www.youtube.com/watch?v=dYmRnl_J9GI

Meret Becker und Blixa Bargeld singen am Ende zusammen: Wir träumen uns beide wach! Sie wecken sich nicht, sondern aus dem Schwebezustand zwischen Traum und Erwachen im Halbschlaf am Schlawittchen gepackt ziehen die beiden sich zueinander. Vorsichtig muss das geschehen, damit beide Träume herübergerettet werden können in diese Welt und zu einer gemeinsamen Wirklichkeit werden.

Lange dauert der Weg dahin und beide haben so oft das Gefühl, einander doch verpasst zu haben, am falschen Pol zu warten.

So ist es mit der Liebe oft im Leben: Wir erträumen uns ein Gegenüber, suchen im anderen nach der Erfüllung der eigenen Sehsüchte und finden dann doch immer wieder nur uns selbst. Mancher Liebestraum platzt, wenn die erste Verliebtheit schwindet und beide erkennen, dass sie sich den anderen anders zurechtgeträumt haben als er wirklich ist. Und auch in mancher langjährigen Partnerschaft träumen beide den ganzen Tag vom gemeinsamen Abend bis dann, wenn es so weit ist, beide Träume zerplatzen, weil der andere mit seinen Bedürfnissen nicht darin vorkam.

Die Liebe braucht den Traum vom anderen - Traumprinz oder Traumprinzessin - braucht aber auch das Warten und Suchen, die Kurskorrektur, damit am Ende ein gemeinsamer Traum wirklich wird, in dem beide Liebende gleichermaßen vorkommen: So wie sie sind, mit allem Sehnen und aller Angst vor dem Erwachen und doch je auf ihre Weise vollkommen und genau richtig. Wenn sie so wirklich einander träumen und nicht nur ein Abbild ihrer eigenen Sehnsüchte, dann hält ihr Traum der Wirklichkeit Stand uns sie können sich wach träumen.

Manchmal kann einem die Liebe wie ein großes Geschenk vorkommen, wie etwas, das durch die Liebenden aus einer anderen Welt in diese gelangt. Stella Maris könnte dann genannt werden, was auf dieser Reise den Weg weist und gewissermaßen ermöglicht, dass das Geschenk der Liebe in dieser Welt ankommt. Und zwar nicht immer so, wie wir es uns erträumt haben, sondern meist ganz anders.

„Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme“, so heißt es im letzten Kapitel des Hoheliedes Salomos, durch das ganz weltliche Liebesdichtung Eingang in den Kanon der Bibel gefunden hat. Vielleicht machte man es in dem Bewusstsein zum Teil der Heiligen Schrift, dass die Liebe nicht von dieser Welt und doch diese Welt ohne sie ein leerer Ort vergeblichen Wartens ist.

Ich wünsche uns in diesem Sommer Zeit zum Träumen, Sehnen, Suchen, Finden und Gefundenwerden.

Ihre Pastorin Ute Parra

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

(Hier finden Sie auch dazugehörige Texte)

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Gruß zum 9. Sonntag nach Trinitatis am 06. August 2023
von Pastor Lars Kroglowski

 

„Geh aus mein Herz“  EG 503

Liebe Gemeinde,
„Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit“, so beginnt eines der bekanntesten und beliebtesten  Sommerlieder von Paul Gerhard. Das Leben von Paul Gerhard war oft nicht nur Sonnenschein. Seine Eltern hat er früh verloren. Nur eins seiner Kinder Paul Friedrich hat seine Frau und ihn überlebt. Der Dreißigjährige Krieg hat sein Leben als Pastor geprägt. An unzähligen Gräbern hat er die Trauerfeiern gehalten. Heute würden wir wahrscheinlich sagen: Paul Gerhard war schwer traumatisiert. Doch in all diesen schweren Lebenslagen bleibt ein positiver Blick. Er glaubt und vertraut auf Gott und diese Zuversicht bleibt ihm sein Leben lang erhalten.

„Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide.“ Eine Anspielung auf die Bergpredigt Jesu im Matthäus Evangelium: Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine Plage hat.

Wissen wir eigentlich, wie viel wir besitzen? Auf die Flucht können wir damit wohl nicht gehen. Was wir so alles in Schränken, Regalen und Kisten aufbewahren? Und im Keller und auf dem Dachboden? Was sich da, so alles ansammelt hat! Wichtige Dinge – und unwichtige.

Kleidung und Küchenkram. Bücher, gelesene und ungelesene. Plakate, die einmal toll waren; alte Briefe. Dinge, von denen man sich nicht trennen kann. Ich habe immer gedacht, ich hänge nicht an Äußerlichkeiten. Aber wenn es ans Wegwerfen geht – vor allem das Wegwerfen von Kleidung und alten Büchern und Zeitschriften – dann tue ich mich schwer. Dann finde ich auch den ältesten Pulli wunderschön und das Buch könnte ich ja vielleicht noch mal lesen, wenn ich Zeit habe. Dann ist plötzlich die Sorge da, ich könnte ja etwas Wesentliches verlieren. Jesus sagt: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet.

Paul Gerhard hat viel mehr durchlebt als ich. Er hat dieses schöne Sommerlied dichten können, weil in seinem Leben nicht die Sorge gesiegt hat, sondern der Glaube und das Vertrauen, das Gott für uns sorgt. Dieses zu bedenken, hilft mir – immer mal wieder zu unterscheiden, was wichtig ist und was nicht. Das muss ich wirklich noch lernen! Und sich von etwas trennen – etwas was ablegen können – kann eine ungeahnte Freiheit geben. Da entsteht ein freier Raum. Freiheit – und zwar in meinem Inneren. Diese Erfahrung, es geht mit weniger, weil die wahre Fülle um mich herum zu finden ist. Diese Erfahrung tut gut. Nicht unser Sammeln und Sorgen hält uns am Leben, sondern unser Gott, der die Welt erschaffen hat und auch mich gemacht hat. Auf dieses Vertrauen kommt es an. Mein Leben hat nicht deshalb Bestand und Bedeutung, weil ich mir solche Mühe damit gebe, sondern weil mein Gott mir Zeit und Freiräume schenkt.

Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine Plage hat.

Eine gesegnete und sorgenarme Sommerzeit – wünscht

Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

 

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Gruß zum 7. Sonntag nach Trinitatis am 23.Juli 2023
von Pastor Christoph Pfeifer

 

Liebe Gemeinde,

in diesem Jahr haben wir unsere Sommerkirchen unter das Thema „Ohrwurm gestellt“ – ich sing Dir mein Lied.

Als wir darüber im Pfarrteam gesprochen haben, war ich gerade dabei Hits von vor 50 Jahren für meine eigene Goldene Konfirmation im Herbst zusammenzustellen.

Und, na klar. Da durfte nicht Yesterday von den Beatles fehlen.

Wer kennt es nicht?  Yesterday, all my troubles seemed so far away. Keine Sorge, ich mache jetzt nicht den Test, wer es noch mitsingen kann. Wir hören gleich noch einmal die Melodie.

Yesterday- gestern. Ist das überhaupt richtig, sich immer wieder an das gestern zu erinnern? Sind wir dann nicht die ewig Gestrigen, die nur aus der Vergangenheit leben?

Nein. Es gibt so einen hilfreichen Dreischritt: erinnern – wiederholen – durcharbeiten. Die ganze biblische Tradition ist voll von dieser Rückerinnerung nicht mit dem Ziel, dass dich die Schatten der Vergangenheit einholen, nicht mit dem Ziel, dass du dich aus Sorge vor der Zukunft nur im Gestern festhältst. Nein, die Rückerinnerung hat im biblischen Sinne immer die Bedeutung von Vergewisserung. „In wie viel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet.“

Oder wie wir es vorhin aus dem Alten Testament gehört haben, Gott selbst erinnert sein Volk an den Bund, an die Momente, wo er in Not an ihrer Seite war.

Und in dem wir daran erinnert werden und das wiederholen, haben wir eine neue Freiheit gewonnen, die eigene Vergangenheit in der Gegenwart durchzuarbeiten.

Und dann entscheidet es sich, ob my troubles, meine Unruhe, plötzlich doch far away, weit weg sind oder ich sie immer noch nicht abschütteln kann.

Im Lied der Beatles klingt das aber anders. Der Schmerz über den Verlust einen lieben Menschen. Die Sehnsucht, ich möchte am liebsten doch das Rad zurückdrehen und mich ins gestern fliehen.

Der innere Kampf, den Paul McCartney besingt, why. Warum, something wrong, etwas Falsches.

Wie gut kennen wir das. Dieses Grübeln und Zweifeln. Ich möchte etwas ungeschehen machen. Noch einmal es ganz anders machen.

Aber auch Paul McCartney spürt in seinen Versen. Es geht nicht.

Yesterday bleibt Yesterday. Gestern bleibt gestern.

Ich habe diese Verse bewusst der biblischen Tradition gegenübergestellt.

Denn in unserer Glaubensgeschichte gibt es eben diesen anderen Weg, sich mit dem Gestern auseinander zu setzen.

Nicht im Dunkel der Vergangenheit stecken zu bleiben, sondern sich daran zu erinnern, was hat mir geholfen? Wie bin ich aus der Krise herausgekommen.

Wir taufen ja heute Rosa. Ihr, liebe Familie Wiesner, habt ja auch vor fast 30 Jahren erlebt, wie eure Familien Russland verlassen und hier eine neue Heimat gefunden haben.

Das war sicher auch nicht leicht. Da gab es sicher so manchen „Trouble“. Jetzt haben hier schon die nächsten Generationen eigene Familien gegründet. Wir haben eben als ein Zeichen das silberne Kreuz an der Kette in das Taufwasser gehalten. Mich hat das daran erinnert, wie man früher getauft hat. Einmal ganz untergetaucht als Zeichen dafür, wir können im Leben untergehen, aber wir werden immer wieder gerettet und herausgezogen.

Und so wünschen wir uns, dass auch Rosa später sich erinnern kann, ich hatte immer liebe Menschen an meiner Seite, die mir geholfen, die zu mir gehalten haben.

Wer weiß, wenn Rosa Teenager ist, so in den 2030gern, ob man dann überhaupt noch die Beatles hört.

Yesterday, dieser Hit aus dem Jahre 1969 war ja nur einer von vielen Ohrwürmern, die eine ganze Generation bewegt hat. Früher hatten die Menschen ganz andere Ohrwürmer, zum Beispiel die Lieder von Paul Gerhard. Eines singen wir jetzt, wo es in der vorletzten Strophe heißt:

„Was kränkst du dich in deinem Sinn und grämst dich Tag und Nacht? Nimm deine Sorg und wirf sie hin auf den, der dich gemacht.“
(Aus dem Lied: Ich singe Dir mit Herz und Mund)

Amen

 

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Gruß zum 6. Sonntag nach Trinitatis am 16. Juli 2023
von Pastorin Parra

Sommerkirche-Gottesdienst

Zum Ohrwurm „Gott ist gegenwärtig“ (EG 165)

„Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte. Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge. Wer ihn kennt, wer ihn nennt, schlag die Augen nieder; kommt, ergebt euch wieder.

Gott ist gegenwärtig, dem die Cherubinen Tag und Nacht gebücket dienen. Heilig, heilig, heilig! singen ihm zur Ehre aller Engel hohe Chöre. Herr, vernimm unsre Stimm, da auch wir Geringen unsre Opfer bringen.“

Gott ist gegenwärtig! Machtvoll und überwältigend - so wird seine Gegenwart in den ersten beiden Strophen des Liedes empfunden. Alles schart sich um seinen Thron; selbst die Himmelswesen bücken sich vor ihm, dem allumfassender Urgrund allen Seins. Gottes Gedanken sind zu schwer und zu zahlreich als dass wir sie je begreifen könnten (Ps 139,.17). So verstummen wir und staunen ehrfürchtig.

Dass alles in uns Menschen verstummt, wenn wir Gott gegenübertreten, dieser Gedanke findet sich wohl in allen Religionen. Ob fernöstliche Meditation, Sufismus im Islam, jüdische Kabbala oder christliche Mystik: Es geht überall ums Loslassen, Leerwerden, sich fallen lassen. Und das nicht als Selbstzweck sondern um Gott oder den Urgrund allen Seins und damit auch sich selbst neu zu finden.

Dieser Weg beginnt mit einer Bereitschaft zur Demut. „Mut zum Dienen“ bedeutet das. In unseren Ohren klingt es fast paradox: Dienen nicht eigentlich die Mutlosen und die Mutigen herrschen? Und nun soll es mutig sein, das Eigene zu lassen und Geist und Sinn für etwas zu öffnen, das sich unserer Kontrolle entzieht?.

Dass Mut dazugehört, Stille zu ertragen, den Fernseher und  das Gedankenkarussell abzustellen und abzuwarten, was dann kommt, leuchtet mir aber ein. Es ist wie ein Sprung ins Ungewisse. Und doch sehnen sich gerade heutzutage viele nach dem, was hinter diesen permanent auf uns einströmenden Reizen verborgen liegt. Sie sind bereit, sich auf den ungewohnten Weg der Demut zu machen.

Mystische Gedanken verbinden Menschen wie gesagt über Konfessionsgrenzen hinweg. Das Lied „Gott ist gegenwärtig“, das der reformierte Dichter Gerhard Tersteegen 1729 veröffentlichte, hat Eingang in die Gesangbücher von Protestanten, Katholiken und Mennoniten gefunden.

Gerhard Tersteegen hat das Lied auf die Melodie, die wir bis heute singen, gedichtet. Ihre ruhig-schreitende Abwärtsbewegung im ersten Teil eignet sich gut, um wahrzunehmen: „Gott ist in der Mitte“, loszulassen: „Alles in uns schweige“ und Begegnung zu wagen: „Und sich innigst vor ihm beuge“. Im mittleren Teil kann etwas Neues erwachsen – zaghaft, schwebendes Nahsein: „Wer ihn kennt, wer ihn nennt...“ -–  Bis die Melodie in zwei Kaskaden vom Höhepunkt in den abschließenden Ruhepol herabströmt: „Schlag die Augen nieder, kommt ergebt euch wieder.“

Während die ersten beiden Strophen sich an eine Gottesdienstgemeinde richten, beschreibt Teerstegen in den folgenden Strophen die Sehnsucht des Einzelnen nach dem Einswerden mit dem alles tragenden Grund:

„Majestätisch Wesen, möcht ich recht dich preisen und im Geist dir Dienst erweisen. Möcht ich wie die Engel immer vor dir stehen und dich gegenwärtig sehen. Lass mich dir für und für trachten zu gefallen, liebster Gott, in allem.

Luft, die alles füllet, drin wir immer schweben, aller Dinge Grund und Leben, Meer ohn Grund und Ende, Wunder aller Wunder: ich senk mich in dich hinunter. Ich in dir, du in mir, lass mich ganz verschwinden, dich nur sehn und finden.“

Ganz verschwinden, sich hinuntersenken in ein endloses Meer –  Das kann schön und schauerlich zugleich empfunden werden. Was, wenn ich mich darin verliere? Der Wunsch, Gott zu sehen und zu finden, ist so stark, dass das eigene Verschwinden gewissermaßen unausweichlich erscheint angesichts der Unendlichkeit Gottes. Und doch passiert gerade das nicht. Gottes wunderbare Größe lässt mich auch mich selbst auf neue Weise in der Begegnung finden.

Ich höre Anklänge an Psalm 139: „Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.“ Der Psalmbeter erkennt im Angesicht Gottes, dass auch er selbst wunderbar gemacht ist. Gehalten und getragen sein im Allumfassenden, Unausforschlichen –  um davon zu sprechen braucht es poetische Worte. Oft  finden sich Anklänge an Liebeslyrik: „Ich in Dir, du in mir, lass mich ganz verschwinden, dich nur sehn und finden.“

In der nächsten Strophe wird ein besonders schönes Bild für die zärtliche Berührung der Seele durch das Göttliche gefunden: „Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne stille halten, lass mich so still und froh deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.“:

„Du durchdringest alles; lass dein schönstes Lichte, Herr, berühren mein Gesichte. Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne stille halten, lass mich so still und froh deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.

Mache mich einfältig, innig, abgeschieden, sanft und still in deinem Frieden; mach mich reinen Herzens, dass ich deine Klarheit schauen mag in Geist und Wahrheit; lass mein Herz überwärts wie ein' Adler schweben und in dir nur leben.“

„Mache mich einfältig.“ –   Wer will schon einfältig sein? Landläufig ist damit ja gemeint, dass jemand leichtgläubig und geistig beschränkt ist. Tersteegen geht es aber  um die Ein-falt im Gegensatz zur Viel-falt. Es geht um selbst gewähltes Sich-Beschränken auf das Wesentliche. Vielleicht brauchen wir das heute sogar noch mehr als Tersteegen damals. Der hatte ja noch kein Whatsapp und keine Push-Nachrichten.

Ein-fältig, innig, abgeschieden - gerade heute ist es extrem schwierig, so zu sein. Manche sagen: Das wäre auch weltfremd und egoistisch. Mystik hat sich aber nie als Weltflucht verstanden. Die mittelalterlichen Mystikerinnen räumten der „Vita activa“, dem Dasein für andere, mindestens eben so viel Raum ein wie der „Vita contemplativa“, dem Sichversenken. Das Herz, das überwärts wie ein Adler schwebt, sieht die Not der Mitmenschen.

Die letzte Strophe führt zurück ins Leben:  Mystik ist nicht vor allem etwas im Jenseits Verhaftetes, sondern etwas, das unser Sein in dieser Welt verändert: „Wo ich geh, sitz und steh, lass mich dich erblicken und vor dir mich bücken“ ,heißt es am Schluss. MystikerInnen erkennen Gottes liebendes Handeln in der ganzen Schöpfung. Den Mitgeschöpfen zu dienen ist darum auch Gottesdienst. Wunderbar hat Gott diese ganze Welt gemacht. Auch uns selbst (Ps 139,14). Wo wir sitzen, gehen und stehen kann uns das bewusst sein und zu einer Lebenshaltung führen, die in Gedanken, Gefühlen, Worten und Taten vom Geist Gottes durchdrungen ist:

„Herr, komm in mir wohnen, lass mein' Geist auf Erden dir ein Heiligtum noch werden;  komm, du nahes Wesen, dich in mir verkläre, dass ich dich stets lieb und ehre. Wo ich geh, sitz und steh, lass mich dich erblicken und vor dir mich bücken.“

Eine segensreiche Sommerzeit!                         Ihre Pastorin Ute Parra

 

 

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Gruß zum 5. Sonntag nach Trinitatis am 09.Juli 2023
zum Beginn der Sommerferien zu 1. Petrus 1,3-9
von Pastor Lars Kroglowski

 

Liebe Gemeinde,

„Ich sehe was, was du nicht siehst ...“

Ich sehe was, was du nicht siehst ... so fängt ein Kinderspiel an. Wir haben es oft mit unseren Kindern bei längeren Fahrten in die Ferien gespielt. Der eine hat zunächst die Augen geschlossen und muss dann, nachdem er sie wieder geöffnet hat, geführt von dem anderen, erraten, was der in Blick genommen hat. Meistens geht es um eine Farbe. Der andere sieht für einen Augenblick mehr.

Jesus Christus habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht. Im ersten Petrusbrief geht es auch um unser Sehen, um unseren Glauben - um unser Gottvertrauen. Wir vertrauen auf einen, den wir nicht sehen. Und manchmal ist das keine leichte Sache.

Ich denke an eine Begegnung im Krankenhaus.
Eine Frau erzählte: „Ich hadere mit meinen Gott, ich schimpfe, ich weine, ich klage. So richtig an ihn glauben kann ich nicht mehr.“ Fast schuldbewusst spricht sie von ihrem Klagen und ihrer Verzweiflung an Gott.

Ich denke, ihr Klagen ist auch Ausdruck ihres Glaubens - ihrer Suche.

Gott schaffe mir Recht, so heißt es in einem alten Gebet, dem Psalm 43 -  und errette mich ...

Für ihre Klage - für ihr Weinen hat sie in ein Gegenüber in Gott. Hier kann sie hin mit all dem, was ihr auf dem Herzen liegt. Er hört zu, wenn keiner den Schmerz mehr aushält.

Hier ist Raum für die Frage, wie kann Gott mein Leiden zu lassen? Und wo diese Frage Raum gewinnt, da gib es Spuren von Antworten ... Da fange ich an zu sehen - zu vertrauen.

Die Begegnung mit der Frau im Krankenhaus ging so zu Ende. Ich fragte sie, ob ich einen Segen sprechen sollte. Sie nickte. Und ich sprach die alten Worte: der Herr segne und behüte dich. In ihrem Blick lag Angst und Vertrauen, Schmerz und Trauer, aber auch Hoffnung und Tränen standen in ihren Augen ...

Ich sehe was, was du nicht siehst. Bewahrung und Hoffnung mitten im Leiden. Diese Erfahrung haben wir beide in dieser Situation gemacht. Die Erfahrung, dass Gott nicht das Leiden will, sondern dass er es in Jesus Christus mit uns aushält. Die Glaubenserfahrung, dass Gott als Mensch und Bruder an unsere Seite tritt ... Gott sieht uns an - er fühlt mit uns - er segnet - er berührt.

Ich sehe, was, was du nicht siehst. Wir brauchen für unseren Glauben Rituale der Vergewisserung, dass Gott uns sieht, wenn wir ihn nicht mehr sehen können. Der Segen ist so ein Ritual von Gottes Wegbegleitung. Aus ihm kann ich neuen Mut und Kraft schöpfen - ein Stück inneren Frieden und Seligkeit finden. So wie Petrus schreibt: Ihr werdet euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.

Ich sehe was, was du nicht siehst - Hoffnung am Horizont - befreite Seelen - neuen Mut tanken – gerade auch in den kommenden Ferien -

das wünscht Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

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Gruß zum 4. Sonntag nach Trinitatis am 02. Juli 2023
von Propst Faehling

Liebe Gemeinde,

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Ein Katalog für Gutmenschen:
Mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig, nicht vergelten, nicht schelten, Zunge hüten, nicht mit den Lippen betrügen, Gutes tun, dem Frieden nachjagen, und sich dabei nicht irritieren lassen von Spott und Drohung, denen man Gutmenschen gerne aussetzt.

Ok., ich bin ein bisschen ironisch. Und ja, natürlich ist jede einzelne dieser Tugenden gut, richtig und erstrebenswert. Aber in dieser Häufung fühl ich mich eher erschlagen und erinnere mich an viele Menschen auf meinem Lebensweg, die genau das versucht haben: mich mit ihren moralischen Forderungen zu erschlagen – jedenfalls hab ich mich immer wieder so gefühlt.

Und was mich auch noch stört, ist dass diese Menge von Forderungen, dieses geballte Auftreten auch von so vielen Menschen heute noch mit dem Wort Kirche verbunden wird und zwar mit einer Kirche, die das oft fordert, ohne es jeweils selbst zu leben, oder wie es manchmal heißt: Wasser predigt und Wein trinkt.

Seien wir ehrlich, das passiert, und so geht es nicht.

Und man kann ja auch mal schauen, an welchen Stellen des Lebens solche Kataloge von Forderungen aufgestapelt werden; nämlich oft dort, wo mithilfe des guten Eindrucks abgewehrt werden soll, was in Wirklichkeit schiefläuft. Mit anderen Worten: Wir finden oft dort die intensivsten Forderungen nach Moral, wo die Fordernden selbst sich am wenigsten daran halten.

Und noch ein letztes kritisches Wort zu den Forderungen: Sie sind in ihrer Masse geradezu unmenschlich. So ideal ist niemand. Und wenn man dann aber sogar biblisch dies fordert, bekommt eben auch Gott tendenziell etwas Unmenschliches.
Und genau dem widerspricht unser Glaube, der sagt: Gott wurde in Jesus Mensch, wurde menschlich, einer von uns, einer wie wir.

Vielleicht finden Sie es seltsam, wie kritisch ich mit der Predigt zu diesem Bibeltext beginne, kritisch gegenüber dem Text.

Aber erstens weiß man ein wenig über seine Entstehungsgeschichte, und die stammt eher aus einer Zeit, in der solche moralischen Kataloge entstanden, wo man sozusagen strenge Kirchenordnung entwerfen wollte.

Und zweitens finde ich wichtig: bei alldem, was ich in seiner Häufung kritisch sehe, darf man einen wichtigen Satz nicht übersehen, der da auch steht.

Da steht nämlich auch: Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert, über die Hoffnung, die in euch ist.

Wow, nach den ganzen eher unreifen und idealisierenden Forderungen, deren Ziel eine heile und gute Welt wäre, die es nicht gibt und die auch nicht kommt, höre ich hier eine erwachsene Forderung, über die Hoffnung Rechenschaft abzulegen und Verantwortung dafür zu übernehmen, dass eben das Leben nicht ideal ist und wir dennoch Hoffnung haben und von ihr erzählen.

Das, liebe Gemeinde, ist für mich der Kern unseres Glaubens: Hoffnung.
Und zwar Hoffnung angesichts der Realität von Scheitern, angesichts der Realität von Menschen, die einander nicht nur Gutes tun, angesichts der Erkenntnis, das Leben läuft keineswegs ideal, sondern über Höhen und durch Tiefen.

Christen sind eben nicht die besseren Menschen, deren Leben ohne Tadel ihnen den Weg in den Himmel ebnet. Sondern Christinnen und Christen sind Menschen, die wissen: wenn es arg wird, ist Gott am dichtesten, und wenn die Not groß ist, wird der Glaube am hilfreichsten, weil er einen Weg hindurch und hinaus findet.

Die Schwester des Glaubens ist nicht die gute Tat, sondern die Not. Und Hoffnung haben wir nicht aus Sicherheit, sondern in tiefster Unsicherheit. Und dass Gott uns das schenkt, verlangt weniger nach Dankbarkeit als nach Verantwortung, mit diesem Geschenk so umzugehen, dass wir es mit möglichst vielen anderen teilen.

Am Ende hilft Gott nicht zum guten Menschen sondern gegen die Angst.

Deshalb bin ich froh über diesen Bibeltext, auch wenn ich ihn in Teilen sehr kritisch sehe. Da liegt dieser Schatz der Verantwortung, die wir für unsere Hoffnung und für das Teilen der Hoffnung haben drin, wenn auch ein wenig verborgen.

Herzlich Einladung, das neben aller berechtigten Einladung zu barmherziger Mitmenschlichkeit und tätiger Nächstenliebe zu hören.

Am Ende geht es um die Hoffnung als Mittel zur Linderung von Angst und Not. Am Ende geht es um einen Glauben, der uns hilft zu leben.

Amen.

 

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Gruß zum 3. Sonntag nach Trinitatis am 25.Juni 2023
von Pastorin Anke Pfeifer

 

Liebe Gemeinde,

Liebe Gemeinde, das Gleichnis, das wir ebengehört haben, ist eines der bekanntesten Gleichnisse Jesu überhaupt. Manche nennen es das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Im Zentrum der Betrachtung steht dann das Verhalten und Ergehen des Sohnes, der sein Erbteil verprasst hat und am Ende ist. Der dann zu seinem Vater zurückkehrt und hier wieder erwarten mit offenen Armen empfangen wird. Andere überschreiben das Gleichnis anders und nennen es: Das Gleichnis vom gütigen Vater. Hierbei wird der Augenmerk auf das Verhalten Vaters gerichtet, der hier stellvertretend für Gott steht und dem verlorenen Sohn voller Freude mit weit geöffneten Armen entgegen rennt. So liebevoll, so großzügig und großherzig ist Gott. Der uns liebt, selbst dann noch, wenn wir Schlimmes und Schlechtes gemacht und getan haben. Hosianna, der Name des Herrn sei gelobt!

Im Detail betrachtet birgt diese Geschichte aber auch noch andere interessante Facetten, von denen ich einige herausgreifen und beleuchten möchte.

Zunächst stocken wir heute manchmal wenn wir uns vorstellen, dass der heranwachsende Sohn kommt, um schon vor dem Tod des Vaters sein Erbteil zu verlangen.

Ganz schön frech oder unverschämt, mag man im ersten Moment meinen. Der Vater ist noch nicht tot, da kommt schon der Sohn, um sein Erbteil zu bekommen. Zur Zeit Jesu hörte sich das Ganze aber doch etwas anders an.

Da war ziemlich klar, dass der älteste Sohn eines landwirtschaftlichen Betriebes Haus und Hof erben und weiterbetreiben würde. In wohlhabenden Kreisen wollten die Eltern aber auch ihre nachgeborenen Kinder gut versorgt wissen. Wenn man es sich leisten konnte, bekamen die Töchter bei Heirat eine gute Mitgift. Und wenn es anderen sich ihr Erbteil auszahlen lassen, um sich damit eine eigene Existenz aufzubauen;  eine eigene kleine Landwirtschaft   oder auch einen Handwerksbetrieb zu gründen. Das war damals  durchaus üblich.

So ist der Vater über das Ansinnen des Sohnes auch nicht empört, sondern gibt ihm von seinem Vermögen, den Teil, der ihm zusteht.  Damit es ihm möglich ist, sich vom Acker zu machen und sich eine eigene Existenz aufzubauen.

Und so packt der Sohn seine Sachen, nimmt sein Erbteil und zieht damit los.

Aber kaum ist er weg, verprasst er alles, was er hat, und bringt es um die Ecke. In manchen Bilderbibeln sieht man ihn im Kreis von irgendwelchen Saufkumpanen sitzen und sein Glas erheben. In anderen Darstellungen hat er sogar ein leicht bekleidetes Mädchen auf seinem Schoß. Sodass man sich schon vorstellen kann, wie er das hart erarbeitete Vermögen seines Vaters versumpft und versoffen hat. Auf manchen Darstellungen sieht man schließlich, wie der Wirt den zahlungsunfähigen Sohn mit einem Tritt in den Hintern aus der Wirtschaft schafft.

So tief kann man sinken.

Solche aber auch ganz andere Abgründe gibt es immer noch und immer wieder. Jugendliche, heranwachsende , erwachsene Söhne und Töchter, Angehörige und Freunde, die auf einem ganz schmalen Grad gehen und in Gefahr sind, in den Abgrund zu fallen. Manche wilden Kerle müssen sich wohl auch erstmal austoben und auf die Nase fallen, bevor sie merken, dass sie tatsächlich auf dem Holzweg sind. Eltern heranwachsender oder sogar längst erwachsener Kinder stehen dann das aushalten: Nichts, aber auch gar nichts machen zu können. Die schlimmen Folgen und Konsequenzen zu sehen, sie aber nicht abwenden zu können. Und das ist schwer!

Bei dem Sohn in unsrem Gleichnis ist es auch richtig schlimm. Er hat nicht nur alles verprasst und verbraucht. Er leidet bitteren Hunger    

Niemand, der ihm in der Fremde unter die Arme greift ,der ihm eine  gute Arbeit oder eine berufliche Perspektive  bietet. Er landet zwar nicht   in der Gosse. Aber er muss eine Arbeit verrichten, die mit den religiösen Vorstellungen und Riten seines jüdischen Glaubens unvereinbar ist Er muss Schweine hüten, was das gesellschaftliche Aus für ihn bedeutet. Denn wer damals Schweine gehütet hat konnte am jüdischen Gottesdienst nicht mehr teilnehmen, weil er als kultisch      unrein galt. Und wer kultisch unrein war, wurde dann auch von allen anderen gemieden. Da man sonst selber ins kultische und gesellschaftliche Abseits geriet.

Der Sohn ist am Ende, sozial geächtet, verachteter Abschaum, Underdog. Von allen und allem, was ihm lieb und wert war abgeschnitten und isoliert. Er fällt so tief, dass er am Ende sogar noch das Futter der Schweine isst. So tief kann man sinken. 

 Aber dann, am tiefsten Punkt der Verzweiflung, kommt der Sohn plötzlich zur Einsicht. Und zur Erkenntnis, dass es so jedenfalls nicht weitergehen kann. Und er denkt an Zuhause, an das gute Leben und Wohlergehen, dass dort alle miteinander hatten.  

Und kommt auf die Idee sich aufzumachen und umzukehren. Zurückzukehren zu seinem Vater und ihm zu sagen, was er selbst   jetzt erkannt und eingesehen hat: Vater ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.

Vordergründig ,weil er das sauer verdiente Geld seines Vaters,  das ganzes Erbe auf den Kopf gehauen und verprasst hat .Aber es  geht     auch um Werte und Vorstellungen, um religiöse Überzeugungen , die der Sohn ignoriert und vergessen und über Bord geschmissen hatte.

Etwas , das übrigens ganz normal ist bei der pubertären Entwicklung eines Menschen . Jede neue Generation muss die überkommenen und übernommenen Werte kritisch überprüfen, um dann das, was gut und richtig ist zu übernehmen und auch weiterzuentwickeln, manches aber auch ad acta zu legen.

Mancher jugendlicher Protest, der kein Einzelfall blieb, sondern eine regelrechte Protestwelle hervorgerufen hat, hat sogar bis heute unsere Gesellschaft und unser Denken vorangebracht hat und zum Positiven verändert.

Jüngstes Beispiel hierfür ist die Bewegung Fridays for future, die entscheidend dazu beigetragen oder vielleicht sogar erst bewirkt haben, dass Politiker und Politikerinnen die Bewahrung der Schöpfung und die Einhaltung der beschlossenen Klimaziele  als politisches Zielvorgabe in ihre Politik mit aufnehmen mussten. Obwohl die notwendigen Veränderungen nach Meinung der meisten jungen Leute viel zu lange dauern.

Und sie haben ja Recht! Sie haben ja recht damit, dass rasches Handeln zwingend notwendig ist. Auch wenn man die Aktionen  der sogenannten letzten Generation    nicht gutheißen und durchaus kritisieren kann, wenn   Kunstwerke zerstört werden  oder wie erst kürzlich die Inneneinrichtung eines Hotels mutwillig beschmiert und ruiniert wird.

Manchmal denke ich, dass das sogar kontraproduktiv ist. Weil die Aktionen selber, ja nicht nur provokant sondern tatsächlich zerstörerisch sind und völlig zurecht Unmut und Unverständnis hervorrufen. Sodass das berechtigte Anliegen der jungen Leute in der öffentlichen Wahrnehmung und Meinung sogar in den Hintergrund tritt.

Aber wie verzweifelt müssen die jungen Leute tatsächlich sein, wenn sie die rechtlichen Konsequenzen und Folgen solcher Aktionen auf sich nehmen. Und das alles, damit wir der Klimaerwärmung  mit ihren  katastrophalen Folgen  wie lang anhaltende Trockenperioden mit Dürren und Bränden oder auch zerstörerischen Fluten endlich Einhalt gebieten. Und dann auch schon mit kleinen Schritten die Umwelt und   Gottes Schöpfung schützen und bewahren. Die jungen Leute haben ja Recht, wenn sie das von uns allen einfordern und einklagen.

Mancher Aufstand der jungen Generation hat unsere Welt   tatsächlich schon immer verändert und vorangebracht.

Den Protesten der 68 er Generation haben wir im Blick auf die demokratische Entwicklung in unserem Land aber auch im Blick auf die Emanzipation und die Gleichberechtigung der Frauen viel zu verdanken.   

Und auch manche Eltern haben durch den Protest ihrer heranwachsenden Kinder eine Menge dazu gelernt und sich auch persönlich weiterentwickelt.

Auch wenn die Auswirkungen der Pubertät mitunter für alle Beteiligten nur schwer auszuhalten und zu ertragen sind. Da ist es     von Seiten der Eltern richtig und wichtig ist, Grenzen zu setzen und notwendigen Auseinandersetzungen auch nicht aus dem Weg zu gehen. Weil Jugendliche und übrigens Erwachsene ja auch an den Auseinandersetzungen wachsen und sich entwickeln können.  

Aber zurück zu unsrem Gleichnis

Das Verhalten des Sohnes ist damals so extrem, dass es ihn geradewegs in den Abgrund führt, sodass er schließlich vollkommen am Ende ist.

Mit sich selbst und seinem Leben. Mit seinem Glauben und mit seinem Gott, dem er sich auch entzogen und den er vergessen hat. Das ist es, was hier in unsrem Gleichnis mit der Sünde gegen den Vater und gegen den Himmel gemeint ist. Mit Sünde ist also nicht   das unmoralische Verhalten des Sohnes gemeint. Es geht nicht um Moral –nicht mal in diesem Gleichnis- denn Sünde ist auch hier etwas ganz anderes. Sünde ist die Abkehr von Gott. Die  Abkehr von seiner Liebe und Güte und seinem Gebot. Die Sünde des Sohnes ist   seine vollkommene Gottvergessenheit, die ihn letztendlich sogar dazu gebracht hat sich selbst zu gefährden und sich selbst zu verlieren.

Aber im tiefsten Tal und vielleicht sogar erst im tiefsten Tal seines Lebens kommt der Sohn zur Besinnung; merkt wie er lebt und was er hat oder vielmehr nicht hat und was er vermisst; erkennt und sieht wo er gelandet , wie weit und wie tief  er gesunken ist. Und das reut ihn. Das schmerzt ihn bitter. Und er erinnert sich an das Leben, das er früher gelebt und kennengelernt hat. Er denkt an seinen Vater und an seine Güte. Und er beschließt umzukehren, steht auf, kehrt um und geht zurück. Macht sich auf den Weg zu seinem Vater. Mit reuevollem , aber wohl auch  mit  bangem Herzen. Und legt sich schon zurecht, was er sagen will. Da aber passiert für ihn tatsächlich etwas ganz unerwartetes, ein Wunder.

Denn sein Vater rennt ihm, kaum, dass er ihn gesehen hat, voller Freude und mit offenen Armen entgegen; nimmt ihn in die Arme und drückt ihn an sein Herz, dass vor Freude und Glück geradezu überfließt. Und er feiert ein Fest der Freude darüber,   dass sein Sohn, der äußerlich und innerlich tot war, nicht nur am Leben blieb, sondern auch ins Leben zurückgekehrt ist.

Liebe Gemeinde, Jesus erzählt dieses Gleichnis, um ganz klar zu machen:

So liebevoll und großherzig, so voller Freude über einen Menschen, der zu ihm kommt oder zurückkehrt ist Gott.

Gott empfängt den Sohn und uns alle mit offenen Armen, ganz egal, was wir getan oder unterlassen haben,

Ganz egal wieviel Mist, wieviel Fehler, wieviel Furchtbares wir angerichtet und angestellt haben. Gott freut sich von Herzen, wenn wir, wie der Sohn unsere Fehler einsehen, wenn wir unsere Taten oder Unterlassungen bereuen. Wenn wir uns auf den Weg oder die Suche nach Gott machen und ihm suchend, fragend, zweifelnd, glaubend oder hoffend entgegen gehen. Denn Gott ist ja da und    wartet auf uns mit weiten und offenen Armen und einem Herz das warm und weit und offen ist.

In unserem Gleichnis ist es die große Freude eines großherzigen   Vaters, die alle Zweifel, Ängste und Befürchtungen des Sohnes zum Schmelzen bringt .

Hiermit wäre das Gleichnis eigentlich zu Ende.

Aber es hat noch ein Nachspiel, das mich jedes Mal aufhorchen lässt. Denn das große Fest des Vaters mit den kostbaren Geschenken und dem geschlachteten Kalb, ruft sofort den Unmut des ältesten Sohn hervor.  

Jahr um Jahr hat er seinem Vater gedient und alle Gebote gehalten. Jahr um Jahr hat er eifrig gearbeitet und sich gemüht. Und niemals hat sein Vater auch nur ein kleines Lamm für ihn geschlachtet. Das ist ungerecht – denkt der ältere Sohn und ehrlich gesagt, ich kann  das verstehen.  So etwas kennen viele Menschen ja auch. Das Gefühl ungerecht behandelt, benachteiligt oder zurückgesetzt zu werden. Das  Gefühl, dass die Schwester oder der Bruder mehr  Sachen , mehr Liebe, mehr Aufmerksamkeit bekommt. Das Gefühl  weniger zu bekommen und zurückgesetzt zu sein.

Ich empfinde es als besondere Stärke dieses Gleichnisses, dass der Vater dieses Gefühl ernst nimmt und dem älteren Sohn diese Empfindung auch nicht ausreden will.

Aber er zeigt ihm stattdessen etwas anderes auf. Die große persönliche Verbundenheit und Nähe, die ihn, den Vater und diesen Sohn schon lange verbindet. Was mein ist, ist dein. Das ist eine Gemeinschaft die alles Vorherige, Gegenwärtige und Folgende überdauert .Und ist sogar mehr als alles, was der heim gekommene Sohn nun bekommt und hat. Dieses  große, einmalige  Fest  der Freude über seine Auferstehung mitten im Leben zu neuem Leben. Das Fest der Freude, dass der verlorene Sohn wieder daheim , wieder lebendig ist. Das ist für den Vater Anlass genug nun ein Fest zu feiern und fröhlich und glücklich zu sein. Denn, so sagt der Vater,  dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Wie wunderbar, liebe Gemeinde, dass Gott sich so freut- wie Eltern, die ihre Kinder nach langen oder heftigen Irrwegen und furchtbaren Zeiten voller Glück in die Arme schließen.

 Mögen wir darauf vertrauen, dass Gott uns ganz genauso liebt, wie dieser gütige und liebevolle Vater seinen verlorenen und heimgekehrten Sohn; dass Gott tatsächlich nichts und niemanden verloren gibt. Sondern für uns alle immer wieder seine Arme weit öffnet.  

Amen

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum 2. Sonntag mach Trinitatis am 18. Juni 2023
von Propst Faehling

Liebe Gemeinde,

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Text

Die, die da sind, sind die Richtigen, hat mal jemand zu mir gesagt, als ich beklagte, wer alles nicht gekommen sei.
Also warn da bloß die Falschen eingeladen? Die mit den Ausreden? Die, auf die man sich nicht verlassen kann?

Das wäre mir zu schnell geurteilt, denn: Die Absagen sind doch eigentlich alle gut begründet.

Überhaupt werden biblische Geschichten ja schnell interpretiert, als gäbe es da eine Beschreibung der Richtigen und der Falschen. Und die Richtigen bekommen Gotteslob, währen die Falschen. getadelt werden.

Tatsächlich aber geht es nach meinem Dafürhalten um etwas anderes.

Schauen wir mal auf die Einladung, die da ausgesprochen wurde. Und die nach Ansicht des Einladenden wichtiger ist, als frisch erworbener Landbesitz, Tierbesitz oder frisch Verheiratetsein.

Es ist die Einladung zum sogenannten großen Abendmahl. Das ist eine absolut symbolisch zu verstehende Einladung. Das sogenannte große Abendmahl, das macht auch die biblische Vorgeschichte klar, ist ein Symbol für das, was Jesus Reich Gottes nennt.
Und Reich Gottes wiederum ist nach Jesu Auslegung die Gegenwart Gottes im Leben, und – das ist entscheidend wichtig – Gegenwart Gottes, und also Reich Gottes ist immer jetzt.

Reich Gottes, ein für mich wirklich sperriger Begriff – seit Studienzeiten.
Vielleicht kann ich mich dem annähern, indem ich versuche zu beschreiben: Reich Gottes, das ist ein Moment, in dem, mir das Leben ganz sinnvoll vorkommt, sehr lebendig, vielleicht friedlich, vielleicht gelassen, vielleicht behütet – gehalten, frei von Unhaltbarem. Reich Gottes ist ein sehr lebendiger Moment, vielleicht vergleichbar mit dieser berühmten Geschichte, wo jemand mit Gott zusammen am Strand spazierengeht. Als gäbe es eine ganz gute Verständigung mit dem Schöpfer des Lebens, der nicht aus alten Büchern zu mir spricht oder mich in fernster Zukunft erwartet, sondern der jetzt ganz nah, ganz sicher bei mir ist. Du und ich zwischen Gott und mir.
Reich Gottes, Sie spüren das vermutlich, ist ein sehr gefüllter Begriff. Ich brauche viele Worte, um ihn zu beschreiben.
In jedem Fall ist es ein ganz besonders guter Moment, so sieht jedenfalls Jesus das, wenn ein Mensch zum großen Abendmahl als Bild für das Reich Gottes eingeladen wird.

Und der Predigttext will für meine Ohren sagen: Der Moment ist so gut, dass wir ihm absolute Priorität einräumen sollten. Nicht später, wenn wir die anderen vermeintlich wichtigen Sachen erledigt haben, ist Zeit für das Reich Gottes, sondern jetzt, immer zuerst.

Und zwar, weil es ums Leben geht. Ich könnte diesen Bibeltext auch so übersetzen, dass da einer war, der zum Leben eingeladen hat, und dann kamen die Absagen, weil bevor einer leben wollte, wollte er erst einmal Land besichtigen und Vieh besichtigen und schöne Zeit mit seiner frisch verheirateten Frau verbringen.
Dinge tun, bevor … wir leben.
Mit anderen Worten: Ja, ja, gleich komme ich zum Leben, ich muss bloß vorher noch schnell ….

Die Absagen an die Einladung werden hier mit dem Ärger des Gastgebers verbunden. Ich glaube, es geht weniger um Ärger im beleidigten Sinn, als vielmehr um Verärgerung über die Nachlässigkeit der Eingeladenen.

Stellen Sie sich vor, Sie wollten jemand etwas sehr Schönes schenken. Dafür haben Sie den richtigen Moment abgepasst. Sie halten das Geschenk in der Hand, möglicherweise etwas, was Ihr Gegenüber schon lange haben will oder vielleicht wirklich braucht.
Aber eher wie nebenbei guckt der oder die gar nicht richtig hin, sondern sagt so etwas wie: Ja, ja, gleich, warte mal, einen Moment ….

Und angenommen, Sie sind nicht beleidigt, sondern vielleicht eher erschrocken, verwirrt, verärgert über die Nachlässigkeit des anderen, dann kommt das vielleicht dieser biblischen Situation nahe.
Ja, und vielleicht sagen Sie dann zu sich: Ok., dann nicht, dann bekommt mein Geschenk jemand anderes, der oder die das sicher auch sehr gut brauchen kann …

Mit anderen Worten: Ich denke, in dieser Geschichte geht es um das Setzen von Prioritäten.
Und Jesus scheint mir zu sagen: Meine Einladung hat höchste Prio.
Das meint er nicht ehrpusselig oder überheblich.
Sondern wie an anderen Stellen auch, geht es um Lebensmöglichkeiten.

Großes Abendmahl steht für Leben, für die Chance zum Neuanfang fürs Leben. Die Chance zum. Kraftschluss mit der Außenkraft.

Wer diese Einladung nicht annimmt, wird nicht von einem verletzten Gastgeber bestraft, sondern wenn überhaupt vom Leben. Wer diese Einladung nicht annimmt, ist wie in dem Spruch von dem, der zuletzt kommt …

Der Kirchentag, der am vergangenen Sonntag in Nürnberg zuendeging, hatte das Motto: Jetzt ist die Zeit. Das kann ich genau auf diese Geschichte auslegen.

Jetzt ist die Zeit, ja zum Leben zu sagen, Entscheidungen für das Leben zu treffen, genau und liebevoll hinzuschauen und die Einladung zu hören.

Und ich denke, dass wir das oft nicht tun – und ich nehme mich da mit hinein. Wie oft habe ich schon andere und mich selbst vertröstet; vor allem mich selbst, wo ich wusste, was eigentlich dran wäre:
Zur Entscheidung, zum hier und jetzt im Leben stehen, zum Bekenntnis der Wahrheit, der Meinung, des Standpunkts.
Vor allem aber zum Ja zur eigenen Erkenntnis und zum tun dessen, was ich weiß.

Ich will ein sehr persönliches Beispiel erzählen. Neulich erreichte mich zu einem maximal ungünstigen Zeitpunkt die Nachricht von einer sehr schwer erkrankten Freundin. Sie war wahrscheinlich gerade noch einmal mit dem Leben davongekommen. Ich war froh. Zumal ich gerade vor Arbeit nicht aus den Augen schauen konnte und dachte – sie wohnt so weit weg – wie soll ich da denn jetzt hinkommen; ich hab ja soviel zu tun.
Und dann hab ich mich über mich selbst erschrocken, denn ich hatte mich gerade für meinen Terminplan und gegen meine alte Freundin entschieden.
Wie die Geschichte weiterging, spielt hier keine so große Rolle.

Ich wollte von einem Beispiel erzählen, wie die Einladung zum Reich Gottes überdeckt sein kann von vermeintlich Wichtigem, das in Wirklichkeit zweitrangig ist.
Vielleicht kann ich es so sagen: Gegenüber dem Leben ist alles zweitrangig.
Und die Einladung zum großen Abendmahl, zum Reich Gottes ist genau das: Gottes Einladung zum Leben, und zwar immer genau jetzt.

Damit endet für mich die Predigt heute. Jede und jeder von uns entscheidet selbst, ob sie oder er die Einladung zum Reich Gottes annimmt.
In jedem Fall ist ihre Ablehnung nicht unmoralisch und nicht strafbewehrt, sondern geht einher damit, dass wir an der Stelle das Jetzt des Lebens verpassen.

Amen.


 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

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Gruß zum 1. Sonntag nach Trinitatis am 11.Juni 2023

von Pastorin Anke Pfeifer

 

Liebe Gemeinde,

neulich in einer Schulklasse. Die Kinder hatten über Gott nachgedacht und geredet und viele kluge Bilder und Vergleiche gehört und kennengelernt. Gott ist wie ein guter Hirte, wie eine feste Burg, eine Hand, die uns hält, ein guter Vater.

Und dann hatten die Kinder Gott gemalt. Ganz egal, was sie vorher gedacht und gesagt hatten-heraus kam ein Bild, dass wohl seit Jahrhunderten die kindliche Vorstellung von Gott prägt: Gott- ein alter Mann mit einem langen Bart auf einem Thron hoch oben über einer Wolke.

Eine kindliche Vorstellung von Gott –wahrscheinlich unausrottbar, trotz des Gebots: Du sollst dir kein Bildnis machen, einfach da.

Umso wichtiger ist das Gebot- weil es uns darauf hinweist, dass alle unsere Vorstellungen von Gott immer menschlich sind. Kaum mehr als der stammelnde Versuch den, der höher, größer und tiefer ist, als alles menschliche Denken und Verstehen begreift, zu beschreiben. In Wahrheit sind das  schon in der Bibel immer menschliche Bilder und Versuche Gott aus den Erfahrungen des Glaubens heraus zu beschreiben, als den, der uns tröstet und trägt, der uns hilft, Mut macht und Kraft gibt, zurecht weist und zurechtbringt, uns   ermahnt und ermutigt. Und doch –ist es gut , dass wir uns klar machen, dass all diese  Vorstellungen und Bilder   vorläufig und lediglich Bruchstücke sind, menschliche Gedanken und Glaubensaussagen, die allenfalls einen Zipfel dessen beschreiben ,was Gott wohl wirklich ausmacht und ist. In manchen biblischen Geschichten geht es deshalb vor allem darum, die Unbegreiflichkeit Gottes zum Ausdruck zu bringen. Gott , der im brennenden Dornbusch gegenwärtig und doch nicht erkennbar ist. Gott der sagt: Ich bin der ich bin und damit mehr verhüllt als offenbart.

Gott sei Dank haben wir Christen ja Jesus Christus, von dem wir glauben , dass Gott ihn zu uns gesandt hat , damit er uns in seiner Person alles sagt und zeigt , was wir von Gott glauben    und erkennen sollen. In dem Gott tatsächlich so sehr da, nah und gegenwärtig war, dass seither die Liebe Gottes zu allen Menschen klar und offenbar ist und auf der Hand liegt.

Um diese schier unendliche und tiefe Liebe Gottes geht es auch in dem Text, den wir vorhin gehört haben. In dem der Verfasser zusammenfasst, was für Ihn Inbegriff, Essenz, und Kernbotschaft Jesu Christi ist. Wenn er über Gott sagt:

Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.  

Ein wunderbares Wort, eines in das ich mich am Liebsten    Einhüllen und hineinfallen lassen möchte; weil es das Gefühl vermittelt, von Gott und seiner Liebe umgeben, umhüllt und   getragen zu sein und das Gefühl gibt: Alles ist gut. Ein Gefühl das, finde ich, besonders gut tut in einer Zeit,  wo Unrecht und Leid, Krieg und Zerstörung zum Himmel schreien und wir fassungslos vor Entsetzen mitansehen müssen , dass Menschen tatsächlich wissentlich unzählige andere Menschen mit Wassermassen überfluten.

Und dann dieser Satz: Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

Das ist ja das Gegenbild, der echte Gegenentwurf zu allem Bösen, allem Schlimmen und allem Schaden den Menschen überall und immer wieder anrichten.

Und vielleicht ist es heute darum sogar umso wichtiger, diesen   Gegenentwurf der Liebe heraus zu stellen und sich bewusst zu machen. Gott ist die Liebe und wer in der Lieb bleibt der bleibt in Gott und Gott in ihm. Wir brauchen die Liebe Gottes,   mit der er in uns und unter uns wirkt und an uns handelt, vielleicht mehr denn je.

Oasen, wie diese an diesem herrlich sonnigen Morgen am Ufer des Sees ,um die Schöpferkraft Gottes auch im Blick auf seine Liebe  wieder stärker zu spüren. Und dann auch zu erfahren, dass im Vertrauen  auf Gott immer noch so viel Liebe , so viel lebens- und liebeswertes Leben für Menschen in dieser Welt möglich ist. Trotz aller Lebenszerstörung, die Menschen anrichten. Denn Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

In der Liebe bleiben und leben; mit Liebe, in Liebe verbunden sein. Das wünsche ich mir. In meiner Familie, mit meinen Kindern. In meinen Beziehungen mit Freundinnen und Freunden, hier in unserer Kirchengemeinde und in der Gesellschaft. Es muss ja nicht immer die romantische, junge Liebe sein, die das Herz vor Freude hüpfen lässt und wo man gar nicht genug voneinander bekommen kann. Die Erfahrung von Eltern, denen das Herz ganz warm wird und weit beim Anblick ihres Kindes. Die tiefe Verbundenheit einer alten Liebe, die über die Jahrzehnte hinweg durch alle Wechselfälle des Lebens hindurch entstanden ist. Die Liebe hat ja ganz viele unterschiedliche Facetten und Gesichter.

Liebe ist manchmal ein wunderbares, geradezu himmlisches Glücksgefühl-und manchmal das Gegenteil. Nämlich auch die Erfahrung und das Aushalten von Leid. Am Bett eines kranken, geliebten Menschen zu sitzen und nicht helfen zu können. Das ist schwer.

Denn dann bedeutet lieben auch leiden und das Leid eines lieben Menschen mit  aushalten und mit ertragen zu müssen.  Zusammensein, beieinander bleiben und zusammenhalten –gerade dann, wenn alles so schwer ist. Oder wenn andere Sorgen um die  Arbeit, um das Auskommen und die eigene Existenz uns drücken.

Und doch – in unsrem Inneren sehnen wir uns ja gerade nach dieser kostbaren und tiefen Liebe, von der Paulus sagt: Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles. Sie duldet   alles. Sie sucht nicht dass ihre, sie rechnet das Böse nicht zu

Als Menschen sehnen wir uns nach solcher Liebe, die alles mit uns aushält, sogar uns selbst aushält und erträgt –mit unseren liebevollen und schönen Eigenschaften, aber auch mit unseren Macken, Fehlern und Irrtümern. Mit dem, was nicht nur uns selbst , sondern manchmal auch anderen , besonders unseren  liebsten Menschen zu schaffen macht.

Jesus Christus hat gezeigt, dass die Liebe Gottes zu uns tatsächlich so groß, so tief und so unerschütterlich ist, dass sie all das aushält und erträgt. Ohne allerdings das, was bei uns quer und verkehrt läuft auch gut zu heißen .Gott und das merken wir wahrscheinlich  am ehesten in unseren Gewissensbissen, stellt sich uns auch in den Weg. Wenn wir innerlich zu Ruhe kommen und über das, was wir Tun oder Unterlassen nachdenken oder das dann auch im Gebet vor Gott bringen. Wenn wir uns die Zeit und die innere Ruhe und Muße nehmen, an Jesus Christus Maß zu nehmen für unser eigenes Fühlen, Denken, Handeln und Tun.

Dann merken wir meistens auch, wo und wie sehr wir daneben tappen. Wie sehr wir persönlich auf Liebe und Vergebung angewiesen sind. Durch Gott und durch unsere Mitmenschen , denen wir tatsächlich manches zumuten und denen wir Mühe machen, auch wenn wir das gar nicht wollen.          

In der Ehe und Partnerschaft, in der Familie, unter Freunden und Nachbarn, am Arbeitsplatz und auch in der Kirchengemeinde, immer und überall und auch immer wieder sind wir auf Vergebung, auf Großherzigkeit und Großzügigkeit angewiesen. Dass Vergangenes nicht unbedingt vergessen, aber vergeben ist. Damit wir nochmal neu aufeinander zugehen können. Oder den anderen auch mal aus der Perspektive Gottes betrachten. Als manchmal anstrengenden und furchtbar nervenden, widerborstigen und chaotischen Menschen, der aber immer noch und immer wieder gute und liebenswerte Seiten, Gaben und Fähigkeiten, Eigenarten und Eigenschaften hat. Auch, wenn manche uns manchmal an den Rand der Verzweiflung bringen. Eltern heranwachsender   Söhne und Töchter kennen das. Und Kinder  furchtbar anstrengender und Nerv tötender Eltern kennen das auch. Gut , wenn wir es bei aller Anstrengung miteinander aushalten. Und immer wieder miteinander versuchen. Einander offen und ehrlich die Meinung sagen, auch miteinander streiten und Dampf ablassen, dann aber trotzdem aneinander festhalten und wieder aufeinander zugehen.

Jesus hat übrigens nirgendwo und niemals gesagt, dass Lieben einfach ist.

Dass Liebe einfach zu haben ist. Manchmal ist Liebe himmelhochjauchzend und dann auch wieder zu Tode betrübt. Lieben bedeutet auch Durststrecken der Liebe auszuhalten durchzustehen, um sie dann auch, wo das möglich ist, mit Gottes Hilfe wieder zu überwinden. In dem Vertrauen , dass Gott darin und dabei an unserer Seite ist. Dass ich Gott aber auch immer wieder um Liebe –um die Erfahrungen und auch das Empfinden und Fühlen der Liebe bitten kann und bitten darf. Dass Gott mir die Liebe, die Geduld und die Kraft, die ich für das Durchhalten der Liebe brauche, ins Herz legen will und auch ins Herz legt,

Dass ich selber das erfahren und spüren kann, was unser Predigttext sagt: Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott uns Gott in ihm.

Und wer sich in Gottes Liebe geborgen weiß oder zumindest eine  Ahnung von Gott und seiner unendliche Liebe in sich trägt, der hat dann vielleicht auch die Hoffnung und Zuversicht  der Kraft der Liebe zu vertrauen. Selbst wenn unsere Liebe manchmal verborgen oder verschüttet oder kaum noch zu spüren ist.

Und wir den Funken der Liebe erst mühsam wieder ausgraben müssen, um ihn zu fühlen .Um ihn dann aber auch wieder groß werden und wachsen zu lassen.

Weil wir unsere Liebe ja auch hegen und pflegen können und müssen, wie eine kostbare Pflanze damit sie bleibt, wächst und gedeiht.

Die Kinder eben auch mal zu Oma und Opa schicken oder einen Babysitter besorgen , am besten mit schöner  Regelmäßigkeit , damit Mann und Frau auch mal wieder Zeit nur für sich selbst und einander haben.

Oder ganz anders und sich am besten wiederkehrend zu einer bestimmten Zeit des Tages mal wieder zu fragen, wofür ich tatsächlich dankbar bin. Auch einem anderen Menschen. Sich wirklich bewusst zu machen, was im Miteinander gut ist und schön, was wertvoll und kostbar ist, um das im Wahnsinn oder Chaos des Alltags nicht aus dem Blick zu verlieren. Sondern wirklich  mal ganz bewusst das Positive, das Gelungene und Schöne   wahrzunehmen und wertzuschätzen. Wie eine kostbare Pflanze ausgraben und so auch zu merken, dass der Funke der Liebe wieder spürbar ist. Darauf vertrauen, dass die Liebe vielleicht manchmal verschüttet und verborgen ist, das wir sie mit Gottes Hilfe aber auch wiederbeleben und wachsen lassen können. Sodass die Liebe dann auch die Kraft hat, unsere Herzen zu wärmen.     

Gott ist die Liebe und wer in der Liebe beliebt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

Lasst uns heute Morgen die Liebe Gottes und die Kraft seiner Liebe ganz bewusst feiern und allen liebes- und lebensfeindlichen Strömungen entgegensetzen.    

Lasst uns an der Natur und an dieser Oase hier unten am See   von Herzen freuen und auch sie als kostbares Geschenk eines liebevollen Gottes begreifen.

Und nicht vergessen: Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der beliebt in Gott und Gott in ihm.

Möge dieses Vertrauen auf Gottes Liebe in uns wirken und spürbar sein.

Amen

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum Sonntag Trinitatis am 04. Juni 2023
von Pastorin Anke Pfeifer

Liebe Gemeinde,

heute feiern wir das Trinitatisfest. Während wir uns Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten an ein ganz konkretes Geschehnis erinnern, zum Beispiel die Geburt und Auferstehung Jesu, lässt sich zum heutigen Fest nicht so leicht eine Geschichte erzählen. Wir feiern eben, dass unser Gott so ist, wie er ist. Das Problem dabei: Wirklich begreifen, geschweige denn in Worte fassen, können wir das nicht. Es fängt schon damit an, dass es im Deutschen zwei Worte für die Trinität gibt:

„Dreifaltigkeit“ betont: Der eine Gott offenbart sich uns auf drei verschiedene Weisen. Als allmächtiger Ursprung aller Dinge, als Bruder an unserer Seite und als alles verbindende Geistkraft.

„Dreieinigkeit“ stellt heraus: Die drei Seinsweisen, Personen oder Erscheinungsformen Gottes sind eins: Ein Wesen, eine Substanz, ein Gott.

Das zu denken übersteigt meinen Horizont. Und doch kann es nicht anders sein, so fühle ich:  

einerseits: Gott ist einzig, untrennbar, allumfassend. Wir sind Geschöpfe eines allmächtigen Urgrundes, aus dem alles hervorgegangen ist – wunderbar gemacht in einer wunderbaren Welt, das ist wahr.

andererseits: Gott ist ohnmächtig, verwundeter Heiler. Gott ist auch und gerade dann, wenn das Verderben in diese wunderbare, zutiefst verwundbare Welt einbricht bei uns, ist ganz da, wo Leben mutwillig geschunden und zerstört wird. Gott selbst erleidet Gottverlassenheit, Schmerzen und Tod und überwindet sie so - für uns, das ist auch wahr.

Und zum dritten ist wahr: Gott wirkt in und an uns. Wir atmen, leben und lieben, weil Gottes Geist uns beseelt und verbindet – untereinander und mit unserem Ursprung und Ziel.

So paradox das klingt - Gott ist auch in sich schon das, was Leben ausmacht: Beziehung, liebevolles Miteinander, Gemeinschaft aus Teilen, die sich gegenseitig ergänzen, gerade in ihrer Widersprüchlichkeit. Das drückt schon Paulus in seinem Abschiedsgruß an die Gemeinde in Korinth aus, der unser Kanzelgruß geworden ist: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!“ (2. Kor 13,13)

Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes entstand aber erst ab dem dritten Jahrhundert, als man vor die Herausforderung gestellt war, das Unsagbare zu erklären und sich gegen falsche Lehren abzugrenzen. Manchmal sagen Bilder mehr als Worte: Dass Gott dreieinig ist, haben Christen im 6. Jahrhundert mit einem Knoten dargestellt, der ohne Anfang und Ende ist: Drei klar erkennbare Bereiche, die doch untrennbar miteinander verbunden sind (s.o.)

Im Mittelalter stellte man die Trinität oft als Gnadenstuhl dar: Der um den Sohn trauernde Vater trägt mit am Leid seines Sohnes, stützt dessen Arme und präsentiert ihn uns, selbst fast hilflos wirkend. Der Geist kommt dazu, ganz nah, tröstend, heilend, lebensspendend. Leid und Glück allen Lebens sind präsent im dreieinigen Gott. Das Geheimnis der Trinität ist nicht nur eine unlösbare Denkaufgabe, sondern auch eine zutiefst einleuchtende Kraftquelle: Gott trägt alles in sich, was unser Leben ausmacht.

In der hebräischen Bibel ist natürlich erst recht noch nicht von der Dreieinigkeit die Rede und doch gibt es vieles, was wir heute als Hinweis darauf lesen: Bei der Schöpfung schwebt Gottes Geistkraft über den Urfluten. Abraham wird von drei Männern besucht, bevor sein Sohn Isaak geboren wird. Und dann ist da das Trishagion, das „Dreimalheilig“, das die Seraphen einander im Thronsaal Gottes zurufen. Der Prophet Jesaja beschreibt seine Vision davon so:

Ein hoher und erhabener Thron, auf dem er Gott selbst sitzen sieht, so gewaltig, dass allein der Saum des Gewandes den ganzen Jerusalemer Tempel ausfüllt. Geflügelte Gestalten, deren Stimmen donnern: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll!“

Wer Gott mit eigenen Augen sieht, muss sterben, heißt es. Es gibt diese Kluft zwischen uns und dem Heiligen, die uns mit Ehrfurcht und Schrecken erfüllt. Jesaja nennt sie Sünde. Im Deutschen kommt „Sünde“ von „Sund“. Menschen haben mutwillig die Verbindung zu Gott gekappt, einen Sund geschaffen, der sie von ihm trennt. Darum lässt das Heilige sie erschrecken.

Eins der geflügelten Wesen berührt Jesajas Lippen mit einer glühenden Kohle und macht ihn so rein und frei von Schuld und Sünde. Nun kann er Gottes Bote sein. Er ist auch mit Freuden bereit dazu und ruft: „Hier bin ich, sende mich!“ Das Heilige schreckt ihn nicht mehr.  (Jes 6,1-8)

Wir könnten deuten das „Dreimalheilig“ so deuten:

Heilig der allmächtige Schöpfer auf dem Thron in all seiner Herrlichkeit und erschreckenden Größe!

Heilig der Sohn, der für uns die Kohlen aus dem Feuer holt und den Sund zwischen uns und Gott schließt!

Heilig die Geistkraft Gottes, die uns ausrufen lässt: Hier bin ich, sende mich!“ 

Dann würde man uns wohl zu Recht vorwerfen, den hebräischen Text zu vereinnahmen. Was ich jedoch in dieser Geschichte erkenne: Jesaja gegenüber erweist sich Gott als von überwältigender, furchteiflößender Größe. Er überbrückt aber- dennoch oder gerade deshalb? - selbst die Kluft zwischen Mensch und Gott, damit Menschen Anteil haben können an seiner Herrlichkeit.

Auch der Wochenpsalm 113 preist die alles überbietende Herrlichkeit Gottes. Sie reicht soweit der Himmel ist.  Ja, Gott ist so hoch erhaben, dass er von oben auf den Himmel herabschaut. Und doch sieht er den Geringen im Staub und Schmutz. Gott richtet ihn auf, setzt ihn neben die Fürsten. Gott ermöglicht neues Leben und Freude darüber.

Mit Gott ist immer ein Neuanfang möglich, weil er sich wünscht, mit uns in Beziehung zu treten, so wie Gott selbst in sich schon Beziehung ist. In der Taufe werden wir durch ihn neu geboren aus Wasser und Gottes Geist (Joh 3, 5). Im Abendmahl dürfen wir den Frieden Gottes schmecken und fühlen und darauf antworten, indem wir ihm im Herzen singen und spielen (EG 328.2; Eph 5,19).

Gottesdienst ist Beziehungsgeschehen: So wie wir gerade sind dürfen wir Gott darin begegnen: Unsere Mutlosigkeit, Angst und Selbstzweifel dürfen hier sein, denn hier ist die Gnade Jesu Christi. / Unser Staunen und unsere Dankbarkeit für das Wunder des Lebens dürfen hier sein, denn hier ist die Liebe Gottes. /Unser Wunsch nach Nähe und Miteinander darf hier sein, denn hier ist die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. - Nicht als etwas, das wir selbst machen oder festhalten können, sondern wie ein Wind, den wir einmal brausen hören und dann wieder nicht.

Hier ist der Frieden, den wir schmecken und fühlen dürfen und die Freude darüber in unseren Gesang legen: „Heilig, Herr Gott Zebaoth, heilig, Herr der Himmelsheere! Starker Helfer in der Not, Himmel Erde Luft und Meere sind erfüllt von deinem Ruhm. Alles ist dein Eigentum!“ (EG 331,3)

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!                                                                        Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

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Gruß zum Sonntag Quasimodogeniti am 28.Mai 2023

von Pastor Lars Kroglowski

„An die frische Luft“

Liebe Gemeinde,

endlich geht es auch mit unseren Gottesdiensten wieder raus „an die frische Luft“. Schon viele Jahre feiern wir unseren traditionellen Pfingstgottesdienst im Park Sophienhof mit dem weiten Blick auf unsere schönen Rapsfelder. Und so zählt Pfingsten für mich zu den schönsten Festen des Jahres. Endlich geht es wieder raus – man kann sich durchpusten lassen – wieder aufatmen für die dunkleren Tage.

Pfingsten ist wie ein „Fitness Programm“ für den christlichen Glauben. Pfingsten zeigt uns, der christliche Glaube kann so sein wie ein frischer Windzug – ein gewaltiges Brausen – man wird durchgepustet – fühlt sich frei und getragen – neue Wege im Leben zeigen sich auf.

Als der Pfingsttag gekommen war, waren die Jünger alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind …

Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; … und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen wie der Geist ihnen gab auszusprechen. aus Apostelgeschichte 2

Vom himmlischen Brausen schreibt Lukas, der Verfasser der Apostelgeschichte, von dem Pfingstwunder. Wie ein frischer Windzug kommt Gottes Geist am Pfingsttag über die Jünger und dieser Geist bewirkt ein großes Sprachwunder. Petrus hält eine begeisternde Predigt, die zur Gründung der ersten Gemeinde führt. Alles läuft mit viel Bewegung ab – gleichsam von viel frischem Wind getrieben und getragen: Ein Brausen vom Himmel ertönt, Feuerzungen setzen sich auf die Jünger, Festpilger aus aller Welt hören die Jünger in ihrer Muttersprache predigen, die Menge ist begeistert und alle fragen: Wie können wir Anteil haben an dieser Begeisterung? Und daraufhin lassen sich dreitausend Menschen an diesem Tag taufen.

Was ist Pfingsten passiert? Was ist der Kern dieser Geschichte, die Lukas hier so begeistert / mit viel frischem Wind aufgeschrieben hat. Vermutlich ist es am Pfingsttag, dem jüdischen Erntefest, an dem viele Juden auch aus dem Ausland in Jerusalem sind, zu einem ersten öffentlichen Auftreten der neuen Christengruppe gekommen. Und gleich mit missionarischem Erfolg – vielleicht wurden nicht gerade dreitausend Menschen an diesem Tag getauft – mit dieser Zahl wollte Lukas der verfolgten Gemeinde seiner Zeit Mut machen – aber einige dürfen es schon gewesen sein.

Mit der Taufe ergreift uns Gottes frischer Wind. Er schenkt uns damals wie heute durch die Taufe einen Geist, der uns fit machen will – Lebensmut schenkt - in guten aber auch schweren Tagen einen hoffnungsvollen Blick auf das Leben zu behalten. Ein „Fitness Programm“ für unser Leben im Glauben.

Darum geht es Pfingsten damals wie heute. Gottes frischer Wind und sein Mut springt auf die Menschen über. Er gründet seine Kirche mit seinem Geist. Kirche entsteht nicht durch den Gründungsakt ihrer Mitglieder. Sie können sich nicht selbst mit frischer Luft versorgen – Kirche entsteht nicht durch das Engagement der Jünger. Es geschieht etwas, mit dem niemand rechnen konnte. Die Jünger und Anhänger (Männer und Frauen!) Jesu, die sich eben noch zurückgezogen und versteckt hatten, sie verlieren die Angst, gehen auf die Straße und erzählen davon, was es mit Jesus auf sich hat, mit seinem Tod und seiner Auferstehung. Mit dem Wehen des göttlichen Geistes – mit seiner frischen Luft fängt Gottes „Fitness Programm im Glauben“ an.

Frohe Pfingsten – wünscht Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum Sonntag Exaudi am 21. Mai 2023
von Pastorin Parra

Liebe Gemeinde,

Wir sind eingeladen, uns die Szenerie dieser Nacht vor mehr als 3000 Jahren vorzustellen:

Es ist dunkel im ganzen Heiligtum. Nur ein kleines Lämpchen brennt und wirft seinen flackernden Schein auf die Wände der Stiftshütte: Die Lampe Gottes, die der junge Tempeldiener Samuel am Abend entzündet hat; bis zum Morgengrauen wird sie brennen. Man hört ruhige Atemzüge von zwei Menschen, die das Heiligtum hüten:

Der eine ist der alte Eli, dessen Augenlicht schon schwindet. Vielleicht liegt er wach und grübelt über das Schreckliche, das seine Söhne getan haben. Sie haben das Vertrauen, das Menschen ihnen als Männern Gottes entgegenbrachten, ausgenutzt, haben Opfergaben gestohlen und Frauen missbraucht. Er grübelt vielleicht über diese Zeit, in der die Menschen Gott nicht mehr hören und er sich ihnen nicht offenbart. Oder er denkt an Samuel, den er in den Dienst am Tempel einführt. Wie unerfahren er doch noch ist und wie viel von ihm abhängt!

Der andere ist der junge Samuel. Er liegt im Allerheiligsten bei der Lade Gottes. Mitten im Schlaf hört er es rufen: „Samuel!“ „Siehe, hier bin ich“, antwortet er. Schnell steht er auf und geht zu Eli: „Hier bin ich. Du hast mich gerufen.“ „Nein, ich habe dich nicht gerufen, leg dich wieder schlafen.“ Eli hat gleich eine Ahnung, wer es eigentlich war, der Samuel gerufen hat. Schließlich hat Gott schon oft zu ihm gesprochen. Zumindest als Samuel zum zweiten Mal auftaucht: „Hier bin ich. Du hast mich gerufen“, ist Eli hellwach. Aber Samuel kennt Gott noch nicht und Gottes Wort wurde ihm noch nicht offenbart. Er ist jung und unerfahren. So kommt er auch beim dritten Mal nicht auf die Idee, dass die Stimme, die ihn ruft, Gottes Stimme sein könnte. Es braucht den geduldigen, erfahrenen Eli, der ihm den Rat gibt: „Geh wieder hin und lege dich schlafen; und wenn du gerufen wirst, so sprich: Rede, HERR, denn dein Knecht hört.“

Gott kommt zu ihm, steht bei ihm mitten im Allerheiligsten bei der Bundeslade, wo er damals Mose erschien. Gut, dass Samuel sich an die Worte Elis erinnert: „Rede, Herr, denn dein Knecht hört!“

Gott spricht zu ihm von der schweren Schuld der Söhne Elis und davon, dass Eli sie nicht aufgehalten hat. Spricht davon, dass all das durch nichts wieder gutzumachen ist. Samuel kann nicht mehr schlafen, aber er liegt bis zum Morgen, bis die Lampe Gottes erlischt. Was soll er seinem Lehrer Eli sagen? Wird der ihm glauben? Wird er böse werden und mit Eli schimpfen? Oder wird das zu viel sein für den alten, schwachen Mann?

Samuel steht auf und öffnet die Türen des Gotteshauses für die Sonne und die Besucher. Diesmal ist es wirklich Eli, der ruft: „Samuel, mein Sohn!“ Es klingt der Stolz aus seiner Stimme, dass Gott in dieser dunklen Zeit mit seinem Schüler geredet hat, aber auch die Sorge: Was hat Gott Samuel offenbart? Unbedingt will Eli alles wissen. Er kann spüren, wie Samuel herumdruckst und ihnen beiden die Schwere des Wortes ersparen will. So klingt seine Aufforderung schärfer als er es sich gewünscht hätte. Samuel erzählt ihm alles. Eli bleibt ruhig. Gott will es so. Sein Wille soll geschehen. (1. Sam 3)

Wir sind durch diese Geschichte auch eingeladen, über Szenen, die sich heute abspielen, nachzudenken:

Mir fallen die Missbrauchsskandale in der Kirche ein und wie viele Kirchenmänner untätig zugesehen haben. „Kein Missbrauch darf jemals mehr vertuscht werden, wie dies in der Vergangenheit üblich war“, so hat Papst Franziskus 2019 gesagt. 2022 gestand Robert Zollitsch, der bis 2014 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz war: „Ich habe mit meinem damaligen Verhalten und Handeln, Dokumentieren und Entscheiden gravierende Fehler gemacht und die Gefahren – auch von erneutem Missbrauch – verkannt. Das bereue ich von ganzem Herzen. Es tut mir aufrichtig leid.“

Am 21. April dieses Jahres gab er seine Orden und Auszeichnungen zurück und verzichtete auf das Privileg, in der Bischofsgruft des Freiburger Münsters beigesetzt zu werden. Ein Anfang ist gemacht. Wird sich etwas Grundlegendes ändern? Wann werden Mächtigen nicht mehr ihre Hände in Unschuld waschen, sondern Verantwortung übernehmen?

Ich denke an die Rede der jungen Greta Thunberg auf dem Klimagipfel 2019, die ihre Zuhörer mit harten Fakten zur drohenden Katastrophe konfrontierte und kein Blatt vor den Mund nahm. Nimmt man ihre Worte so ernst, wie der alte Eli die Worte Samuels ernstgenommen hat? Wann werden Alte den Jungen zuhören, erkennen, dass sie Recht haben und Konsequenzen ziehen statt auf ihrem Weg zu beharren?

Ich denke aber auch an die alten Menschen, die den 2. Weltkrieg mit seinen Schrecken erlebt haben und deren warnende Stimmen von den Kriegstreibern überhört werden. Wann werden die Jungen bereit sein, von der Erfahrung der Alten zu profitieren wie Samuel von Elis Rat? Wann werden sie einsehen, dass es manches zwischen Himmel und Erde gibt, das sie sich (noch) nicht vorstellen können?

O komm, du Geist der Wahrheit,
und kehre bei uns ein,
verbreite Licht und Klarheit,
verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig Feuer,
rühr Herz und Lippen an,
dass jeglicher getreuer
den Herrn bekennen kann. (EG 136,1)          So dichtete Philipp Spitta 1827.

Wie gut können wir auch heute einen Geist gebrauchen, der uns den Mut gibt, zu Fehlern zu stehen - wie Eli. 

Einen Geist, der hilft, unbequeme Wahrheiten zu sagen– wie Samuel.

Einen Geist, der uns hilft auf die Weisen und Erfahrenen zu hören und von ihnen zu lernen – wie Samuel.

Einen Geist, der uns erkennen lässt: Auch von Menschen, die Fehler gemacht haben, kann man lernen – oder gerade, denn man lernt ja bekanntlich aus Fehlern.

Einen Geist, der uns lehrt: Auch ein junger Trottel, der drei Anläufe braucht, kann etwas gehört haben, das den weisen Ohren verborgen blieb.

Wenn dieser Geist der Wahrheit bei uns Einzug hält, dann merken wir vielleicht, dass Gott uns schon seit langem geduldig ruft und können antworten: „Rede, Herr, ich höre dich!“ Dann merken wir vielleicht, dass nicht das Wort Gottes selten ist, sondern Menschen, die genau hinhören - und sei es zwischen den Zeilen dieser ziemlich unbekannten Geschichte, die in einer Nacht vor mehr als 3000 Jahren spielt und uns Beharrlichkeit und Demut, Zuhören und Umdenken lehrt.

Eine Woche noch bis zum Pfingstfest. Eine Woche, in der wir uns Zeit nehmen können genau hinzuhören, zwischen den Zeilen zu lesen und anderen zuzutrauen, dass sie uns zu Boten von Wort und Geist Gottes werden.

 

Lassen Sie sich begeistern!                            Ihre Pastorin Ute Parra

 

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Gruß zum Sonntag Rogate am 14. Mai 2023
von Propst Faehling

Liebe Gemeinde, Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Wie hieß es eben no0ch in Psalm 23 mit Coretta und Alexandra:
Gott zeigt mir den richtigen Weg … Aber manchmal habe ich Angst .. Dann weiß ich: Gott ist da, er hilft mir, er beschützt mich.

Ich erzähle Euch eine Geschichte:
Ein Junge, ungefähr acht Jahre alt, fällt beim Spielen in einen ziemlich tiefen Schacht, schmal, keine sechzig Zentimeter breit. Panik, Menschen, rennen hin und her. Alle rufen durcheinander, was jetzt getan werden muss. Welche kommen mit Leitern, Schaufeln und Stricken. Sie horchen in den Schacht, ob das Kind noch lebt. Einer will einen Bagger holen, um direkt neben dem Schacht einen Rettungsschacht zu graben.
Dann kommen die Eltern. Alle werden ganz still. Jeder sieht, wie der Vater sich über die Öffnung beugt. Im selben Augenblick ertönt aus dem Schacht ein herzzerreißender Schrei.
Das Kind lebt also noch. Aber weil der Vater sich über den Schacht gebeugt, ist es im Loch ganz dunkel geworden. Da ist das Kind in Panik geraten und hat geschrien. Der Vater versteht das und sagt: „Keine Angst. Wenn es dunkel wird, bin ich in deiner Nähe!“
Das versteht das Kind und wird ruhig. Und der Vater kann ein langes Seil zu ihm herunterlassen und der Junge hört, was der Vater zu ihm sagt. Er erklärt seinem Sohn, wie er das Seil unter seinen Achseln befestigen soll und dann beginnt er, behutsam, das Kind hochzuziehen. Wenig später ist der Junge gerettet!
Und keinen Augenblick hat er mehr Angst gehabt, auch nicht, wenn es noch einmal dunkel wurde im Schacht. Denn jedes Mal, wenn das passierte, dachte er an das, was sein Vater gesagt hatte: Wenn es dunkel wird, bin ich in deiner Nähe.

Gott zeigt mir den richtigen Weg … Aber manchmal habe ich Angst .. Dann weiß ich: Gott ist da, er hilft mir, er beschützt mich.

So passt die Geschichte zum Psalm und vielleicht ja auch zu Eurem Leben.
So kann das Leben sein, Ihr lieben Konfis. Wir gehen auf unseren Wegen. Wir stolpern, wir fallen, wir stürzen ab, es wird dunkel – symbolisch gesprochen. Und wenn wir dabei Angst bekommen, wird es noch schlimmer.
Und der Glaube der Christinnen und Christen sagt: Dann kann man glauben, dass Gott wie Vater und Mutter in der Nähe ist und kommt und hilft.

Dass es einen Gott gibt, merken wir nicht daran, dass immer alles gut geht. Sondern Gottes Nähe bemerken wir dann, dass jemand kommt, wenn es dunkel wird und uns sagt, wie wir aus dieser Situation wieder herauskommen können.

Ich kann mir vorstellen, dass Ihr selbst auch schon in solchen Situationen gewesen seid, die sich angefühlt haben, als würdet Ihr in einem Loch oder in einer Klemme sitzen.
Und kann es sein, dass Ihr dann auch erfahren habt, wie gut es war, dass jemand in Eurer Nähe war. Jemand, der sieht, wie Ihr gestolpert und gefallen seid, im symbolischen Sinn gesprochen. Vielleicht ist ein Plan schiefgelaufen. Vielleicht habt Ihr Streit mit einem wichtigen Menschen. Vielleicht habt Ihr Sehnsucht nach hellen und schönen Zeiten zusammen mit Menschen, die Euch wichtig sind.

Dann kann es gut sein, jemand zu haben, der Euch herauszieht, Euch zurechthilft, Euch beschützt. Menschen tun das immer wieder. Und Gott tut das auch, oft mit Hilfe von Menschen, durch gute Freunde, durch freundliche Fremde oder durch nahe und liebevolle Menschen hindurch, die zu Euch gehören.

Und dann kann es schon sein, dass es noch einen Moment dunkel bleibt. Aber Ihr dürft glauben, Gott ist nahe, Hilfe kommt. Und dann zieht Euch jemand hoch und raus, wie in der Geschichte den kleinen Jungen aus dem Loch.

Das ist es, was wir von Gott glauben dürfen. Deshalb nennen die Menschen ihn seit uralten Zeiten einen Hirten. Helfen, wie ein guter Hirte, das tut er auch heute noch für uns und auch für Euch.

Du wenn Ihr gleich konfirmiert werdet, dann sagt Ihr dabei ja auch „Ja“ zu diesem Hirten.

Ich glaube, das kann Euch ein ganzes Leben lang immer wieder helfen.

Amen.

 

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Gruß zum Sonntag Kantate am 07. Mai 2023
von Pastorin Parra

Liebe Gemeinde,

können Sie sich erinnern, ob Ihre Mutter oder Ihr Vater Ihnen früher ein Schlaflied vorgesungen hat? Schlaf, Kindchen, schlaf? Guten Abend, gute Nacht, mit Rosen bedacht? Ganz frühe Erinnerungen von Geborgensein sind das. „Du bist behütet!“ Das sagen nicht nur die Worte, sondern auch der Klang. Atem, Stimme, mit allen Sinnen spürbare Gegenwart des geliebten Menschen tragen hinüber in die Ruhe der Nacht.
Waren Sie schonmal im Stadion und haben mit Hunderten zusammen gesungen: „Keine andere Stadt, keine andere Liebe…“, „Hamburg, meine Perle“ oder  „Werder Bremen, lebenslang grün-weiß“.
Sind Sie mehr der Typ, der unter der Dusche laut singt: „I`m singin in the rain“, oder die mal leise eine Melodie vor sich hin summt beim einsamen Heimweg  in den nächtlichen dunklen Straßen, die in der Schulpause einem Ohrwurm aufbringt, in den die Freundinnen einstimmen oder der abends am Kamin den Messias von Händel mitschmettert?
Singen kann beruhigen, trösten, Gemeinschaft und Zusammenhalt stärken, Mut machen und vieles mehr.
Kantate – singt! - so ist der Name des heutigen Sonntags. „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!“ so heißt es im Psalm 98. Beim Singen spüren wir das Leben in all seinen Facetten. Es lohnt sich, dem Singen ein Loblied zu widmen. So haben es die Konfirmanden gemacht:


Singen
Verbindet uns
Macht einen stark
Begleitet in schweren Zeiten
Freude (Alissa)


Schwere Zeiten erlebte auch der erste König Israels, Saul. Er war zum König gesalbt worden und Gottes Geist hatte auf ihm gelegen. Alle hatten sich gefreut, dass sie unter seiner Herrschaft vereint waren. Aber dann verließ Gottes Geist Saul und mit ihm das Glück und der Erfolg. Heute würde man vielleicht sagen: Er hatte Depressionen. Nichts machte ihm mehr Freude. Er grübelte vor sich hin und war kein guter König mehr.
Es gab nur eins, das half: Musik. David spielte für Saul auf der Harfe und dieser atmete auf. Vielleicht stimmte er sogar in die Melodie mit ein (1. Sam 16,14-23).

Musik
Ein Klang
Schöne Melodien
Ein Lied vom Himmel
Herrlich (Sarah)

In unserer Gemeinde gibt es eine Menge Möglichkeiten, gemeinsam zu singen. Da ist neben dem Gottesdienst das Offene Singen, die Taizéandachten, der Kinder- und der Stadtkirchenchor. Auch im Posaunenchor spielt der gemeinsame Klang, das Atmen und Schwingen eine Rolle. Neulich, als zu Ostern der Posaunenchor vor der Kirche spielte, haben Leute spontan angefangen zu tanzen:

Singen
Spaß haben
Mit Posaune spielen
Im Posaunenchor gemeinsam musizieren
Musik (Jonte)

Auch im Konfirmandenunterricht bekommt eine ganz besondere Kraft, was man gemeinsam singt. Zum Lied „Lauda to si“ haben wir uns eigene Strophen ausgedacht. Alle zusammen haben wir Gott für das Schöne im Leben gelobt: für Familie, Freunde, Natur, Döner und Playstation. Wenn Sie es mal probieren wollen: Das Lied steht im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 515.

Zum Singen braucht es Luft. Atem, der in unsere Lungen strömt und unsere Stimmbänder zum Schwingen bringt. So ist Singen ein Ausdruck von Lebendigkeit. Manchmal hilft es mir auf langen Autotouren, den Kreislauf in Schwung zu halten, wenn ich einfach anfange, das zu singen, was mir gerade durch den Kopf geht. Das lässt sich medizinisch erklären: Das Blut wird mit Sauerstoff versorgt, Gehirn, Muskeln und Nerven angeregt. Zu Zeiten des Königs Saul wusste man noch nicht um diese Zusammenhänge, aber man benutzte dasselbe Wort für „Seele/Lebendigkeit“ und „Kehle“: Nefesch. „Lobe den Herrn meine Nefesch“, so hat wohl schon David gesungen und König Saul ist eingestimmt.

Über die Jahrtausende bis jetzt haben die Menschen Psalmen gesungen und darin alles, was sie fühlten und ersehnten, vor Gott gebracht. Wie das zu Davids Zeiten geklungen hat, wissen wir nicht, doch die mittelalterlichen Psalmtöne des Gregorianischen Gesangs werden seit über 1000 Jahren verwendet. In zwei Gruppen singt man sich die Verse im Wechsel zu. Einatmen – Singen – Ausatmen – Hören. Ein Rhythmus entsteht, der trägt. Ein bisschen wie im Anfangsteil unseres Gottesdienstes. Es gibt aber auch moderne Psalmvertonungen, mehrstimmige und solche, die man zur Gitarre am Lagerfeuer singen kann: „Lobe den Herrn, meine Seele, und seinen heiligen Namen. Was er dir Gutes getan hat, Seele, vergiss es nicht, Amen.“

Atem und Stimme haben ganz viel mit unserer Vitalität zu tun. Wer sich nicht wohl fühlt oder niedergeschlagen ist, dem versagt die Stimme. Wer aus voller Nefesch singt, gibt zu erkennen, was ihn oder sie im Leben trägt. Schön ist es, wenn man sich im aufeinander Hören und im gemeinsamen Singen darin verbunden wissen darf. Das war wohl auch der Zauber, mit dem David König Saul gesund machte, ihn an seiner Vitalität und seinem Gottvertrauen teilhaben ließ.
Leben funktioniert im Wechsel von Einatmen und Ausatmen bis einmal unsere Nefesch in dieser Welt ganz erlischt. So ist sein Gesang wie eine Blüte, die aufblüht und sich schließt bis sie einmal verwelkt. Anders ist es bei der Orgel. Wenn sie spielt muss der Luftstrom nicht abreißen. Darum ist der Klang der Orgel auch ein Symbol für das Unendliche. Ein bisschen simulieren können wir so etwas, wenn wir einen Kanon singen. Wenn wir dieselbe Melodie zeitversetzt singen entsteht ein Klangteppich, der nicht abreißt bis jemand das Zeichen dafür gibt. Gemeinsam sind wir mehr als die Summe aus allen einzelnen Individuen. Das können wir spüren, wenn es plötzlich funktioniert und klingt:

Einen gesegneten Sonntag „Kantate“!
Ihre Pastorin Ute Parra

 

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Gruß zum Sonntag Jubilate am 30. April 2023
von Pastorin Parra

Liebe Gemeinde,

„Wer nicht fragt, bleibt dumm“, so bekommen es schon die kleinen Kinder beigebracht. Diese Welt erschließt sich uns weil und wenn wir fragen. Weil wir damit nicht aufhören, auch wenn wir nicht immer klare Antworten bekommen.

Was Jesus seinen Freunden bei seinem Abschied erklären will, ist mit Worten nicht zu fassen. Und dennoch versucht er es: „Noch eine kleine Weile, dann werdet ihr mich nicht mehr sehen; und abermals eine kleine Weile, dann werdet ihr mich sehen.“

Gemurmel wird unter Jesu Freunden laut. Er blickt in ihre fragenden Gesichter. Abschiede kennen sie; manche sind endgültig: Ihre Gemeinschaft - so wie sie sie jetzt an diesem Abend zum letzten Mal erleben - geht zu Ende. Nie wieder werden sie so beisammensitzen, miteinander essen, reden, lachen und einander schweigend anblicken, um dem nachzuspüren, was sie nicht in Worte fassen können. Eine kleine Weile nur noch, dann werden sie Jesus nicht mehr sehen. Der Tod Jesu wird sie trennen; das haben sie verstanden, auch wenn sie sich so sehr wünschten, es wäre anders. Nichts ist ihrer Erfahrung nach so endgültig wie der Tod.

Warum sagt Jesus dann, dass sie ihn wieder sehen werden? Was meint er mit „Ich gehe zum Vater“? Was mit „eine kleine Weile“? Fragen über Fragen.

Jesus antwortet: „Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll zur Freude werden.“

Er spricht ihnen Mut zu, das Tal des Karfreitags durchzustehen. Noch verstehen sie es nicht, da nützt auch kein Fragen, denn was geschehen wird, sprengt ihre Vorstellungskraft. Der Tod soll nicht das Ende sein, sondern der Anfang etwas Neuem? Es wird nie mehr so wie es war, aber anders. Wie, das übersteigt alle Vorstellungskraft. (Joh 16,16-20)

Traurigkeit wird zu Freude; statt Weinen Lachen, statt Klage Lob und Osterjubel. So gerne würde Jesus seinen Freunden das begreiflich machen, würde ihnen die Zeit des Weinens und der Klage erleichtern, aber was geschehen wird, können sie erst im Nachhinein verstehen.

Wir blicken auf diese Worte und wissen um Ostern, um die Auferstehung. Haben sie gerade wieder gefeiert. Wissen wir?

„Euer Herz soll sich freuen und eure Freude soll niemand von euch nehmen“, so verspricht Jesus seinen Freunden.

Ist es denn so bis heute, dass uns niemand unsere Osterfreude nehmen kann?

Während ich diese Worte schreibe - genau an dieser Stelle - kommt mein Mann in mein Amtszimmer und fragt: „Warum hängt bei uns eigentlich immer noch der Osterschmuck? Das will doch keiner mehr sehen. Ostern ist vorbei!“  Die bunten Eier müssen aus den Zweigen genommen werden. Er hat ja Recht. Aber trotzdem bestehe ich darauf, was Jesus sagt: Ostern ist nie vorbei. „Eure Freude soll niemand von euch nehmen.“ Diese Zeit nach Ostern, die sogenannte „Österliche Freudenzeit“ ist mir wichtig. Ich brauche sie, um anzukommen und langsam zu verstehen, jedes Jahr wieder, jedes Jahr ein bisschen tiefer und doch nur tastend, fragend, so wie die Freunde Jesu. Ostern hat mit mir zu tun. Ostern ist immer noch.

Johann Heermann fand dafür 1630, mitten im 30-jährigen Krieg, in persönlichem und familiärem Leid die Worte:

Wenn ich des Nachts oft lieg in Not
verschlossen, gleich als wär ich tot,
lässt du mir früh die Gnadensonn
aufgehn: nach Trauern Freud und Wonn. Halleluja. (EG 111,2)

O Wunder groß, o starker Held!
Wo ist ein Feind, den er nicht fällt?
Kein Angststein liegt so schwer auf mir,
er wälzt ihn von des Herzens Tür. Halleluja. (EG 11,11)

Durch Generationen, durch die Jahrhunderte haben Menschen aus der Auferstehung Christi auch und gerade in schweren Zeiten ihres Lebens Kraft gezogen. Mehr als das - sie sind ins Jubeln gekommen: Halleluja! Gott verwandelt unser Leben.

 „Er verwandelt das Meer ins trockene Land“, so erinnert unser Wochenpsalm an die Befreiung der Israeliten aus Ägypten. „Sie gingen zu Fuß durch den Strom; dort wollen wir uns seiner freuen!“ (Ps 66,6) –

Unsere Freude soll niemand von uns nehmen wie die bunten Eier aus von den Zweigen. Sie darf bleiben.

Jesus benutzt ein Gleichnis um seinen Freunden im Vorhinein ein Gefühl dafür zu geben, was kommen wird: „Eine Frau, wenn sie gebiert, so hat sie Schmerzen, denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist.“           (Joh 16,21-23a)

Ich kann mich gut in das Bild einfühlen und erinnere mich, wie ich vor ziemlich genau 25 Jahren mit meinem Mann unseren Hochzeitstag gefeiert habe. Jeden Augenblick sollte es losgehen mit der Geburt unserer Tochter. Das letzte Mal Hochzeitstag als Paar ohne Kind - so manches würde bald anders werden. Ein bisschen wehmütig habe ich auf das geblickt, was nun unwiederbringlich vorbei gehen würde, ein wenig ängstlich auf das, was bevorstand: Würde die Geburt gut verlaufen? Würde ich eine gute Mutter werden?

Eine kleine Weile später machten wir uns auf ins Krankenhaus. Und wieder eine kleine Weile später hielt ich meine Tochter im Arm, dieses winzige riesengroße Wunderwerk. Ich hätte laut jubeln können:

“Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern!“ (Ps 66,5)

Nun ist sie groß, geht ihrer eigenen Wege, wird bald selbst Mutter. Das ist wieder ein Abschied, aus dem Neues erwächst. Neue Menschen treten in mein Leben, neue Erfahrungen werden möglich.

Was das Kirchenjahr angeht steht uns auch bald ein weiterer Abschied bevor: Himmelfahrt. Der Auferstandene geht zum Vater. Neue Fragen kommen auf: Was soll das heißen? Und wir bleiben allein zurück?

Zehn Tage später feiern wir Pfingsten. Ein Abschied macht Neuanfänge möglich. Der Geist Gottes wird ausgegossen auf alles, was lebt und hilft uns, mehr und mehr zu verstehen, wonach wir fragend tasten.

Bis wir Gott sehen von Angesicht zu Angesicht, selbst auferstanden. Dann braucht es keine Fragen mehr, denn dann werden wir erkennen wie wir erkannt sind (1. Kor 13,12).

Bleiben Sie osterfroh!                                    Ihre Pastorin Ute Parra

 

 

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Gruß zum Sonntag Miserikordias Domini am 23.April 2023
von Propst Erich Faehling

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Eigentlich ist doch alles klar, oder?

Ermahnung, dass die Herde Gottes gut behandelt werden soll, dass wir einander, aufeinander achten, die Pastorinnen, aber auch die Laien. Nicht gezwungen, sondern freiwillig der Verantwortung gerecht werden, nicht für Gewinn, sondern aus Herzensgrund, nicht herrschend, sondern vorbildhaft.

Daran ist nichts unverständlich oder schwierig, außer, dass es oft nicht passiert, weil eben doch gute Behandlung immer wieder Mangelware ist, doch Freiwilligkeit durch Zwang ersetzt werden muss, und weil doch der Gewinn den Herzensgrund immer wieder verdrängt.

Das ist auch in der Kirche so – leider.

Als Forderung bleibt es dennoch verständlich. Aber darüber zu predigen, könnte schnell belanglos werden, nach dem Motto, wissen wir alles schon, wissen auch, dass es oft nicht klappt.

Is´ halt so.

Das wiederum aber reicht mir nicht.

Da bleibt Regelungsbedarf, denn es geht um Wesentliches. Und davon finden wir etwas im letzten Satz des Predigttextes, der irgendwie heikel, altertümlich, schwer verständlich daherkommt und mit einem sperrigen Bild:

So werdet Ihr, wenn erscheinen wir der Erzhirte, die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen.

Oh Mann, was für eine Sprache. Erzhirte, unverwelkliche Krone, Herrlichkeit, empfangen.

Manche Konfis und inzwischen auch viele Erwachsene haben vermutlich solche Worte schon lange nicht mehr oder noch nie gehört, und selbst wenn, würden wir sie in unserer Alltagssprache nicht verwenden.

Frage also: Ist das noch biblisch wichtig, oder kann das weg?

Und Ja, es könnte vielleicht weg, wenn man nur die Worte anschauen würde; Erzhirte geht heute nicht mehr als Bild; und eine unverwelkliche Krone sagt allenfalls Historikern etwas.

Aber ich bleibe dennoch dran und will es als Anlass nehmen, etwas grundsätzliches zum Thema Bibelauslegung zu sagen.

Oft wird Bibel ja als etwas gesehen, aus dem man sozusagen einen Handlungsfaden ablesen kann. Und wenn dann Worte wie „Erzhirte“ auftauchen, reißt dieser Handlungsfaden. Wer sucht nach einem Erzhirten?

Wenn wir aber die Bibel als etwas verstehen, das eine Botschaft in sich trägt, eine, die manchmal auch wie versteckt oder verschlossen oder hinter Fassaden zu finden ist, und wenn wir diese Botschaft versuchen, zu übersetzen, wenn wir also die Bilder der Bibel ins Heute übertragen, sozusagen transformieren, wenn wir – das meine ich damit – versuchen, ihre innere Spannung, ihren Bedeutungsgehalt, ihre Kraft verständlich und nutzbar zu machen, dann geht von diesen alten Bildern unter Umständen eine Kraft aus, die auch heute noch tragfähig ist und hilft.

Erzhirte, es erinnert mich ein bisschen an Erzvater. Damit meint die Bibel Abraham, Isaak und Jakob. Worte mit Erz- davor sind in der Bibel Bilder, die von etwas erzählen wollen, das sehr stabil ist. Einfache menschliche Väter, wie wir sie kennen,  haben Fehler, verlassen ihre Kinder, tun ihnen zuweilen Unrecht an, haben Fehler, müssen ganz normalerwiese angegriffen werden, z.B. in der Pubertät.

Ein Erzvater hingegen steht als etwas Unverrückliches da. Das macht ein Umgehen schwer. Aber es bedeutet auch unverrücklichen Wert, z.B. unverrückliche Treue. Alle, die ein Erz- davor haben, sind sehr, sehr verlässlich, unzweifelhaft treu, man braucht keine Angst zu haben, verlassen oder verraten zu werden – das jedenfalls ist die Hoffnung.

Und zurück zu unserem Bibeltext von heute: So eben gilt auch der Erz-Hirte. Das Bild von Psalm 23, der Herr ist mein Hirte, es hilft so gut durch Krisen hindurch – viele von uns wissen das, haben damit eigene Erfahrungen.

Und zugleich erleben wir regelmäßig, dass dieses „dir wird nichts mangeln“ vom Leben nicht erfüllt wird. Leben ist trotz des guten Hirten schwer, mühsam, traurig. Und auch das Versprechen der Bewahrung im finsteren Tal verhindert die finsteren Täler nicht.

Der Erzhirte macht hier klar: Was auch an finsteren Tälern doch das Leben beeinträchtigen könnte, der Hirte, der Erz-Hirte verlässt uns wirklich nicht. Das Treue-Versprechen wird vertieft. Das Schwere im Leben wird realistisch in den Blick genommen und wir werden hindurch getröstet. Das Versprechen gilt, auch wenn das Leben dem zuweilen widerspricht.

Das bedeutet: Hirtenbilder werden hinterfragt, und das darf auch so sein. Und zugleich bedeutet der Begriff Erzhirte, dass Gott diese Hinterfragung übersteht.

Mit anderen Worten: Der Petrusbrief weiß um Zweifel und Anfechtungen und tröstet hindurch, indem er sagt: Das, was da im Alten Testament steht, ist wirklich war, Ihr dürft vertrauen.

Und mit diesem Vertrauen kommen wir zu dem noch schwerer erträglichen. Bild von der unverwelklichen Krone.

Klingt nach etwas, was nicht kaputt geht. Genauer betrachtet, würde ich es so übersetzen, dass ich sage, ja, kann natürlich angeknackst werden, wird sogar regelhaft angeknackst, aber hält am Ende dennoch, kann in die Jahre kommen, aber verliert die Bedeutung nicht, kann Zweifel wecken, aber übersteht diese.

Und dieses Überstehen ist die sogenannte Krone der Herrlichkeit. Kein Schmuckstück, als wäre da jemand wichtiger als andere. Sondern etwas Königliches für jede Frau und jeden Mann, weil Gottes Treue zu den Menschen einfach nicht aufhört.

Das ist für mich die in den alten Bildern versteckte Botschaft, übersetzt und transformiert ins Heute: Gott ist treu.

So werden wir also am Anfang des Textes ermahnt: Tut dies, lasst jenes.

Aber am Ende des Textes hören wir, wie Gott weit über alles Ermahnen hinaus selbst dafür Verantwortung übernimmt, dass wir gut hindurchfinden und hindurchkommen.

Transformation, Übersetzung, die alte Kraft in die heutige Zeit bringen, das ist es, was unsere Chance ist, wenn wir der Bibel und ihren Bildern so auf die Spur kommen.

Die Worte sind also das eine, die Botschaft dahinter immer das Eigentliche. Denn Worte verändern ihre Bedeutung über den Zeitablauf von 2000 Jahren, aber die Botschaft ist aktuell.

Wo landen wir nun am Ende dieser Predigt?

Für mich landen wir bei Ermahnungen, die alle sinnvoll und hilfreich sind. Die aber zugleich sinnlos und hilflos sind, wenn es bei den Ermahnungen bliebe. Dafür bräuchten wir keinen Gott, das könnte auch eine Moralapostel, eine Lehrkraft für Disziplin und korrektes Verhalten.

Für mich geht Gott weit über Moral hinaus: Weil er  immer beides im Blick hat: Unsere Verantwortung und seinen Beistand zum Gelingen, unsere Aufgaben und seine Kraft dazu, unser Leben und seine Liebe dazu, das macht, dass wir von einem erfahren, der zu unserem Tun sein Erfüllen hinzufügt.

Mit anderen Worten: Vielleicht würde Moral, der wir folgen uns zu guten Menschen machen, sehr vielleicht …

Gott aber bietet uns an, ein Leben zu gestalten, indem wir selbst, zusammen mit anderen für das Überleben Verantwortung haben, und mit zugleich immer auch möglichen Scheitern den Himmel im Blick behalten, was ein Wort dafür sein kann, zu vertrauen, dass es unter Gottes Gegenwart  einen Zustand des Gelingens auch dort geben kann, wo Menschenkraft, Menschenwille, Menschenklugheit alleine nicht reichen würden.

Am Ende sind wir immer wieder beim Leben.

Darum geht es für mich im Glauben.

Amen.

 

 

 

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Gruß zum Sonntag Quasimodogeniti am 16.April 2023

von Pastorin Ute Parra

 

Liebe Gemeinde,

am Sonntag „Quasimodogeniti“ (Wie die neu Geborenen) feiern wir die Auferstehung – aber nicht nur die Auferstehung Jesu, sondern auch unsere eigene. Wir erinnern uns daran, dass wir auf seinen Namen getauft sind. Früher tauchten die Menschen bei der Taufe unter bis rings um sie her keine Welt mehr war, sondern nur Wasser und sie sich fühlen konnten wie in den Fluten begraben. Wenn sie dann wieder auftauchten waren sie wie neu geboren. Darum feierte man oft statt des Geburtstages nun den Tauftag.

Martin Luther hat empfohlen, sich jeden Tag daran zu erinnern: „Ich bin getauft! Ich gehöre zu Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen.“ Jeden Tag, so sagt er, können wir neu beginnen: Befreit von aller Angst, auf dem falschen Weg zu sein, ja sogar von der Angst vor dem Tod. Jeden Tag können wir neu beginnen in der Gewissheit: Gott ist da. Sein Segen liegt auf uns. Sein guter Geist macht uns frei.

Die Taufe ist ein Ritual des Übergangs von einem Leben ins andere, neue. Darum passt die Geschichte von Jakob am Fluss Jabbok heute so gut:

Da steht er – an einer flachen Stelle im Flussbett – und ihm ist flau im Magen. Das liegt nicht nur daran, dass es mitten in der Nacht ist und er ganz allein. Vor allem hat er Angst vor dem, was der morgige Tag bringen wird, vor dem, was ihn auf der anderen Seite erwartet.

So lange ist er nun schon vor seinem Bruder weggelaufen. Esau ist der Ältere. Ihm hätte der Segen ihres Vaters zugestanden, aber Jakob hat ihn sich erschummelt, hat dem blinden Vater vorgetäuscht, er sei Esau. Natürlich ist sein Bruder stinkwütend geworden und Jakob musste zum Onkel in ein anderes Land fliehen. Aber es erging ihm gut dort. Elf Söhne hat er inzwischen und eine Tochter. Große Viehherden gehören ihm. Aber hat er das auch verdient? Gehören all diese Dinge nicht alles eigentlich seinem Bruder, dem er den Segen gestohlen hat? Morgen wird Jakob Esau treffen, sich entschuldigen und Esau eine große Viehherde schenken. Aber wird Esau nicht zu Recht weiter wütend sein?

Das Schlimmste ist: Jakob kann sich selbst nicht leiden. Er fühlt sich wie ein Betrüger. Wertlos. Alle anderen sind schon drüben: Die Knechte und Mägde, das Vieh, seine Familie, aber er steht da noch am Übergang. Jakob ringt mit sich, mit seiner Angst und seinen Zweifeln. Plötzlich ist da wirklich jemand, eine Gestalt, mit der er kämpft. Die ganze Nacht hindurch bis zum Morgengrauen dauert es. Schließlich merkt sein gegenüber, dass er Jakob nicht besiegen kann, will sich nun von ihm losmachen und verletzt ihn dabei an der Hüfte.

„Lass mich los, es wird Tag“, fordert der Fremde. „Ich lasse dich erst los, wenn du mich gesegnet hast“, entgegnet Jakob und sein Gegenüber fragt:  „Wie heißt du?“ –  „Jakob.“  –  „Von nun an sollst du nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel, ›Gotteskämpfer‹. Denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist Sieger geblieben.“ Der Fremde segnet Jakob/Israel, aber seinen Namen will er nicht verraten.

War der Fremde Gott selbst? Oder hat Jakob mit einem Engel gerungen, mit einem Menschen, oder gar mit sich selbst? Mit seiner Angst und seinen Schuldgefühlen? Auf jeden Fall hat er den Fluss durchschritten und ist gesegnet.  Dieser Segen ist nicht erschummelt, sondern ganz rechtmäßig erworben.

Die Sonne geht auf. Jakob/Israel durchschreitet den Fluss, hinkend wegen der Verletzung an seiner Hüfte und beschließt: „Penuel soll dieser Ort heißen – Angesicht Gottes – denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin am Leben geblieben!“ Am anderen Ufer geht er seinem Bruder Esau entgegen und der blickt ihn so freundlich an, dass es Jakob/Israel vorkommt, als sähe er schon wieder in Gottes Angesicht. (1. Mose 32,23-32)

Am Flussübergang ist in dieser Nacht mit Jakob etwas ganz Wunderbares geschehen. Es ist, als ob er sich verwandelt. Es ist wie bei einer Raupe, die sich verpuppt und schließlich als Schmetterling aus dem Kokon schlüpft. Wie mit dem Samenkorn, das in die dunkle Erde fällt und einen grünen Keim hervorbringt: Als ob der alte Jakob, der voll Angst und Sorge war sich in einen neuen Israel verwandelt – voll Freude, Mut und Zuversicht. Gott ermöglicht ihm ein neues Leben ohne Angst vor der Rache seines Bruders, ohne das Gefühl, ein Betrüger zu sein. Er selbst oder sein Engel begegnet Jakob am Übergang und hilft ihm, Angst und Sorgen zu überwinden, nennt ihn beim Namen, segnet ihn.

Die Geschichte von Jakob am Flussübergang ist alt, viel älter noch als die von der Auferstehung Jesu. Zu jeder Zeit hat Gott seine Menschen mit seinem Segen begleitet – gerade an den Übergängen, wenn wir unsicher sind, wie es weitergehen kann und soll, wenn etwas Altes stirbt und Neues beginnt. In Jesus Christus ist Gott selbst uns diesen Weg vorangegangen. Er hat uns die Taufe geschenkt – als sichtbares Zeichen, dass wir mit ihm Angst und Tod überwunden haben.

 

Wir singen heute im Gottesdienst gemeinsam „Du verwandelst meine Trauer in Freude; du verwandelst meine Ängste in Mut; du verwandelst meine Sorgen in Zuversicht. Guter Gott, du verwandelst mich!“ Dabei kommt der Taufengel von der Decke der Kleinen Kirche herab und bringt das Wasser für die Taufe und Tauferinnerung. Wir gehören zu Jesus Christus, sind neu geboren – verwandelt zu einer lebendigen Hoffnung. Wie Gott Christus von den Toten auferweckt hat, so will er auch uns neues Leben schenken.

Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

 

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum Ostersonntag am 09. April 2023
von Pastorin Pfeifer

Liebe österliche Festgemeinde,  

Christ ist erstanden von der Marter alle, des soll`n wir alle froh sein. Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

Wär ´er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen.
Seit, dass er erstanden ist, so loben wir den Vater Jesu Christ, Kyrieleis.

Mit diesem Lied haben wir die besondere Freude des Osterfestes zum Klingen gebracht .Christ ist erstanden!

Das ist der Grund, weshalb Christen heute in aller Welt zusammenkommen und Ostern feiern.

Die frohe Botschaft, dass Gottes Liebe stärker ist, als der Tod. Dass Jesus Christus wirklich gestorben war und begraben   wurde, dass er aber am dritten Tage auferstanden ist von den Toten und wieder lebendig geworden ist.   

Auch, wenn das höher ist, als unser menschliches Denken und Verstehen begreift. Auch, wenn das alles übersteigt, was Menschen fassen und begreifen können. Weil das etwas ist, das jenseits unserer menschlichen Erfahrungen und unserer Lebenserfahrung liegt. Denn niemand außer Christus allein ist   gestorben und wieder lebendig geworden und hat sich als Auferstandener der Welt gezeigt. Niemand, der uns sonst hier in dieser Welt von dem neuen Leben nach dem Tod erzählen könnte oder berichtet hat. Auch, wenn Menschen zu allen Zeiten immer wieder versucht haben dahinter zu kommen und sogenannte Nahtoderlebnisse unsere christliche Hoffnung auf ein  Leben nach dem Tod ein Stück weit bestärken. Trotzdem bleibt es dabei: Wir können hinter den Vorhang des Todes nicht schauen. Jedenfalls nicht in diesem Leben. Und beweisen können wir ein Leben nach dem Tod auch nicht.

Aber glauben dürfen wir das! Und davon hören, was Christen der ersten Stunde erzählen. Von dem, was ihnen widerfahren ist, wovon wir in der Epistellesung vorhin gehört haben.  

Die frohe Botschaft, dass Christus  gestorben und begraben wurde, dass er also  wirklich tot gewesen ist. Dass er dann aber auferweckt wurde und vielen Menschen erschienen ist: Den Frauen am Grab, danach Petrus und den zwölf Jüngern danach 500 Männern, dazu Frauen und Kindern und dann dem Jakobus und den Aposteln.

Alles Männer und Frauen, die Jesus von Nazareth zu Lebzeiten gekannt, begleitet, verehrt und geliebt haben.

Weil sie durch ihn die Liebe und Freundlichkeit Gottes erfahren haben, weil sie in seiner Nähe begriffen haben, dass Gott sie   liebt. Weil sie gespürt haben, dass er gekommen ist, um sie mit sich selbst und ihrem Leben zu versöhnen. Und ihrem Leben Sinn, Orientierung und Richtung zu geben.

Und dann an Karfreitag das:

Die Hinrichtung Jesu am Kreuz . Dieser furchtbare Tod, dieses schreckliche Ende  des Jesus aus Nazareth, mit dem scheinbar auch die Sache Jesu zu Ende war. Die tiefe Enttäuschung, dass mit diesem Tod scheinbar alles, was er verkündigt und verkörpert hat aus und vorbei und gestorben war. Sodass seine Freunde mit all ihrer Hoffnung, mit all ihrem Glauben und ihrem Vertrauen am Ende sind.

Aber dann das:   Eine Erfahrung, die so außergewöhnlich und wunderbar war, so geheimnisvoll bleibt bis auf den heutigen Tag, dass die ersten Christen das, was sie erlebt haben erst gar nicht begreifen und fassen können.

Da brauchte es schon die Deutung der Engel am Grab und   den Auferstandenen selbst, der seinen Jüngern auf dem Weg nach Emmaus und in Jerusalem begegnet, damit sie in seiner Person den Auferweckten erkennen. Jesus den Christus, der von den Toten auferweckt wurde und der sich ihnen durch vertraute  Zeichen und Gesten zu erkennen gibt. Sodass sie spüren, dass der Verstorbene wirklich da und ganz nah und lebendig ist.  

Ein absolut außergewöhnliches und unfassbares  Ereignis.

Eines, das  wir bis heute nicht fassen und manchmal auch nur schwer glauben können.

Die frohe Gewissheit , die schon die ersten Christen ergriffen hat ,dass die  Liebe Gottes die Kraft hat Elend und Not, sogar den Tod zu überwinden.

Dass auch  die  Botschaft von der Liebe Gottes, die Sache Jesu nicht totzukriegen ist, sondern weitergeht und weiter wirkt, weil Gott alles ,was Jesus gesagt und gemacht hat  durch die  Auferweckung Jesu nachträglich und postum legitimiert  und bestätigt. Jesu Botschaft von der schier unerschütterlichen Freundschaft und Liebe Gottes , die sogar im Tod noch Bestand hat ,die durch den Tod hindurch trägt und ihn überwindet, sodass es Sinn macht sich selbst in den schlimmsten Zeiten und schwersten Situationen auf Gott zu verlassen.

Liebe Gemeinde, die Christen der ersten Stunde sind Menschen, die Jesus schon zu Lebzeiten gekannt und begleitet haben.

Erst bei Paulus ist das anders. Auf dem Weg nach Damaskus, den er geht, um die Christen dort zu bekämpfen und zu vernichten, hat er ein außergewöhnliches Erlebnis. Eine Begegnung mit dem Auferstandenen,  die ihm unmittelbar einleuchtet und ihn ergreift und auch   die Kraft hat sein ganzes Leben, sein Denken, Fühlen, Glauben und Handeln   auf den Kopf zu stellen und zu verändern. Sodass er gar nicht anders kann, als fortan landauf, landab von dieser Erfahrung zu reden. Die Liebe Gottes in der Person Jesu Christi zu verkünden. Und alles zu tun, um den Menschen diese frohe Botschaft nahe zu bringen.  

Paulus ist durchdrungen von der tiefen Gewissheit, dass Jesus Christus lebt und sich Gott in ihm ein für alle mal zu erkennen gegeben hat, damit wir Menschen uns an der Liebe Gottes festhalten, aufrichten und orientieren können.

Damit wir die Hoffnung haben, dass Gott letztendlich alles in allem ist. Oder anders gesagt, dass wir immer und überall von seiner Liebe umfangen, gehalten und getragen sind in diesem Leben und darüber hinaus.

Dass Gott uns   durch alles Schwere und Schlimme hindurch begleitet und trägt. Und letztendlich dazu helfen will, alles Leid  und Unglück zu überwinden.

Eine Erfahrung, die Menschen tatsächlich bis heute machen.

Dass der Tod eines lieben Menschen zwar unendlich schmerzhaft ist und dass die Trauer Raum und Zeit braucht. Dass es dann aber doch langsam und allmählich gelingt,   mit dem Schmerz und der Trauer zu leben. Dass man ganz langsam lernt wieder auf und nach vorne zu sehen .Dass die Trauer sich langsam hebt und dass dann sogar wieder    schöne Momente und Augenblicke kommen. Dass die Freude am Leben allmählich wieder kommt und wir sogar wieder Freude und Lust am Leben habe.

Solche Erfahrungen, mitten im Leben wieder aufzustehen und aufzuleben, auch Neues zu wagen, gibt es viele.

Menschen erleben das, wenn eine Beziehung, auch eine Ehe am Ende ist. Wenn es manchmal gar nicht anders geht, als sich zu trennen, um ein noch längeres und schlimmeres Leid zu verhindern, um dann neu zu beginnen und dann allmählich   Tritt zu fassen. Aber häufig gelingt es auch, mit einer Beratung von außen, an sich selbst und der Beziehung zu arbeiten      und dann auch wieder eine gute Perspektive für das   Zusammenleben zu haben.

Und auch die schwierige Zeit der Pandemie haben wir anscheinend erstmal zum größten Teil überstanden, auch wenn manche Menschen schwer an den Folgen Ihrer Erkrankung zu tragen haben oder auch unter den Impffolgen leiden.

Und trotzdem :Ich bin immer noch erstaunt und  dankbar, wie schnell es gelungen ist Impfstoffe zu entwickeln, die dann auch massenweise hergestellt werden konnten, sodass Millionen von Menschen weltweit eine schlimme Erkrankung erspart geblieben ist .Und dass es gelang, dieser schweren Krankheit  wirkungsvoll entgegenzutreten.

Das lässt mich hoffen und macht mir Mut, dass es auch gelingen kann, für die anderen große Probleme Lösungen zu finden. Und so auch die bedrohliche und menschengemachte Klimaveränderung  doch noch zu stoppen und aufzuhalten.

So viel ist möglich und machbar, wenn jede und jeder von uns seinen Teil dazu beiträgt und tut, was er kann.

Und es ist erstaunlich, dass die Wissenschaft im Blick auf den Klimaschutz und die Umwelt auch schon viele gute und   großartige Ideen und Möglichkeiten erkannt und entwickelt hat.

Immer wieder gibt es   Hoffnung gegen den Augenschein und sogar ganz überraschende und positive Entwicklungen, die uns staunen lassen. So hätte ich niemals gedacht, dass die   Frauen im Iran so mutig sein könnten, sich  gegen die Unterdrückung zu wehren, auf die Straße zu gehen und als Zeichen des Protestes ihre Kopftücher zu verbrennen , obwohl das für sie selbst brandgefährlich ist. Sodass inzwischen eine regelrechte Bewegung entstanden ist, um die tyrannische Herrschaft zu stürzen. Und ich bewundere wirklich den Mut und die Entschlossenheit dieser Menschen, dieses hohe persönliche Risiko auf sich zu nehmen.

Und tatsächlich: Immer wieder gab und gibt es mitten   in den schlimmsten Zeiten und Verhältnissen diesen Aufstand der Menschen, für das Lebens und gegen den Tod. Gegen alles, was Leben vernichtet und zerstört.

Es gibt diese unbeirrbare Hoffnung, die lebendig ist und lebendig bleibt, sich für ein gutes und lebenswertes Leben in Frieden und Freiheit, in Freundschaft und Gerechtigkeit in dieser Welt eizusetzen.

An Ostern feiern wir diese Hoffnung auf neues, anderes Leben  in dieser Welt und nach dieser Welt.

Aber es ist nicht zu allererst die Hoffnung auf uns selbst, auf menschliche Einsicht, Erkenntnis und Stärke, auf menschliche Fähigkeiten, Liebe und Kraft.

An Ostern feiern wir die Hoffnung und Zuversicht, dass Gott

uns nicht nur in allem Schlimmen und schweren begleitet.

An Ostern feiern wir die Gewissheit, dass Gott uns immer wieder lebendig macht und ins Leben führt. Dass er an unsrer Seite ist und bleibt um uns immer wieder neues, anderes Leben zu eröffnen und zu ermöglichen.   

Und so können und dürfen wir mit Gottes Hilfe immer noch Hoffnung gegen den Augenschein haben.

Dass Frieden auch für die Menschen in der Ukraine möglich ist. Auch wenn es immer die Menschen sind, die diesen Weg dann auch gehen und beschreiten müssen.

An Ostern, liebe Gemeinde feiern wir unsere Hoffnung auf Gott.

Die Hoffnung und Zuversicht, dass Gott uns immer wieder ins Leben führt uns und sich auch daran freut, wenn wir Freude am Leben haben.

Wenn wir ganz persönlich mit dazu beitragen, dass das Leben anderer Menschen ein bisschen heller und froher wird.

Dass wir uns wieder freuen können an den kleinen, manchmal unscheinbaren Dingen, die unser Leben bunter   und schöner machen. Dass wir das strahlende Blau des Himmels wieder sehen oder das Blühen und Sprießen ringsherum .Dass wir uns freuen am Singen der Vögel oder an einer kleinen Melodie, die uns in den Sinn kommt und die uns beschwingt und beflügelt, ,an einer zufälligen Begegnung , einem fröhlichen Winken oder einem kleinen  Lächeln das wohl tut und fröhlich stimmt.

Gott sei Dank gibt es bis heute diese österlichen Erfahrungen !    Und die frohe Gewissheit  der Osterfreude, die wir eingangs gehört haben.

Denn Christ ist erstanden, von der Marter alle.

Des soll´ n wir alle froh sein Christ will unser Trost sein.

Kyrieleis. Wär´ er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen.

Seit, dass er erstanden ist, so loben wir den Vater Jesu Christ. Kyrieleis.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch allen frohe Ostern!

 

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

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Gruß zum Palmsonntag am 02.April 2023

von Pastor Christoph Pfeifer

 

Liebe Gemeinde,

der kommende Sonntag Palmarum, der Palmensonntag, hat sein ganz eigenes Gepräge. Viele verbinden damit die Erinnerung an Palmarum früher konfirmiert worden zu sein. Oder, was die wenigsten noch erinnern:  Palmarum 1942, ein bedrückender Moment, als in Lübeck in der Nacht vorher mehrere Kirchen von Bomben zerstört wurden. Und viele Konfirmationen gar nicht stattfinden konnten.

Der Palmensonntag ist eng verbunden mit der bekannten Geschichte von Jesu Einzug in Jerusalem. Wenn wir die letzten Stationen Jesu vor seiner Kreuzigung in der Kinderkirche behandeln, dann spielen die Kinder das besonders lebendig  nach, wie das Volk mit Palmenzweigen wedelt und alle Hosianna rufen. Ist doch klar, man jubelt lieber, statt zu trauern.

Palmensonntag, das ist aber zugleich auch der Moment, in dem die  anfängliche Jubelstimmung schnell umschlägt. Die die ihm heute Hosianna jubeln, rufen  morgen das „Kreuzige ihn!“

So nahe liegt beides nebeneinander. Die Erhöhung und das gefeiert sein als König auf der einen Seite und das erniedrigt werden, verspottet und verstoßen werden auf der anderen Seite. Fern von all diesem Lärm und all den Emotionen kurz vor dem Leidensweg Jesu wird uns an Palmarum ein kleiner Abschnitt aus einer der letzten Gebete Jesu vorgestellt, so wie es der Evangelist Johannes überliefert.

„So redete Jesus, und hob seine Augen auf zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist da: verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche;

Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.  Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.

Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt.

Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig [a] erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.“

Jesus betet zu Gott. Anders als im Garten Gethsemane scheint er das ganz bewusst vor allen seinen Jüngern zu tun. Er  nutzt  einen dieser letzten Momente, um mit seinem Vater Zwiesprache zu halten. So recht passt diese ruhige Gebetsstunde gar nicht zu dem lauten Jubel beim Einzug in Jerusalem. Vielleicht ist dieser Text für Palmarum ganz bewusst ausgewählt worden, um uns vorzubereiten auf die letzten Tage, die Stille Woche, die Karwoche.

„Vater, die Stunde ist da“ – so beginnt Jesus sein Gebet.

In dem Vers, der diesem Gebet vorausgeht, ging es noch um die Angst der Welt. „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ – Jesus  nimmt den Jüngern die Angst. Er wirbt für Vertrauen, seine Sendung richtig zu begreifen. Es sind eines seiner letzten Worte.

Die Stunde ist da. Es ist alles gesagt. Die Menschen konnten sich entscheiden, so wie es Johannes oft genug in seinem vierten Evangelium herausstellt: Wer wirklich glaubt, der erkennt Jesus in seiner wahren Bedeutung.

Und es ist besonders das vierte Evangelium nach Johannes, das die Kreuzigung Jesu nicht als Erniedrigung darstellt, sondern als eine Erhöhung. Am Kreuz, in seinem Sterben und Auferstehen wird Jesus erst am Ende seines Wirkens wirklich erkannt.

„Vater, die Stunde ist da, verherrliche deinen Sohn.“

Uns, die wir das Leiden und den Gekreuzigten schon so kurz vor Ostern vor Augen haben, fällt es schwer, das Kreuz als Verherrlichung zu verstehen.

Aber genau darauf richtet Jesus nach Johannes seinen Blick. Seid nicht verzweifelt darüber, dass mein Weg ans Kreuz führt, sondern glaubt an mich, der ich zugesagt habe: „Ich bin das Licht. Ich bin das Brot. Ich bin der Weg. Ich bin die Tür. Ich bin die Auferstehung, der gute Hirte, der wahre Weinstock „–

Bildworte, die eine Brücke schlagen sollen zwischen Erde und Himmel, zwischen Mensch und Gott.

Damit sie verstehen, sagt Jesus oft bei Johannes, „damit sie mich erkennen. Und den, der mich gesandt hat.“

„Vater, die Stunde ist da, dass ich verherrlicht werde“. Der Beginn dieses Gebetes schlägt schon den Bogen zu Jesu letzten Worten am Kreuz, wie wir sie am Karfreitag hören werden: „Es ist vollbracht.“

„Die Stunde ist da, dass ich von dir Vater verherrlicht werde.“ Das bedeutet zweierlei: zum einen: lasst nicht die Köpfe hängen unter meinem Kreuz. Ich muss diesen Weg gehen, um erhöht zu werden, verherrlicht zu werden bei Gott, meinem Vater. Das ist die eine Seite. Die andere: dieses „Vater, die Stunde ist da, dass ich verherrlicht werde“ ist so etwas wie der „point of no retourn“, auf Deutsch: es gibt jetzt kein zurück mehr.

Es ist eine ganz andere Stimmung als wir es aus den anderen Passionsgeschichten kennen: wo sich noch ein Petrus im Garten Gethsemane dazwischen wirft, wo Jesus noch bei der Ankündigung des Verrates beim letzten Mahl die Jünger bewusst anspricht: „einer von euch“: Vielleicht hätten sie untereinander das Schlimmste  noch verhindern können. Es ist ein ganz anderer Ton in diesem letzten Gebet bei Johannes, ganz anders als im Garten Gethsemane, wo Jesus noch betet: „Vater, lass wenn es möglich ist, diesen Kelch an mir vorüber gehen.“

Dieser „johannäische“ Jesus betet aus einem anderen Blickwinkel: „dass ich verherrlicht werde.“ Und Gott.

„Ich habe deinen Namen den Menschen, die du mir anvertraust,“ offenbart, so betet Jesus weiter,

„Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt.“

„Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.“

Man könnte auch sagen: Mission erfüllt. Aber Jesu Weg am Kreuz ist eben nicht dieses „Ende gut, alles gut“ -  sondern es bleibt der Widerspruch: Dort, wo der Leidensweg beginnt, das Ausgeliefert sein, die Schmerzen und am Ende der Tod, genau dort in dieser dunkelsten Stunde offenbart Gott seine Herrlichkeit durch Christus selbst.

Für uns bleibt dieses Rätsel, dieser Widerspruch. Darum eröffnet uns gerade der Christus nach Johannes einen anderen Blick auf das Kreuz: mitten im Leiden erhöht zu werden, verherrlicht als Sohn Gottes.

Der Widerspruch. Wie kann Gott seinen Sohn leiden lassen wird nicht aufgelöst. Es ist ein anderer Blick auf das Kreuz.

Ich vergleiche das immer gerne mit den verschiedenen Kreuzesdarstellungen in unseren Kirchen oft sehen wir einen gequältenden leidenden Christus vor uns. Das Kreuz im Bugenhagenhaus  kommt dem Christus nach Johannes schon deutlich näher. Erhöht als König, verherrlicht als Gottes Sohn der uns mit ausgebreiteten Armen segnet: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“

 

Amen

 

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Gruß zum Sonntag Judika am 26. März 2023
von Pastor Pfeifer

 

Liebe Gemeinde!

In diesen Wochen vor Ostern spielen wir in der Kinderkirche gerne die letzten Stationen Jesu nach, sein Leidensweg mit allen menschlichen Schwachstellen und Anfeindungen.

 Unter anderem auch die Szene, wie Jesus vor dem Hohen Rat steht. Der Predigttext dieses vorletzten Sonntags vor Ostern aus dem  Johannesevangelium gibt einen Einblick davon, was sich damals wohl hinter den Kulissen abgespielt hat. Jesus vor dem Hohen Rat. Die Stunde der Anklage und Verurteilung.

Ratlos sind die einen: Was sollen wir mit ihm tun? Wir sehen seine Zeichen. Seinen Einfluss. Seine Macht. In dieser Frage Was sollen wir mit ihm tun? verbirgt sich nicht nur Ratlosigkeit, sondern nackte Angst.

Angst vor dem Verlust der eigenen Macht. Das ist damals wie heute immer dasselbe.

Und die Oberen des Hohen Rates sind verunsichert.  Und denken sich: Alle werden hinter ihm herlaufen. Und wir wissen ja, wie die römische Besatzungsmacht dann reagiert. Die wollen keine Unruhe hier in der weit von Rom entfernten Provinz Judäa. Die kommen dann und nehmen uns das Land weg. Wir sind die Verantwortung los. Wir verlieren dann unsere Macht. Und das nur wegen dieses Jesus.

Ja, Menschen fürchten um ihre Macht. Das kennen wir. Überall geht es um Macht. In der Politik. In der Kirche. Wenn einer zu mächtig wird, dann haben immer andere sofort Angst um ihre eigene Position.

Warum bedroht sie dieser Jesus? Was hat er denn Schlimmes getan? Wir wissen, die Passionszeit beschreibt die letzten Tage Jesu vor seinem Tod. Immer wieder wird auch in den verschiedenen Texten Jesu Wirken und Wirkung beschrieben.

Der Evangelist Johannes tut dieses auf seine Weise. Johannes beschreibt die  Zeichen und Wunder Jesu.

 Zeichen. Zeichen wollen gedeutet werden. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten entlarven sich selbst. Sie haben die Zeichen Jesu  nicht verstanden. Jesu Wunderwirkung hat gerade in diesem vierten Evangelium immer etwas betont wunderbar, geheimnisvoll Zeichenhaftes.

Zeichen können so oder so gedeutet werden. Und oft führt gerade das, was Jesus tut zu Missverständnissen.

Warum ist das so? warum kann der Evangelist Johannes nicht so über Jesus berichten, dass er das, was er erzählt, so erzählt, dass es jeder versteht. Eindeutig. Klar. Ich denke gerade an die  Konfirmanden, die gerade kurz vor der Konfirmation noch oft die Gottesdienste besuchen.  So eine Sprache ist den Jugendlichen  noch doppelt fremd. Zeichenhafte Rede von Jesus. Geheimnisvoll. Sie sollen  doch gerade Gott, Jesus und seine Botschaft besser verstehen.

In einem hilft uns und vielleicht auch uns  diese Botschaft, wie der Evangelist Johannes Jesus beschreibt dann doch. Sie ist klar. Es gibt ein klares entweder oder. Jesus ist Licht, die Welt Finsternis. Du musst dich entscheiden, Glauben oder nicht. Ich verkürze jetzt einmal ganz bewusst.

So ist das auch mit Jesus Wundern, seinen Zeichen gewesen. In dem er das Brot vermehrt hat, hat er ein Zeichen gesetzt. Und die, die es miterlebt haben, mussten sich entscheiden, ob sie an ihn glauben, diesem Licht, wie Jesus einmal sagt, folgen oder nicht. Das klingt schroff. Aber die Wirkung blieb nicht aus. Viele haben sich für Jesus entschieden. Und das macht den Hohenpriestern Angst.  Was sollen wir tun? fragen sie.

Kaiphas, einer von ihnen, hält ihnen einen Spiegel vor: „Ihr habt nichts begriffen. Ihr versteht nichts.“

„Jesus muss sterben, weil es besser ist, dass einer stirbt, als dass das ganze Volk verdirbt.“

 

Eine merkwürdige Rolle, die Kaiphas, der Hohepriester hier spielt. Er, der eigentlich gegen Jesus ist, er deutet seinen Tod so, wie es schon die alten Propheten geweissagt haben.

Da heißt es schon in den alten Schriften, „es wird einer kommen, der wird das Volk retten. Aber er wird sein Leben dafür hingeben“.

Mit den Konfirmanden besuche ich gerne unsere katholische Christus Erlöser Kirche in Preetz.  der katholischen Kirche. Da ist auf dem Steinaltar ein Relief zu sehen. Wie eine Oblate mit einem Lamm darauf. Ein katholisches Gemeindeglied, das uns durch die Kirche geführt hat,  deutete das so: Das ist ein altes Zeichen für Jesus.  Jesus das Opferlamm. Jesus, der Sündenbock. So wie früher am großen Versöhnungstag, wo die Israeliten ihre ganze Schuld symbolisch in einer Opferhandlung auf den Sündenbock legten und ihn anschließend in die Wüste jagten. Jesus, der Sündenbock.

Oder wie Kaiphas sagt: Besser es stirbt einer, als dass das ganze Volk verdirbt.

Das kennen wir. Den Sündenbock – Mechanismus. Es gibt Stress in der Klasse. Pubertierende Jungs, Machtgerangel. Zickenalarm. Immer ist einer schnell gefunden, der für den Ärger verantwortlich gemacht wird. Das Omega Tier, wie es in der Sprache der Biologie heißt, der ganz unten in der Hackordnung steht.

Da schwingt noch etwas anderes mit. Das Radfahrersystem Nach oben buckeln, nach unten treten. Herr Lehrer, ich war es nicht, aber der Tobi, der hat sich letzte Stunde so merkwürdig verhalten, vielleicht hat der etwas damit zu tun. Gut das klappt auch nicht immer. Petze will ich auch nicht sein. Aber dieser Sündenbockmechanismus, der funktioniert.

Wie ist das denn mit Schuld? Die kann ich selber oft nur ganz schwer aushalten. Das was mit Jesus nach dem Plan des Hohen Rates passieren soll, klingt doch ganz einfach. Einer hält seinen Kopf hin für viele. Einer büßt für die anderen. Die sind dann fein raus.

So einfach ist es Gott sei Dank nicht gewesen. Natürlich ließ er sein Leben und hat die Schuld der anderen mit ans Kreuz getragen.

Aber immer, wenn wir uns daran erinnern, besonders im Abendmahl, dann geht das nicht ohne das Eingestehen der eigenen Schuld.

Wo habe ich gesündigt mit Gedanken, Worten und Werken?

Wenn die Konfirmanden mit ihrer Familie das Abendmahl feiern, dann wünsche ich ihnen und ihren  Familien diese Freiheit, das, was sie  belastet vor diesem großen Fest abzulegen. Dass Mama und Papa sich getrennt haben, das ist nicht deine Schuld, das ist nicht alleine Papas oder Mamas Schuld. Das ist ja oft für die Jugendlichen die Realität, dass sie ihre Welt zerrissen erleben.

Schuld erkennen, Schuld aushalten und sich Schuld vergeben lassen können.

Das konnte nur einer für uns tun: Jesus Christus. Der Hohe Rat beschließt, Jesus zu töten. Aber was auch Kaiphas nicht durchschaut hat: Er selbst ist mit seinen Worten Teil des Planes Gottes. Sicher schwer zu begreifen, Gott wollte, den Tod Jesu, er nimmt ihn in Kauf. Gott opfert aber auch zugleich damit ein Stück von sich selbst.

Dieser sperrige Gedanke des Kreuzes, dieses letzte Zeichen Jesu bleibt das Schwierigste.

Es gab im Bugenhagenhausin Preetz Süd vor 50  Jahren eine heftige Diskussion darüber, welches Kreuz wollen wir im Gottesdienst vor Augen haben. Eine moderne Kreuzversion hat sich durchgesetzt. Ich nenne es gerne . das  „johannäisches Kreuz“ .Jesus, der Erhöhte, Es ist vollbracht.

Der Erhöhte, der in der Tiefe unserer Menschlichkeit und Sünden war und sich jetzt nicht über uns erhebt, nicht von oben auf uns herabblickt, sondern der seine Arme ausbreitet und uns mit unserer Schwäche und Schuld segnet, ermutigt. Sein Tod bedeutet unsere Freiheit. Der Schwere der Schuld ist die Last genommen. Ein starkes Zeichen. Darum kann er sagen Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern er wird das Licht des Lebens haben.

 

Amen

 

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Gruß zum Sonntag Laetare am 19.März 2023

von Pastorin Yasmin Glatthor

 

Liebe Gemeinde,

Beim Spaziergang kommt sie am Kindergarten des Dorfes vorbei. Sie fühlt sich einsam und verlassen. Sie sieht die spielenden Kinder im Garten: Eins sitzt auf Schaukel und wird immer wieder von der Erzieherin angeschoben, damit es immer höher schaukeln sowie ein Gefühl vom Fliegen spüren kann und eins sitzt in der Sandkiste und spielt mit seinem Bagger. Freude, Fröhlichkeit und Unbeschwertheit kann sie über den Zaun hinweg spüren. Doch in ihr sieht es anders aus – eine große Sehnsucht füllt sie förmlich aus. Ob sie jemals ein eigenes Kind haben wird? Ein eigenes Kind? Ihr Kind? Für sie und ihren Partner ist es mitunter wie eine Zerreißprobe. Sie befinden sich schon eine lange Zeit mittendrin. Die Sehnsucht nach einem „Danach“, nach Zuversicht und einer Zukunft sind groß. Und neben ihr am Ast des Baumes gibt es eine Knospe, die ganz langsam zu blühen beginnt. Vorsichtig öffnen sich die noch geschlossenen Blätter. Ein rosa Farbkleks lässt sich erahnen. Und um sie herum sind Vögel, die zwitschern, die hoch und runter und hin und herfliegen, mit kleinen, dünnen Ästen oder Insekten im Mund. Und die Sonne lässt ihre Strahlen bis zur Erde scheinen, erwärmt sie und lässt so die ersten Frühlingsboten aufleuchten. Denn es geht weiter. Irgendwie.

Beim Spaziergang kommt er am See entlang, der am Dorfrand liegt. Er fühlt sich einsam und verlassen. Der Sandweg führt ihn direkt vorbei an der kleinen Bank aus Holz, die schon etwas abgenutzt ist und dadurch veraltet wirkt. Viele Herbst- und Wintertage musste diese Bank schon aushalten, einen Anstrich gab es schon lange nicht mehr. Oft war er mit seiner Frau hierhergekommen – gemeinsam – bis hierher hatte sie es immer geschafft zu gehen – zwar mit Anstrengung und zum Schluss mit seiner Hilfe, aber immerhin. Oft saßen sie hier, schauten über den See, beobachteten die Vögel, die sich hier treffen: Gänse, Enten, Fischreiher, Adler und viele mehr - ein Naturschauspiel. Doch heute ist er alleine hier. Ist alleine den Sandweg von seinem Haus am See entlang gegangen bis hierher, zur kleinen, abgenutzten Holzbank. Große Trauer und tiefe Sehnsucht erfüllen ihn. Einen Weg daraus, einen Weg nach vorne, sieht er im Moment nicht. Wie eingehüllt von Nebel, so fühlt sich alles für ihn an, wie eingehüllt von einer großen Nebeldecke. Und neben ihm am Ast des Baumes gibt es eine Knospe, die ganz langsam zu blühen beginnt. Vorsichtig öffnen sich die noch geschlossenen Blätter. Ein rosa Farbkleks lässt sich erahnen. Und um ihn herum sind Vögel, die zwitschern, die hoch und runter und hin und herfliegen, mit kleinen, dünnen Ästen oder Insekten im Mund. Und die Sonne lässt ihre Strahlen bis zur Erde scheinen, erwärmt sie und lässt so die ersten Frühlingsboten aufleuchten. Denn es geht weiter. Irgendwie.

„Es waren aber einige Griechen unter denen, die heraufgekommen waren, um anzubeten auf dem Fest. Die traten zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa war, und baten ihn und sprachen: Herr, wir wollen Jesus sehen. Philippus kommt und sagt es Andreas, und Andreas und Philippus sagen's Jesus. Jesus aber antwortete ihnen und sprach: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh 12,20-24)

Jesus nutzt das Bild vom Weizenkorn. Es muss zunächst in die Erde fallen und sterben, kann dann aber hundertfach Frucht bringen. Leben wächst durch Leid und Sterben hindurch. Gott weiß, dass er sterben muss, damit wir leben und glauben können – für uns. Damit aus Einem Viele, aus Einsamkeit Gemeinschaft und aus Trauer Trost werden kann. Das Sterben des Weizenkorns hat nichts Endgültiges. Der Schimmer von Ewigkeit strahlt bis in unsere Gegenwart. Ein Blick über alles hinweg in das „Danach“, so wie die Hoffnung auf neues Leben, die Ostern zur Vollendung gelangt und die Sehnsucht, die sich zu einem Träumen verwandeln kann, kann eine neue Perspektive schenken. An all das kann schon an diesem heutigen Sonntag gedacht werden: Mitten in der Passionszeit eröffnet sich ein Moment der Freude, der Vorfreude. Ein Sonntag an dem bereits der Ostergedanken anklingen kann. Ein Funken von dem Osterfeuer, der bereits jetzt zu sehen sein kann; ein Leuchtstreifen in die verhüllende Dunkelheit hinein; klein und vielleicht kaum zu spüren, aber ein Hauch von Hoffnung; eine Kostprobe davon, was es heißt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern dass wir im täglichen Leiden, im Sterben und über den Tod hinaus uns von Gott begleitet, getröstet und gehalten fühlen dürfen!

Denn es geht weiter. Irgendwie. Jeden Tag. Noch im Nebel verhüllt. Doch es geht weiter. Mit aller Überforderung, mit aller schwerer Krankheit, mit aller Ohnmacht. Es wird weitergehen im Leben wie im Tod. Weil Gott in Christus Mensch geworden ist und litt, während er Vögel zwitschern, Knospen aufsprießen und Bäume blühen sah. Amen.

Ihre und Eure Pastorin Yasmin Glatthor

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum Sonntag Okuli am 12. März 2023
von Pastorin Glatthor

 

Aus Zumutung wird Mut

Lena trägt ganz schön viel auf ihren Schultern. Was wird ihr nicht so alles im Leben zugemutet? Wenn sie darüber nachdenkt, fragt sie sich schon so manches Mal, wie sie die eine oder andere Situation meistern und überstehen konnte. Weitergehen, wenn der Weg nach vorne durch ein dunkles Tuch versperrt wird. Schritte wagen, wenn die Füße sich wie schwere Steine anfühlen, die sich nicht bewegen können. Ausweglose Momente hat sie erlebt. Steine, die ihr in den Weg gelegt worden sind und zu Herausforderungen wurden, standen ihr bevor. Zumutungen, die ihr im Leben gestellt wurden. Zumutungen, denen sie sich unweigerlich stellen musste. Trauer, Schmerz, Sehnsüchte.

In solchen Momenten im Leben braucht sie besonders viel Mut, weiterzumachen und Mut um neue Entscheidungen treffen zu können, dass sie alleine diese Entscheidungen treffen muss, ist abgesehen davon auch schon eine Zumutung.

Zumutung und Mut. Aufgeben. Weitermachen. Regen- und Sonnentage. Schöne Erlebnisse der puren Freude und des Glücks und ausweglose Situationen, die dunkel und schwer erscheinen. Oft bewegt sie sich in ihrem Leben zwischen den beiden Polen hin und her. Bringt sie den Mut auf sich ins Neue und Ungewisse zu stürzen oder sich über die Zumutung zu beschweren? Kann sie überhaupt eins von beiden? Hat sie die Kraft dazu?

Als Jesus einige Zeit vor der Feier des Pessach mit seinen Jüngern und Freunden auf dem Weg nach Jerusalem war, sprachen ihn einige an. Sie wollten ihm aus unterschiedlichen Beweggründen folgen. Jesus testete die Bereitschaft der Menschen. Etwas überspitzt und provokant lesen wir im Lukasevangelium davon: „Und als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wohin du gehst. Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege. Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe. Er aber sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes! Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Hause sind. Jesus aber sprach zu ihm: Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ (Lukas 9, 57-62)

Was eine Zumutung. Doch dadurch wurde die Gemeinde auch mit diesen Dingen direkt konfrontiert. Damit konfrontiert, sie auszuhalten, damit konfrontiert,
dahinter eine Hoffnung zu suchen, zu entdecken. Seine Worte, so sagt Jesus, die werden nicht vergehen. Es sind die Worte der Seligpreisung; die Worte, die er an Blinde, Lahme, Aussätzige richtete, an Zachäus und an die Ehebrecherin, die gesteinigt werden sollte. Worte, die nicht verurteilen und verdammen, sondern die aufrichten und das Leben neu oder anders zur Entfaltung bringen können. Sie können das Leben verwandeln. Jesus ist anspruchsvoll, im wahrsten Sinne des Wortes. Er spricht die Menschen an, aber er verlangt Offenheit und die innere Bereitschaft, sich zu verändern. Was eine Zumutung! Doch Jesu Worte waren immer Lebensworte. Worte für das Leben. Worte im Leben. Worte aus dem Leben herausgegriffen. Wenn uns sein Wort trifft, dann ist es immer ein Wort des Lebens, ein Wort der Liebe. Worte aus der Liebe herausgesprochen. Liebevoll, aber an dieser Stelle mit Bedacht: Liebevolle Worte, die zum Nachdenken anregen sollen. Liebevolle Worte, die Mut machen und Kraft schenken sollen sich dem zu stellen, was das Leben für Herausforderungen stellt. Zumutungen in unserem Leben, die alles in Frage stellen, stehen eher in einem Gegensatz zu liebevollen Worten und Momenten des puren Glücks. Doch Gott begleitet uns in beidem. Gott begegnet uns in beidem. Gott tröstet uns hindurch. Wenn wir soweit sind und es zulassen können, können wir es vielleicht spüren. Wir sind nicht alleine. Nicht in ausweglosen Momenten, nicht beim jubeln in Momenten der puren Freude.

Diese Gegensätze im Leben, die bleiben wohl erst einmal bestehen. Sie machen wohl unser Leben aus. Sie können oftmals nicht aufgehoben oder aufgebrochen werden. Manchmal sind sie auf ihre eigene Art und Weise zu stark und zu schwer. Und müssen ausgehalten werden. Getragen werden, für einen kurzen oder langen Moment. Und manchmal spürt man gerade dann, dass man getragen wird, nicht alleine gehen muss und manchmal gewinnt man gerade aus diesen Momenten neuen Mut. Entdeckt neue Kräfte in sich, entdeckt neue Möglichkeiten sich selbst zu bewegen, sich selbst zu etwas zu bewegen. Sich selbst zu ermutigen.

So betet Lena oft zu Gott: „Gott, leg mir die Hand auf die Schulter und stärke mich, einen Schritt weiter zu gehen, als mir möglich erschien. Lehre mich anzunehmen, was nicht zu ändern ist, und freizugeben, was ich loslassen muss. Schenk mir den Mut, aus dem Bild zu treten, das ich mir von mir selbst gemacht habe, aus dem Rahmen zu fallen, der mich begrenzt. Du stellst meine Füße auf weiten Raum. Nimm mir die Angst vor solcher Weite. Schenke mir Vertrauen, dass manche Wege unter den Füßen entstehen, wenn ich den ersten Schritt wage.“ (Tina Willms)

Jesus folgen, es ernst meinen. Vertrauen im Leben, im Hier und Jetzt. Bei großen Erschütterungen oder langen Zeiten des Zweifelns und der Ausweglosigkeit, wo es uns selbst vielleicht nicht möglich ist, gilt uns dennoch und besonders der Monatsspruch dieses Monats: „Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi.“ (Römer 8,35) Denn Gottes Liebe bleibt. „Mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen, auch Ströme schwemmen sie nicht hinfort.“ (Hoheslied). Vielleicht schenken sie uns Zuversicht. Vielleicht schenken sie uns einen Weg, die anderen kleinen Dinge, die kleinen Leucht-Momente sehen zu können, um uns mehr Richtung Mut bewegen. Schritt für Schritt.

So singen wir: „Schritte wagen im Vertrauen auf einen guten Weg“. Amen

 

 

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Gruß zum Sonntag Reminiszere am 05.März 2023

von Pastorin Ute Parra

 

Liebe Gemeinde,
voll Vertrauen wendet sich an Gott, wer Psalm 25 betet: „Nach Dir, Herr, verlangt mich. Mein Gott, ich hoffe auf Dich. Lass mich nicht zuschanden werden,…denn keiner wird zuschanden, der auf dich harrt.“  „Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich! Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.“
Was hat es auf sich mit diesem altertümlich anmutenden Wort „Harren“? Kann man nicht einfach sagen: Warten, Hoffen? – Man könnte wohl, aber das trifft es doch nicht ganz:

Ich warte z.B. auf die Bahn, vielleicht auch mal sehnsüchtig, wenn sie sich wieder verspätet und der Anschluss knapp ist. Insgesamt ist das aber ein eher passiver Zustand. Die Intensität meines Wartens hat keinen Einfluss darauf, wann die Bahn kommt und im Grunde macht es keinen Unterschied mehr, ob ich vorher lange gewartet habe, wenn es dann so weit ist und ich einsteige.

Mit dem Hoffen ist es vielleicht etwas anders. Es erfordert mehr emotionale Beteiligung.  Aber auch das Hoffen muss mich nicht ganz und gar mit Beschlag belegen. Ich kann von ganzem Herzen hoffen, dass etwas eintritt – z.B. dass sich mein Schwarm in mich verliebt oder ich ein Spiel gewinne – und kann aber gleichzeitig noch einen Plan B haben, für den Fall, dass das nicht klappt. Das Leben geht auch dann weiter.

„Harren“ aber bedeutet: Warten, Hoffen, Sehnen – mit jeder Faser meines Körpers und Geistes, den Blick immer erhoben auf das Ziel. Ausharren in diesem vorläufigen Zustand kann ich deshalb, weil ich darauf vertraue, dass kommt, worauf ich harre: Sinn und Bestimmung meines Daseins.
Keiner wird „zuschanden“, der auf Gott harrt, so heißt es in Psalm 25. „Zuschanden werden“ – noch so ein altes Wort, mit dem wir heute nicht mehr viel verbinden. Vielleicht würde man heute sagen: Die Integrität, die Menschenwürde, das Selbstwertgefühl verlieren – seelisch zerstört – ja getötet – werden.

Spannend ist, dass auch Paulus in der Epistel für den heutigen Sonntag Reminiscere vom „Ausharren“ und vom „nicht zu Schanden Werden“ schreibt:
„Wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Ausharren bringt, Ausharren aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden.“ (Röm 5,3b-4)

Er beschreibt gewissermaßen den Weg des Harrens: Das ist kein gemütlicher Spaziergang, sondern ein existenzieller Prozess: Vom Ausharren über die Bewährung und Hoffnung hin zum „Nicht-zuschanden-Werden“- Vielleicht könnte man auch sagen: zur Rettung, zum Leben.

Die Farbe des Harrens ist das Violett der Passionszeit, voll von Leidenschaft, und voll Bereitschaft zum Leid, wenn es sein muss. Ausharren in einer unwirtlichen Umgebung oder unbequemen Position können wir Menschen in sehnsüchtiger Erwartung dessen, ohne das wir nicht sein können. Zum Ausharren gehört auch das beständige Gebet: Gott fragen nach seiner Gegenwart in unserem Leben.

Wer den Psalm 25 betet, liegt Gott in den Ohren: „Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte…gedenke..meiner nach deiner Barmherzigkeit!“
Manchmal hören wir auf zu „harren“, wenn wir uns gemütlich einrichten in dieser Welt und scheinbar alles haben, was man sich nur wünschen kann. Dann bleibt vielleicht nur noch ein unklares Gefühl des Durstes nach mehr.

Dorothee Sölle beschreibt das in ihrem Gedicht „Über Auferstehung“ so:


Sie fragen mich nach der auferstehung
sicher sicher gehört hab ich davon
daß ein mensch dem tod nicht mehr entgegenrast
daß der tod hinter einem sein kann
weil vor einem die liebe ist
daß die angst hinter einem sein kann
die angst verlassen zu bleiben
weil man selber - gehört hab ich davon
so ganz wird daß nichts da ist
das fortgehen könnte für immer

Ach fragt nicht nach der auferstehung
ein märchen aus uralten zeiten
das kommt dir schnell aus dem sinn
ich höre denen zu
die mich austrocknen und kleinmachen
ich richte mich ein
auf die langsame gewöhnung ans totsein
in der geheizten wohnung
den großen stein vor der tür

Ach frag du mich nach der auferstehung
ach hör nicht auf mich zu fragen

Dorothee Sölle: über auferstehung
Aus: Dorothee Sölle, fliegen lernen. Gedichte, Berlin: Verlag Fietkau 1994

Passionszeit ist die Zeit des Fragens, Dürstens, Hoffens, Wartens, Sehnens – mit einem Wort: des Harrens - auf offenen Raum, auf Ganz- und Heilsein, auf Auferstehung. Wir wissen, dass wir nicht umsonst harren, denn, so formuliert es Paulus: „die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ (Röm 5,5b)

Wenn wir heute unsere neuen Bezirksausschüsse in den drei Gemeindebezirken für ihren Dienst segnen, dann wünschen wir ihnen nicht nur, dass sie den Status quo gut verwalten, sondern auch, dass sie mit uns gemeinsam innere Räume offenhalten und nicht aufhören nach der Liebe Gottes zu fragen, die schon jetzt in unser Herz ausgegossen ist. Dass durch sie etwas von dieser Liebe sichtbar wird.

Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

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Gruß zum Sonntag Sexagesimae am 26. Februar 2023
von Propst Faehling

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.


Um tiefe Not geht es heute und um die Sprachlosigkeit, die das in uns erzeugen kann.
Und für mich geht es um das Überleben dieser Not.

Aber der Reihe nach: Wo kommt die Not her, wo führt sie hin? Und macht es Sinn, dass wir uns in der Kirche, im Rahmen eines Gottesdienstes damit befassen?

Und da stoßen wir auf eine erschütternde Nachricht am Beginn. Des Predigttextes. Da scheint zu stehen: Gott und der Teufel wetten miteinander. Sie wetten um die Standhaftigkeit des Hiob.

Gott sprach zu dem Satan: Siehe da, er sei in deiner Hand.

Zuvor hatten beide die Gottesfürchtigkeit des Hiob erkannt. Aber der Teufel sagt: Taste sein Gebein und Fleisch an, … er wird dir ins Angesicht fluchen.
Was gilt´s?

Gott scheint es darauf ankommen lassen zu wollen.
Wie irritierend ist dieser Blick auf Gott?!
Hier wettet er mit dem Teufel, woanders lässt er es fast zu, dass Abraham seinen Sohn Isaak opfert.
Als sei der Mensch doch ein Spielball Gottes, abhängig, ausgeliefert wie Wind und Wellen, dem Schicksal, einem Weltenschöpfer, der auch grausam sein kann.

Ich will dazu sagen: Ich glaube nicht an solch einen grausamen Gott. Ich glaube an den Gott, der die Welt zum Leben ordnete und der seinen Sohn die Mauer des Todes überwinden ließ. Der, der immer und überall seiner Liebe den Vorrang gibt, der hält sich nicht mit lieblosen Spielchen auf, frei nach dem Motto der schwarzen Pädagogik: Wen der Herr liebt, den züchtigt er (auch das steht übrigens in der Bibel).

Die jüdische Auslegung der Bibel gibt uns eigene Hinweise, dass es hier nicht um einen wettenden Gott geht, sondern, dass es zum Menschsein gehört, auch beim Guten immer zu fürchten, dass die böse Überraschung mitkommen könnte. Und so ist die Bibel vor allem im Alten Testament voller Anklage gegenüber Gott. Das Böse im Leben wird immer wieder mit Gott in Verbindung gebracht; er habe sich abgewandt, die Liebe Gottes sei erkaltet, Gott würde Not schicken.

Für mich ist die These einleuchtend, dass Menschen hier ihr eigenes Sein und Handeln auf Gott übertragen. Denn tatsächlich folgt unter Menschen dem Guten oft der Schmerz, dem Vertrauen oft die Enttäuschung. Da war eben noch alles gut, und steht alles in Frage. Hinzu kommen Katastrophen, die in einer Mischung aus Natur und menschlichem Fehlverhalten ihre Gewalt entwickeln, wie z.B. das Erdbeben in der Türkei, wo der gewaltige Erdstoß auf Pfusch am Bau trifft. Oder der Krieg in der Ukraine, in dem sich globale Machtinteressen und der Wahn Einzelner über einen langen Zeitraum zu solch eskalierender Gewalt entwickeln.
Und genau dasselbe geschieht im persönlichen Bereich. Not überfällt uns, menschengemacht oder von Menschen nicht abwendbar.

Und so bahnen sich hier Wut und Anklage ihren Weg. Und sie richten sich in diesen alten Zeiten gegen Gott. Und vielleicht ist das sogar gut, denn Gott gibt Antwort, indem er sagt: Ich bin es gar nicht. Aber die Liebe, die ich bin, kann euch helfen, die Not zu tragen, kann uns helfen, Gottvertrauen zurückzugewinnen.

Die Frage ist so alt wie die Menschen: Wie kann Gott das zulassen? Und die Steigerung ist hier bei Hiob: Gott lässt das sehenden Auges geschehen, verfällt dabei in einen Streit um Rechthaberei mit dem Teufel.
Ja, das kann man denken. Das kann man befürchten. Aber das Ende dieser Geschichte erzählt, dass Hiob die schwere Zeit übersteht, und zwar mit Gottes Hilfe.
Auf dem Weg dahin sagt er den berühmt gewordenen Satz ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Und am Ende steht er noch viel besser da, als vor Beginn der Not – wobei, auch das halte ich für eine menschliche Einflechtung.

Das Entscheidende ist für meinen Glauben die Kraft, die Hiob hat, die ihm von Gott geschenkt wird, die sich am Ende bewahrheitet, mit der er festhält an seinem Vertrauen, dass es mit Gottes Hilfe einen Ausweg gibt.

Die anderen Texte, die wir heute schon gehört haben, schwingen in derselben Zuversicht: Aus dem Eingangspsalm der Lieblingstaufspruch so vieler Eltern: Er hat seinen Engel befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.
Oder im Evangelium mit der Versuchung Jesu, die er übersteht und siehe, da traten die Engel herzu und dienten ihm.

Warum also erging es Hiob so?
Ein Antwortversuch lautet für mich:
Das war nicht Gott, sondern so ist das Leben.
Als gäbe es eine Kehrseite Gottes; besser gesagt, als gäbe es Momente, wo Gott nicht wirkt, gerade in eine andere Richtung schaut.

Und mir ist das klar, das Überleben solcher Momente widerspricht dem Vertrauen auf einen bewahrenden Gott, der angeblich alles sieht.

Aber mal ganz realistisch betrachtet, ist das nicht auch vollkommen unrealistisch und geradezu unerträglich, zu meinen, Gottes uns-Ansehen wäre gleichbedeutend damit, dass er immer aufpasst, so dass nichts passiert?
Was sollte das für ein Gott sein?
Und was für eine Welt?
Und was für eine Menschheit?

Alle Freiheit wäre fort, die zum Guten, die die zum Schlechten leider mit enthält. Wären wir in einer solchen Welt noch Menschen? Denn, so schwer erträglich das ist, zu freien Menschen gehört der Fehler, die boshafte Unwucht, die Vorteilnahme, der Neid, das Böse in kleiner und großer Gestalt, und das Unglück gehört auch dazu, vom Himmel fallend oder durch andere ausgelöst.

Und es gehört zu den ungelösten Rätseln und schweren Erkenntnissen der Menschheit, dass das das Böse und das Unglück nicht aufhören, und dass es keine Möglichkeit gibt, die Menschen durchgängig gut werden zu lassen.

Und so ist überhaupt vielleicht die einzige Chance, die wir haben, dem Bösen etwas an die Seite zu stehen: Gegenmittel, Heilsamkeit, auflösend, erlösend, Neuanfänge möglich machend, Überleben sichernd: Vertrauen, dass Gott seinen Engeln befohlen hat.

Es geht ums Überleben.
Und dazu geht es um den inneren Halt.
Es geht um Vertrauen, dass überlebensfähig ist.
Und um Gemeinschaft, die sich darin sieht und trägt. Damit Not und Sprachlosigkeit getragen, ins Leben hineingenommen und durchgestanden werden.

Am Ende dieser Gedanken komme ich auf unser Getauftsein.
Die Asche, in der Hiob sitzt und mit ihm Menschen in der Not, stell ich mir durch das Taufwasser wie abgewaschen vor.
Und was dann zum Vorschein kommt, sind die Kinder Gottes, die wir allezeit sind und bleiben.

Und das Märchen, Gott und der Teufel würden um unsere Seele wetten, das dürfen wir eintauschen gegen die Gewissheit, dass Gott uns Engel an die Seite stellt, die uns behüten und helfen, immer wieder zurecht zu kommen.

Vielleicht ist das einfache Wasser der Taufe genau dafür das kostbare Symbol der Hoffnung, die wir so dringend brauchen, in Erdbebengebieten, in Kriegen und in unserem eigenen persönlichen Leben.

Amen.

 

Einen gesegneten Sonntag wünscht ihr Propst Faehling

 

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Gruß zum Sonntag Estomihi am 19.Februar 2023

von Pastorin Ute Parra

 

Liebe Gemeinde,
Ernst Barlach, das Wiedersehenwas ist „die Liebe“? Können Sie das mit Worten erklären? Unzählige Gedichte und Lieder gibt es darüber, vielleicht auch weil wir dies Gefühl in seiner Gänze nicht erfassen können und es darum in Bilder und Vergleichen umschreiben müssen. Liebe ist etwas, das alle angeht, ohne das menschliches Leben nicht denkbar ist. Sie ist Grundlage allen Beziehungsgeschehens und gleichzeitig ebenso vielgestaltig wie das Leben selbst.
Im Griechischen haben sie immerhin zwei Wörter dafür: Eros und Agape – vielleicht zu übersetzen mit erotischer und geschwisterlicher Liebe. Aber eigentlich weiß wohl jeder Mensch, dass Liebe nicht nur zwei, sondern unzählige Facetten hat: Liebe zum Partner, zu Kindern, Eltern, Geschwistern, Freunden, auch zu Fremden, mit denen man sich verbunden weiß und zur Natur, auch zu uns selbst... Dass zu lieben sich sogar gegenüber dem gleichen Menschen in einem Moment so anfühlt und im anderen ganz anders.
Ernst Barlach hat einmal über das Wort „Liebe“ gesagt: „Es ist wie mit dem Wort Gott. Nimmt man den Begriff so hoch, so weit, so tief er es verlangt, so bringt man die Lippen nicht voneinander, nimmt man es häufig auf die Zunge so macht man daraus einen Backpflaumenmus.“
Weil sich die Liebe nicht in ihrer Gänze mit Worten erfassen lässt, spricht auch die Bibel oft in poetischen Bildern von ihr. So wie Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther (1. Kor 13,1-13), wenn er über die Agape schreibt: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.  Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts...“
Eigentlich beschreibt Paulus bis hierhin ja noch gar nicht die Liebe, sondern erst einmal nur, wie sinnlos alles andere ohne sie bleibt. Gegenüber dieser blumenreichen Ausführung kommt schlicht und unscheinbar daher, was er im Positiven über sie zu sagen weiß:
„Die Liebe ist langmütig und freundlich.“ Das klingt so einfach und einleuchtend. Und doch ist zu bezweifeln, dass es jemals jemandem in dieser Welt gelungen ist, das konsequent durchzuhalten. Ja manchmal scheint es sogar so zu sein: Je größer die Liebe, desto größer die Angst, zu verlieren, was man doch so sehr liebt. Desto größer darum auch die Eifersucht auf Dritte und die Intoleranz wenn die geliebte Person sich nicht den eigenen Vorstellungen entsprechend verhält.
Mich hat Schillers Theaterstück „Kabale und Liebe“ beeindruckt, in dem diese abgründige Kehrseite der Liebe deutlich wird. Darin fragt der Liebende: „Du, Luise, und ich und die Liebe! - liegt nicht in diesem Zirkel der ganze Himmel? oder brauchst du noch etwas Viertes dazu?“ Das Ein und Alles will er seiner Geliebten sein. Am Ende lässt er sich aus rasender Eifersucht dazu verleiten, sich und die Geliebte zu töten.
So weit kommt es in unserem Alltagsgeschehen ja selten, aber manchmal ist es bei uns auch ein Trauerspiel mit der Liebe. Sei es, dass Eltern ihre Kinder nicht loslassen können oder dass über der Frage, wer dran ist, sich zu melden, eine Freundschaft mit Schmerzen im Sande verläuft. Das beliebteste Beispiel ist dies:  Bei so manchen Paaren gibt es schlimmen Streit darüber, dass einer immer die Zahnpastatube auflässt. Bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass mehr dahinter stecken muss als diese Lappalie. Vielleicht fragt sie sich: „Wie kann ihm das so egal sein, wo er doch weiß, wie wichtig mir das ist? Würde er mich wirklich lieben, würde er das nicht machen!“ Und er denkt: „Wie kann sie immer wieder auf so einer Kleinigkeit herumreiten. Würde sie mich wirklich lieben, wäre ihr das doch egal!“ Und schon sind so viele andere Gefühle im Spiel: Wut über die Ignoranz des Partners und Angst, einander zu verlieren, Trauer darüber, dass da doch eine Grenze des gegenseitigen Verstehens ist…
Und weil Menschen so sind, weil ihre Liebe so oft von anderen, zutiefst destruktiven Gefühlen begleitet wird, muss Paulus nun schon wieder über die Abwesenheit der Liebe schreiben, darüber, was alles keine Liebe ist:
„Die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen...sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu...“, das bedeutet positiv gewendet: „Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“
Kann es eine solche Liebe in dieser Welt geben? Wäre es nicht leichtsinnig, sich so auszuliefern? Es scheint, als sei die Liebe, die Paulus beschreibt, nicht von dieser Welt. Und er bestätigt das insofern, als er sagt: „Die Liebe höret nimmer auf...“ Alles Irdische ist unvollkommen und endlich, sogar alles, was wir auf dieser Welt vom Göttlichen sagen können. Es ist als könnten wir durch die Liebe schon jetzt an etwas teilhaben, das wir noch nicht verstehen, weil es über diese Welt hinausweist.
Paulus vergleicht das Hereinbrechen des Vollkommenen, das diese unvollkommene Welt ablöst, mit dem Erwachsenwerden, wenn sich plötzlich neue Perspektiven auf das Leben ergeben und erklärt weiter: Jetzt sehen wir nur ein dunkles Spiegelbild, dann aber stehen wir dem Unaussprechlichen von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Jetzt erkennen wir stückweise; dann aber werden wir erkennen, wie wir erkannt sind.
Das bedeutet andererseits: Eine Ahnung haben wir schon jetzt von der Liebe. Es gibt sie schon jetzt in dieser Welt. Und andererseits: Sie ist hier nicht ohne Ambivalenzen zu haben, ihr Bild ist getrübt durch all die anderen Gefühle, mit denen sie sich mischt. Wer wie der Liebende in Schillers Stück sagt: „Du, Luise, und ich und die Liebe! - liegt nicht in diesem Zirkel der ganze Himmel “,  verkennt die Realität: Wir erschaffen unsere Liebe nicht selbst. Was wir hier in der Welt von der Liebe spüren und erkennen können, das ist uns geschenkt - als Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, wenn das Vollkommene kommt. Wir genießen es noch nicht pur, sondern wer sich hier an Menschen bindet, hat Angst, sie zu verlieren. Er oder sie wird wütend, wenn sie sich ihm entziehen und er das nicht versteht.
Liebe gelingt in dieser Welt am besten, wenn wir auch in Bezug auf diese anderen Gefühle ehrlich mit uns selbst und miteinander sind. Sie freut sich an der Wahrheit, sagt Paulus.
Wir können also wie Paulus zwar sagen, wie unendlich wertvoll die Liebe ist, wie bedroht durch andere Regungen des Menschen, wir können aber noch nicht erschöpfend erklären, was die Liebe ist, so hoch, so tief und so weit wie dieser Begriff es verlangt.
Ob Taufe, Konfirmation, Trauung oder Beerdigung, ein Bibelwort suchen Menschen sich immer wieder gerne aus, vielleicht um - wenn sie schon nicht sagen können, was Liebe ist - doch zu sagen, wie unendlich wichtig sie für sie ist. Und weil ich nun auch nichts weiter kann, schließe ich mit diesem Wort, mit dem auch Paulus seinen Hymnus auf die Liebe beendet:
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

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Gruß zum Sonntag Sexagesimae am 12. Februar 2023
von Pastor Christoph Pfeifer

Der kommende Sonntag trägt den Namen Sexagesimae, 60 Tage vor Ostern. Man erkennt daran, wir gehen auf die Passionszeit zu. Im Kirchenjahr heißt  diese Zeit nach dem Weihnachtsfestkreis auch „Vorfasten“. Ein Vorbereitung auf die Texte rund um den Leidensweg Jesu. Das Evangelium an diesem Sonntag hilft, die Worte Jesu in ihrer Wirkung besser zu verstehen. So vergleicht Jesus seine Rede und das Wort Gottes mit einem Saemann, der ausgeht und seine Saat ausstreut. Die Saat fällt auf ganz unterschiedlichen      Boden. Entweder auf den Weg, wo die Saatkörner gleich zertreten werden, bevor sie überhaupt keimen konnten. Einige Saatkörner fielen auf steinigen Boden, bevor diese Saat überhaupt aufgehen konnte, verdorrte sie schon, weil es zu trocken auf dem Felsen war. Andere Saatkörner fielen unter die Dornen, die mit der Saat aufgingen und jungen Triebe gleich erdrückten. Aber Gott sei Dank, so möchte man sagen, blieb noch ein Saatrest übrig, der auf guten Boden fiel und hundertfach Frucht brachte.

Bei dem Evangelisten Lukas schließt sich gleich die Deutung an, indem Jesus den viererlei Acker mit dem Hören des Wortes Gottes verbindet. Wer also das Wort Gottes hört, aber es in dem Herzen nicht verwurzelt ist oder erstickt wird unter Sorgen, in dessen Herzen kann es nicht nachhaltig wirken,. Anders aber, wenn Gottes Wort in uns wirkt und trotz aller Sorgen und Nöte mit Geduld angenommen wird, so macht es uns wie die gute Saat von innen her stark.

An diesem Sonntag mit dem Evangelium von dem viererlei Acker taufe ich im Bugenhagenhaus sechs Jugendliche, drei Monate vor ihrer Konfirmation.

Natürlich frage ich mich auch immer wieder, trägt der Konfirmandenunterricht wirklich gute Früchte. Oder ist die Beschäftigung mit den 10 Geboren, den Gebeten, den Sakramenten, den Grundlagen der Kirche wie Samenkörner, die doch ohne Wurzeln bleiben oder die zarte Pflanze Glauben gleich unter den vielen Einflüssen junger Menschen sofort wie in unserem Gleichnis erdrückt werden, bevor sie sich überhaupt entfalten können?

Heute war 3 Tage vor dem Taufgottesdienst Generalprobe und ich war beeindruckt, wie ernsthaft die Jugendlichen sich Segensworte für Ihre Mitkonfirmanden ausgedacht haben. Wie sie wunderschöne Symbole für die farbenfrohen Taufkerzen gestaltet haben. Wir haben im Unterricht gemeinsam Gebete formuliert, die am Sonntag vorgetragen werden. Ich war wirklich beeindruckt. Kein Rumgealbere. Keine Ablenkungsmanöver mit dem Handy in der Tasche.

Nein, alle miteinander spürten, jede und jeder trägt dazu bei, dass es für diese sechs Jugendlichen am Sonntag ein feierliches Tauffest wird.

Also ist doch etwas hängengeblieben? Also sind doch erste Früchte aufgegangen und ist kurz vor der Konfirmation ein guter Boden bereitet?

Natürlich mache ich mir nichts vor. Nach der Konfirmation werden steinige Wege und dornige Lebensabschnitte die Themen des Unterrichts wieder in den Hintergrund treten lassen.

Aber manchmal geht ja auch noch nach Jahren ein Saatkorn auf . Das würde ich mir wünschen.

Auch bei uns Erwachsenen, die oft so negativ in die Zukunft schauen. Hören sie hin auf die wunderbaren Worte unserer frohen Botschaft. Wie sagt Jesus am Ende des Gleichnisses: „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“

 

Einen gesegneten Sonntag wünscht ihr Christoph Pfeifer

 

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Gruß zum Sonntag Septuagesimä am 5.Februar 2023

von Pastor Lars Kroglowski

zum Monatsspruch

„Sarah aber sagte: Gott ließ mich lachen“  1. Buch Mose 21,6

 
Liebe Gemeinde,
Die Sache mit Gott und Sara ist verzwickt. Das wurde schon in der Jahreslosung deutlich. Zunächst einmal ist da die Ankündigung Gottes, dass Sara im hohen Alter, also im biologisch eigentlich unmöglichen Alter, mit Abraham einen Sohn bekommen wird. So richtig daran glauben wird Sara nicht. Dann kommt der Sohn Isaak auf die Welt. Isaak bedeutet im Deutschen: „Gott hat gelacht/gescherzt“, oder „Gott hat (jemanden) zum Lachen gebracht.“ Jetzt beginnt die Verzwicktheit. Sara zitiert das und nimmt den Namen Isaak zum Anlass, dass sowieso alle über sie lachen werden, Gott eingeschlossen, und die Welt um sie herum auch. Etwas drastisch gesagt: Alle werden sagen: Wie kann so eine „alte Schachtel“ noch ein Kind bekommen und es dann noch stillen …

Hinter der Abraham-Sara-Isaak-Geschichte aber lauert das Wunder, das Wunder einer unmöglichen Geburt – wie später auch bei Elisabeth, die viel zu alt ist; und wie bei Maria, die von keinem Mann weiß. Gottes Wunder können verzwickt sein und die Welt, wie wir sie kennen, aus den vertrauten Angeln heben.

Darum geht es: Sara lacht nicht einfach oder wird nicht einfach zum Lachen gebracht – hinter ihrem Lachen, wenn sie sich beruhigt hat, sollen Sara und Elisabeth und Maria staunen, was Gott vermag.

Gott ist auch ein Gott der Wunder. Und Wunder machen uns staunen. Manche staunen nicht, das ist wahr. Sie sehen etwas, sehen darin aber keinerlei Wunder und sind schon wieder bei ihrer Tagesordnung.

Wer aber wirklich alle Sinne offen hat für die Welt und das Leben eines Tages, erkennt viele Wunder. Jeden Tag neu das Leben, die aufgehende Sonne, das Leben in Frieden.

Jeden Tag wieder Menschen ohne Schmerzen oder mit Schmerzen, die erträglich werden. Jeden Tag wieder ein Gott, der mit Hilfe von achtsamen Menschen auf mich achtgibt. Wie viele Wunder braucht ihr noch – wie viel Lachen muss noch sein – dass ihr endlich den Gott der Wunder versteht?

Noch lacht Sara, wie der Monatsspruch uns erinnert. Aber bald wird sie aufatmen, ihren Sohn heranwachsen sehen und still oder laut Gott loben: Du bist mein Gott, der mich sieht und liebt.

Ein einmal wieder Aufatmen und Staunen über die Wunder Gottes in der kommenden Woche, dies wünscht

 

Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Gruß zum vorletzten. Sonntag nach Epiphanias am 29.Januar 2023

von Pastorin Ute Parra

Liebe Gemeinde,

"Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir", so verheißt uns der Wochenspruch aus dem Jesajabuch (Jes 60,2). Und ich frage mich: Aha, ist das so? Stecken wir nicht vielmehr jetzt, über einen Monat nach Weihnachten schon wieder fest im Alltagsgeschäft? Halbjahreszeugnisse, Stromrechnungen, Aufgaben verteilen im neuen Kirchengemeinderat…

Der Evangelist Matthäus will uns mitnehmen auf den Berg wie Jesus seine drei Schüler mitnimmt und Zeugen eines unglaublichen Geschehens werden lässt (Mt 17,1-9):
Jesu Gestalt wandelt sich. Sein Angesicht leuchtet wie die Sonne. Alles an ihm beginnt zu strahlen. Mose und Elia sind auf einmal da und sprechen mit ihm: Gesetz und Propheten, alles, was Gott den Menschen von sich offenbarte, ist gegenwertig in diesem einen Moment.

Ein Augenblick von erhabener Schönheit: Wie eine Explosion wirkt das Ereignis auf der Ikone, die Theophanes der Grieche um 1400 gemalt hat. Wir sehen Christus als den Auferstandenen - so wie Jesu Schüler in der Geschichte ihn sehen. Vor ihren Augen hat er sich verwandelt. Surreal erscheint dieser Moment, in dem die drei Gestalten vor ihren und unseren Augen schweben. Wie ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, ja ein Infragestellen jeglicher Kontinuität der Zeit. Ist was sich hier zeigt nicht viel realer als alles Vergangene und Zukünftige? Die Schüler Jesu ahnen vielleicht schon, was wir heute im Matthäusevangelium lesen: Jesus Christus ist Immanuel, Gott mit uns. Das war er schon immer, schon als er bei seiner Geburt diesen Namen erhielt (Mt 1,23). Das wird er sein, wenn er sich bei seiner Himmelfahrt mit den Worten verabschiedet: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ (Mt 28,20).

Aber so richtig begreifen können die drei es noch nicht. Sie fühlen sich vielleicht ein bisschen wie Mose damals auf dem Berg, als Gott ihm im brennenden Busch erschien und versprach: „Ich bin mit dir!“ Doch all das scheint so flüchtig, eben nicht greifbar, nicht be-greifbar. Wie gerne würden sie den Moment für immer festhalten. Petrus schlägt vor, eigenhändig drei Hütten zu errichten, für Jesus, Mose und Elia. So ganz menschlich und so unpassend, platzt er mitten in das Gespräch Jesu, dessen stummer, staunender Zeuge er sein sollte.
Sein unverständiges Gerede wird unterbrochen von Gottes Kommen: Gleichzeitig Licht und Schatten, alles in allem, eine mächtige Stimme: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“ Die drei Jünger haut das um. Bei aller Erhabenheit des Augenblicks hat es auch etwas von einer Slapstickkomödie, wie die drei da zu Boden gehen. Dabei hatten sie sich doch genau das gewünscht: Dass Gott ihnen ganz nahe kommt.

An dieser Stelle endet die Geschichte, die die Ikone erzählt und man könnte meinen: Wir und das Heilige passen einfach nicht zusammen. Ist das wirklich geschehen, da oben auf dem Berg? Vielleicht haben die drei sich das ja nur eingebildet. Die Luft war dünn, ihre Kräfte erschöpft vom Aufstieg, wer weiß? Vielleicht sind sie sich selbst nicht mehr ganz sicher und sie leben ihren Alltag weiter wie bisher. Vielleicht kommen sie auch zurück und bauen doch die Hütten, in denen sie ihrer Vision von damals nachträumen - einer anderen Realität, die mit ihrem Alltag nichts zu tun hat?

Manchmal denke ich, dass auch unser Leben so ist: Es gibt einen Ort, eine Zeit für das Heilige: Den Kirchraum oder die Zeit am Abend zwischen Wachen und Schlafen. Einen Gipfel, den wir im Urlaub besteigen. Wie viel Raum wir dem Heiligen in unserem Leben lassen, das variiert von Mensch zu Mensch und auch von Zeit zu Zeit. Im Alltag hat es oft wenig Platz. Da müssen wir funktionieren und „realistisch“ sein – oder was wir dafür halten. Jeder und jede Einzelne, aber auch die Kirchengemeinde muss finanziell haushalten, für das leibliche Wohl sorgen, Gebäude und Beziehungen in Stand halten.

Zu Weihnachten kann man hören: „Über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit scheint über dir!“ Wir bleiben dann vielleicht stehen unterm Sternenzelt und bekommen eine Ahnung davon wie es damals in der Christnacht den Hirten ging, über denen sich der Himmel öffnete. Aber diese Augenblicke gehen vorüber. Der Alltag hat uns wieder. Und vielleicht ist das ganz gut, denn das Heilige bringt auch einen Schauder mit sich. Nicht so, dass es uns gleich zu Boden wirft, aber doch fremd und erhaben. Irgendwie zu groß.

Matthäus erzählt die Geschichte anders weiter: Die Freunde Jesu liegen noch am Boden, wagen nicht aufzublicken, da rührt Jesus sie an und sagt: „Steht auf!“ Er benutzt dasselbe Wort, das auch bedeuten könnte: „Wacht auf!“ oder „Lasst euch auferwecken!“ In diesem Moment, als sie von ihm berührt werden, kommt es auch zu einem Begreifen. Jesus fährt fort: „Fürchtet euch nicht!“ Er sagt es so, dass klar wird: Das gilt nicht nur für diesen einen Augenblick, in dem ihre Augen wieder aufblicken und in dem die Erscheinung verschwunden zu sein scheint, sondern es gilt immer. Jesus ist immer beides: Ihr Freund und Begleiter und Gott selbst in seiner Herrlichkeit. Er ist Gott mit ihnen, ist der „Ich bin da!“
Während sie hinabsteigen vom Berg, fordert Jesus seine Schüler auf, erst nach seiner Auferstehung von dem Erlebten zu erzählen. Was sie nun begriffen haben, erschließt sich erst im Licht der Auferstehung. Jetzt sind sie wieder im Alltag, in dem es durchaus ein Vorher und Nachher gibt - und auch Momente der Furcht. Das tiefe Wissen darum, dass Gott immer bei ihnen ist, spüren sie manchmal ganz stark und manchmal ist der Zugang dazu versperrt.
So ist es wohl mit uns in der Welt, dass die Verbindung zum Heiligen uns immer wieder brüchig erscheint. Alles Hüttenbauen und Festhaltenwollen nützt da nichts. Das Einzige, was nützt ist hinzuhören, sich berühren zu lassen. Auch im Alltag ist das möglich. Was uns tagtäglich widerfährt kann durchlässig werden für Gottes Herrlichkeit, mal mehr und mal weniger, so dass wir es auch in der Schlange im Supermarkt und mitten in einer Sitzung oder Schulstunde hören und spüren - vielleicht auch ausstrahlen - was Gott uns in jedem Moment unseres Lebens sagt: „Hab keine Angst, ich bin da!“    

Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

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Gruß zum 3. Sonntag nach Epiphanias am 22.Januar 2023

von Propst Erich Faehling

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Ich fang die Predigt heute mit einem Traum an. Es ist kein schöner. Allerdings verspreche ich schon vorher: Ich habe am Schluss aus diesem unschönen Traum einen guten Ausblick.

Der Traum geht so: Ich gehe als Pastor in die Kirche, zieh mir den Talar an, pack meine Predigt aus und beginne zu predigen. Im selben Moment verlassen die Menschen die Kirche, erst wenige, dann immer mehr, bis ich praktisch alleine bin.
Sie gehen nicht murrend, nicht protestierend, nicht laut. Sie gehen leise, ohne sich umzusehen, eine nach dem anderen.
Und ich stehe da, weiß nicht, was ich tun soll, fühle mich ungenügend. Hab ich Schuld? Was ist passiert?

Ich lasse den Traum einen Moment liegen und fang noch einmal von einer anderen Seite an. Immer wieder werde ich gefragt: Es treten so viele Menschen aus der Kirche aus. Was sollen wir bloß tun, damit sie zurückkehren? Und manche beantworten die an mich gestellte Frage dann auch gleich selbst: Wir müssen mehr tun als Kirche. Unsere Gottesdienste müssen attraktiver werden, unsere Pastoren und Pastorinnen müssen die Menschen besser erreichen.

Bisher hat mich diese Frage oft wie in eine Art leeren Raum gestellt. Ich wusste, wir kriegen die 1,5 Millionen Menschen, die seit 1970 unsere Nordkirche verlassen haben, nicht zurück. Das haben schon viele wirklich gute Konzepte vergeblich versucht. Und ich meinte auch etwas anderes zu wissen: Allein an den Pastorinnen und Pastoren kann es nicht liegen. Dafür gibt es zu viele, die wirklich gute Arbeit leisten; und trotzdem treten die Menschen aus der Kirche aus.

Die Antwort muss also noch anderswo liegen.
Apropos Antwort: Was ist eigentlich die Frage?
Ist die Frage: Wo liegt der Fehler? Ist die Frage: Warum passiert etwas, was wir als Kirchenleute nicht wollen und können es doch nicht verhindern?
Ist die Frage also die nach dem, was eine Seite falsch macht?
Und ich glaube, nein, es geht nicht um so etwas Einfaches, wie etwas falsch zu machen: finde den Fehler, und alles wird gut.

Sondern es geht um etwas, das noch sozusagen eine Stufe tiefer liegt: Es liegt in der Seele der Menschen, es liegt in den Sehnsüchten der Menschen, es liegt in den Veränderungen der Welt innerhalb der letzten Jahrzehnte.
Das, um das es geht, liegt jedenfalls an Stellen , die man nicht einfach mit richtig und falsch identifizieren und dann sozusagen den Fehler abstellen kann.
Es liegt tiefer.
Und es reicht nicht, etwas besser zu machen, als bisher. Sondern möglicherweise hilft ein neuer Blick auf die Dinge – oder ein ganz alter, neu gefunden.

Wie kommen wir an dieses Tieferliegende? Ich suche bei der Beantwortung solcher Fragen gerne in der Bibel.
Ich blättere in diesem alten Buch voller weiser Umgänge mit den Herausforderungen des Lebens und finde drei Geschichten, von etwas, das verloren ging und anschließend wiedergefunden wurde.
Alle drei Geschichten stehen im selben Kapitel des Lukasevangeliums, nämlich im 15. Alle drei werden von Jesus erzählt.

Zuerst erzählt Jesus von einem Schaf, das verloren geht, und der Hirte lässt 99 Schafe stehen, um das eine verlorene zu suchen.
Die zweite Geschichte handelt von einer Frau, die zehn Groschen hat, einen davon verliert und solange das ganze Haus auf den Kopf stellt, bis sie ihn wiedergefunden hat. Dann feiert sie das mit ihren Freundinnen.
Und die dritte handelt vom Vater, der zwei Söhne hat. Und der eine lässt sich das Erbe auszahlen und verprasst es solange, bis er als Bettler wieder nach Hause zurückkommt. Der Vater empfängt ihn mit Freudentränen. Und der Vater beruhigt den anderen Sohn, der das total ungerecht findet, dass es ein Fest für den treulosen Bruder gibt, während er als Treue sich nicht genug gelobt empfindet.
Früher hieß diese Geschichte die vom verlorenen Sohn.

Alle drei Geschichten handeln vom Verlorenen, das wiedergefunden wurde.
Und jetzt versuche ich sie, mit den beiden Eingangsszenen zu verbinden: Mit dem Traum von dem Menschen, die weggehen und mit der Frage, wie wir wieder eine Kirche mit Mitgliedern werden könnten.

Die Antwort ist: Mein Traum von den Menschen, die die Kirche verlassen, hat eine Fortsetzung und zu der nehm ich die Geschichten von all dem Verlorenen und dem Wiedergefundenen dazu, und dann finde ich eine erste Antwort, die heißt: Geh denen, die fortgehen, hinterher. Sei wie der Hirte. Der bleibt ja auch nicht am Stall stehen, schimpft auf das dumme Schaf und wartet, dass es wiederkommt, was vermutlich vergeblich wäre.
Die zweite Antwort lautet: Stell dein Haus auf den Kopf, bist Du widerfindest, wohin der verlorene Groschen gekullert ist. Er ist ja nicht weg, er ist nur woanders. Vom Klagen und Beschweren kommt er nicht wieder.
Und die dritte Antwort lautet: Sei wie der liebende Vater, der seinen fortgegangenen Sohn nicht verloren gibt, sondern jeden Tag an der Tür steht, um ihn neu zu begrüßen. Neu – denn er ist nicht mehr der, als der er gegangen ist.

Die Bibel lädt mich ein, angesichts des Weggangs der Menschen weder in Panik, noch in vergebliche Schuldsuche, noch in Kritik an den Fortgegangenen zu verfallen, sondern ihnen aktiv zu folgen. Sie fragt mich nicht nah dem Fehler, sondern nach der hilfreichen Bewegung.

Wie kommt die Bibel auf diese Idee? Ist sie das Lehrbuch für die Tapferen, die Schule für die Unkaputtbaren, die auch in der großen Krise nicht aufgeben?

Nein, sie ist etwas anderes. Die Bibel ist getragen von einer Gewissheit, die nur zwei Kapitel nach den drei Suchgeschichten beschrieben wird.
Im 17. Kapitel des Lukasevangeliums wird von einer wichtigen Grundüberzeugung erzählt, zu der Gott mit Hilfe von Jesus die Menschen einlädt.
Der Satz, der zunächst etwas schwer verständlich ist, heißt: Das Reich Gottes ist mitten unter euch (Lk 17, 21).
Gemeint ist das für mein Verstehen so, dass Gott immer und zu jeder Zeit und an jedem Ort mitten in unserem Leben ist.
Und Gott mitten im Leben, immer jetzt, versuche ich so auszulegen, dass ich sage: Immer, ganz gleich, wo wir sind, wie es uns geht, was wir tun und denken, steht Gott sozusagen direkt neben uns und bringt damit alles an unsere Seite, in unsere Nähe, für das er steht: Respekt vor dem Leben, Liebe, Gerechtigkeit, Leben, Hoffnung, Heilung, Zukunft usw.
Ich kann also gar nicht von Gott weg gehen. Er ist schlicht immer da. Wobei er sich nicht aufdrängt, niemanden zwingt, nicht Druck macht und ansonsten droht.
Sondern er ist da. Fertig.
Das ist „Reich Gottes mitten unter uns“.
Wir haben etwas Unverlierbares, das bleibt und gilt, ganz unabhängig von allem menschlichen Handeln.

Wer also die Kirche verlässt, während der Pastor predigt, verlässt zwar einen Raum und eine predigende Figur, aber nicht Gott. Wer aus der Kirche austritt, verlässt eine Institution und auch eine gewisse gute Solidarität, aber nicht Gott. Wenn unsere Kirchen Mitglieder verlieren, hat Gott immer noch die Menschen.

Wenn ich also gefragt werde, was ich tun will, wenn die Menschen die Kirche verlassen, wird meine Antwort in Zukunft noch mehr als bisher schon sein: Ich werde ihnen nachgehen; ich werde sie suchen wie der Hirte die Schafe; ich werde immer wieder mein Bild von Kirche auf den Kopf stellen, wie die Frau ihr Haus bei der Suche nach dem Groschen. Ich werde an meiner Kirchentür stehen und sie offenhalten für jede und jeden, die auftauchen. Und ich werde jedenfalls nicht, weil die Institution und ihre Mitglieder sich verändern, an Gottes Nähe und Wirksamkeit zweifeln – und auch nicht am Sinn dessen, was ich von Gott erzähle. Ich habe bei aller Sorge um die Kirche keine Angst um den Glauben.

Eher im Gegenteil: Ich werde meine Traurigkeit über Verluste und meine Ängste vor Veränderungen nach hinten stellen, und stattdessen immer neu zu den Menschen gehen und ihnen erzählen – das alte Wort ist „verkündigen“ – was ich für eine echt gute und hilfreiche Nachricht halte, nämlich dass Gott und sein Reich mitten unter uns sind – immer und überall. Und dass dieser Gott uns sieht – so sagt auch die Jahreslosung – ganz gleich, wo wir sind.

Ich werde das fröhlich und mutig tun, überzeugt vom Sinn dieser Nachricht. Ich werde möglichst selten beleidigt, trotzig oder gar rachsüchtig handeln, aus dem Gefühl heraus, man sei vermeintlich meinem Laden und damit mir untreu geworden.

All das werde ich tun, weil ich schon so oft erlebt habe, wie es den Menschen guttut, von Gottes Gegenwart und seinen Lösungs-, Heilungs- und Zukunftsblicken zu erfahren, auch wo sie nicht mehr in die Kirche kommen, aber eben trotzdem ganz grundlegende Fragen zum Leben haben.
So modern wir auch sein mögen, keiner von uns kann sich selbst retten, sich allein das Leben erklären, ohne das Netzwerk des Lebens und seiner Menschen ans Ziel kommen. Die Welt ist groß. Ein Gott, der mehr weiß als wir, ist eine große Hilfe.
Davon werde ich erzählen, immer wieder.

Der Traum vom Anfang von der sich leerenden Kirche ist längst Realität geworden. Diese Realität ruft uns, immer wieder neu nach Wegen zu suchen, um die gute Nachricht zu den Menschen bringen und so am Reich Gottes mitten auch in der heutigen Welt mitzuarbeiten.
Es macht Freude und es lohnt sich, das zu tun. Mit Jammern und Klagen und mit Starren auf Alpträume erreichen wir nichts.
Tja, eine Predigt am Tag der Verabschiedung und der Einführung von KGR-Mitgliedern.
Mit Respekt und Dankbarkeit schaue ich auf die Ausscheidenden und ihre liebevolle Sorgfalt, die zum Teil seit Jahrzehnten in ihre kirchliche Arbeit geflossen ist. Und ich schaue erwartungsvoll und froh auf all jene, die sich weiter oder neu der Aufgabe stellen, diese Kirchengemeinde in die Zukunft zu begleiten.

Was Sie auch getan haben oder tun werden – das Reich Gottes ist mitten unter uns; Gott ist anwesende Realität; wir erschaffen ihn nicht; wir vertreiben ihn nicht; aber wir können unser Bestes tun, unsere Gemeinschaft als einen lebendigen Ort für Gott mitten im Leben zu gestalten und die Menschen an allen Orten einzuladen, der Anwesenheit Gottes und seinem guten Wirken zu vertrauen. Das möchte ich zusammen mit Ihnen tun.             
… und damit hat für mich der unschöne Traum vom Anfang tatsächlichen einen guten Ausblick.   
Amen.

 

 

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Gruß zum 2. Sonntag nach Epiphanias am 15. Januar 2023
von Pastorin Ute Parra

 

Liebe Gemeinde,

zwei Geschichten gehören zu diesem Sonntag, zwei ganz verschiedene:

Die eine ereignet sich vor mehr als 3000 Jahren am Berg Sinai. Die Israeliten sind im Dazwischen: Entkommen aus der Sklaverei in Ägypten, aber noch nicht im Verheißenen Land angekommen. Da will es Mose wissen: „Lass mich Deine Herrlichkeit sehen!“ so bittet er Gott. Ganz schön größenwahnsinnig! Wer in Gottes Angesicht sieht, stirbt, so groß ist Gottes Güte, dass sie alle, die sie in Gänze erkennen, überwältigt. Und gerade deshalb, weil seine Güte so groß ist, schlägt Gott Mose den Wunsch nicht ab. Er findet einen Weg, wie Mose gerade so viel vom Göttlichen Glanz zu Gesicht bekommt, wie er ertragen kann: Schützend hält er die Hand über ihn, solange es nötig ist und lässt ihn dann los, lässt ihn hinsehen. Was Mose da sieht, lässt sein Gesicht so strahlen, dass der Glanz seine Weggefährten blendet. (2. Mose 33,18ff)

Die andere Geschichte erzählt von einem Ereignis, das erst mehr als 1000 Jahre später stattfindet: Der junge Mann Jesus ist mit seiner Mutter auf einer Hochzeit eingeladen. Als der Wein ausgeht, weiß Maria: Jesus kann Zeichen und Wunder geschehen lassen. Er kann die Party retten. Aber er will zunächst nicht. Es ist noch nicht so weit. Ziemlich unhöflich gibt er ihr das zu verstehen. Aber dann offenbart sich doch seine göttliche Herrlichkeit. Das erste Zeichen: Wasser wird zu köstlichem Wein. Wer das sieht und versteht, begreift, wer Jesus ist: Gott selbst ist in die Welt gekommen in all seinem Glanz und doch ganz Mensch. Ihm können sie ins Angesicht sehen, er ist einer von ihnen. Und sie können feiern: Gott ist da! (Joh 2,1-11)

Was haben diese beiden Geschichten miteinander zu tun? Warum sind sie ausgesucht worden für heute, für den zweiten Sonntag nach dem Fest der Weisen aus dem Morgenland? Im Konfirmandenunterricht haben wir uns dieser Frage über Schlüsselwörter genähert. Worte, die in beiden Texten auftauchen oder uns sonst wichtig erscheinen:

Herrlichkeit, Güte, Gnade, Angesicht, Zeichen.... Und wir haben die Worte in Beziehung zu dieser Zeit nach Weihnachten gesetzt, in der wir von der Krippe, vom Licht des Sternes her umkehren in unseren Alltag und vielleicht etwas vom Glanz des Weihnachtsfestes mitnehmen. Wir sind auf dem Weg, sind dazwischen. So wie die Jugendlichen selbst zwischen Kindsein und Erwachsenwerden stehen. So wie Mose mit dem Volk Israel auf dem Weg ist aus Ägypten in das gelobte Land, das Gott ihnen zeigt. So wie Jesus auf dem Weg ist: Eben hielten ihn alle noch für einen jungen Zimmermann irgendwo in Galiläa und jetzt geschieht das erste Zeichen, das seine Herrlichkeit als Gottes Sohn offenbart.

Die Konfirmanden haben Elfchen geschrieben. Das sind kurze Gedichte mit genau 11 Wörtern. Wir werden einige hören. Till schreibt:

Stern

über Bethlehem

Er leuchtet hell

Er zeigt den Weg

dorthin

 

Der Stern zeigt den Weg. In ihm offenbarte sich den Hirten, Den Weisen Sterndeutern, allen, die es sahen und erkannten: Genau hier, genau jetzt werden sie Zeugen eines Wunders! Gott in all seiner Herrlichkeit wird Mensch. Er ist ganz nah, zeigt sich uns so, dass wir wissen: Was auch geschieht auf dem Weg, Gott geht mit uns.

Stern über Bethlehem, nun bleibst du stehn
Und lässt uns alle das Wunder hier sehn,
Das da geschehen, was niemand gedacht,
Stern über Bethlehem, in dieser Nacht. ( A.H. Zoller)

Dies Kind ist  ein Wunder, das damals nicht alle begriffen. Manche sahen bloß das hilflose Kind in einem ärmlichen Stall. Nur ein paar abgerissene Hirten und ortsfremde Esoteriker brachen in Begeisterung aus. Wir, die wir zurückblicken, wissen schon von den Wundern und Zeichen, die es später vollbrachte. Zum Beispiel von dem auf der Hochzeit zu Kana, über das Till schreibt:

Zeichen

von Jesus

Wein zu Wasser

Jesu Stunde ist nun

gekommen

Das Wort „gekommen“ steht allein in der letzten Zeile, wo im ersten Gedicht noch stand „dorthin“. Jesu Stunde ist gekommen. Seine Herrlichkeit wird sichtbar und seine Freunde und Jünger sind mitten drin, sind angekommen in der Mitte der Zeit.

Ist das wirklich geschehen? Kann Jesus zaubern? Wenn ja, warum hat er ausgerechnet damit angefangen, indem er dieser Hochzeitsparty Glanz verlieh? Vielleicht hilft das Gedicht von Sarah:

Zeichen

Ein Symbol

Für dich da

Ein Engel der Schutz

Glück

Dies und vielleicht alle Wunder könnten wirkmächtige Symbole dafür sein, dass Gott will, dass wir glücklich sind. Dass er darum immer an unserer Seite ist, in all seiner Herrlichkeit, die sich uns so offenbart, wie wir es gerade brauchen und verstehen. Wir sind angekommen bei ihm, wenn wir das begreifen. Sarah beschreibt es so:

Name

Ein Wort

Bestimmt für Dich

Für immer bei dir

Leben

Angekommen im Stall wie die Weisen aus dem Morgenland. Für immer? Aber halt: Sie bleiben dort nicht, sie machen sich wieder auf den Weg, zurück in den Alltag so wie wir das nach dem Weihnachtsfest und den Ferien nun auch mussten. Sie gehen anders. Der Glanz des Sterns liegt noch in ihrem Blick und füllt ihr Herz. Sie reden von der Herrlichkeit Gottes und was sie von nun an tun, tun sie in der Überzeugung, dass es nicht vergeblich ist, dass das Ziel schon vor Augen steht.

Ihr Weg führt sie weg vom Stern und vom Kind, aber sie nehmen den Glanz mit sich.

Auch wir können die Zuversicht, dass Gott immer da ist, mit in unseren Alltag zu nehmen und weitersagen mit unseren Worten und Taten. Können vielleicht nicht buchstäblich Wasser in Wein verwandeln, aber ansteckende Freude verbreiten, das können wir: Was uns froh gemacht teilen wir aus. Stern über Bethlehem, schein auch zu Haus!

 

Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

 

 

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Gruß zum 1. Sonntag nach Epiphanias am 08. Januar 2023
von Pastor Christoph Pfeifer

 

„Christus segne dieses Haus und die da gehen ein und aus“

 
Liebe Gemeinde,

nun liegt Neujahr schon wieder eine Woche hinter uns. Der Alltag hat uns wieder. Die Kinder müssen morgen wieder zur Schule. Viele haben die Ferien noch einmal für einen Kurzurlaub genutzt. Andere waren leider über die Feiertage sehr krank, weil am Ende eines anstrengenden Jahres der Akku leer war.

Gar nicht so einfach nach diesem heftigen Jahr 2022 mit Ukrainekrieg und Preissteigerungen und zunehmenden Ängsten um das Klima optimistisch ein neues Jahr zu beginnen und neuen Schwung zu bekommen.

Dabei können die Sternsinger helfen, die seit dem 6. Januar in unserer Gemeinde unterwegs sind. Es ist schon sehr bewegend, mit welcher Freude sich die Kinder auf den Weg machen, weil sie auch spüren, die Menschen warten auf uns. Sie freuen sich auf uns und wir können etwas für andere Kinder in Not tun.

Segen bringen, Segen sein – ist eines der Lieder, das die Kinder immer wieder gerne an den Haustüren singen. Dieser Liedtext drückt ja beides aus, die Kinder bringen den Segen, sie sind ein Segen, aber wir bekommen den Impuls, selber im neuen Jahr ein Segen zu sein.

Wenn sie für den Rest des Jahres Ihre Haustür betreten, dann lassen Sie sich, wenn der Segen angebracht ist, jedes Mal daran erinnern, was die Sternsinger uns zurufen:

Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus und die da gehen ein und aus. Das wünsche ich Ihnen allen, ob nun der Segen über Ihrer Haustür steht oder nicht. Segen ist in der biblischen Tradition immer eine Bestärkung und Ermutigung.

Und wir wissen, die Probleme aus dem alten Jahr sind nicht mit einem Schlag gelöst. Wir selber sind ja nicht ab Neujahr andere geworden. Wir nehmen uns mit in ein neues Jahr. Trotzdem muss man manchmal auch Altes beenden und bewusst neu beginnen.

Der Segen der Sternsinger ist wie Rückenwind auf allen Ihren Wegen im neuen Jahr.

Hören wir noch einmal auf die Worte der Sternsinger, die sie dieser Tage uns zurufen:

Der Caspar sagt: „Drei Könige und ein Stern dabei, so ziehen wir durch die Gassen. Wir wollen heute über euch den Stern aufgehen lassen“. Der Melchior ergänzt: „Drei Könige und ein Stern dabei, so gehen wir immer wieder und singen euch vom Sternenglanz und Gottes Segen Lieder.“ Und schließlich, der Balthasar:“Drei Könige und ein Stern dabei – was soll denn das bedeuten? WQir bringen Segen jedes Jahr zu euch und allen Leuten.“

Und die Segenswünsche werden durch den Sternenträger abgeschlossen, und das ist auch mein Wunsch für Sie im neuen Jahr:

„Drei Könige und ein Stern dabei, wir bringen Gottes Frieden. Auch seine Liebe, seine Gnade seien euch beschieden.

Ein gesegnetes, friedliches und gesundes Jahr wünscht Ihnen

Christoph Pfeifer

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Gruß zu Neujahr am 01. Januar 2023
von Pastor Lars Kroglowski

 

„ Mit den Augen eines Gotteskindes“

 
Liebe Gemeinde,
Ist ein Glas halb voll oder ist es halb leer? Diese Frage, die Sie sicherlich kennen, ist das berühmteste Beispiel dafür, dass es bei der Beurteilung eines Sachverhaltes auch auf die Perspektive des Betrachters, der Betrachterin ankommt. Wie fällt Ihre Beurteilung am Ende des Monats mit Blick auf das Jahr 2022 aus – halb voll oder halb leer?

Ich kenne nicht wenige, die sich – und das nicht nur im Spaß – 2019 zurückwünschen. Und der Stoßseufzer „Schlimmer kann es ja nicht mehr werden“ kommt kaum noch jemandem über die Lippen. War doch 2021 nach dem Katastrophenjahr 2020 genauso wenig besser wie 2022 nach 2021 – da erwarten viele das neue Jahr voller Skepsis und manche auch mit bangen Sorgen. Kurz und gut: Beim Blick auf das zu Ende gehende Jahr fällt die Beurteilung nicht schwer: Halb leer. Ist das so?

„Rabbuni, ich möchte sehen können.“ Das antwortet der blinde Bartimäus auf die Frage Jesu: „Was willst du, dass ich dir tue?“ Obwohl ich im herkömmlichen Sinn nicht blind bin, möchte ich mir die Bitte des Bartimäus an Jesus zu eigen machen: Sehen können. Ich richte diese Bitte an den größten Lehrmeister des Sehens. Wie kein anderer forderte Jesus seine Zuhörerinnen und Zuhörer immer wieder auf, die Perspektive zu wechseln: Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Die Ersten werden die Letzten sein und die Letzten die Ersten. Die Seligpreisungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Einladung zu einem anderen Blickwinkel.

Auf die Welt nicht schauen mit den Augen eines Menschen, sondern mit den Augen eines Gotteskindes.

Ein Kind Gottes schaut anders auf die Welt und die Menschen, weil es aus einer anderen Position schaut: Aus der Geborgenheit bei Gott, aus dem Wissen, geliebt und gerettet zu sein. Die Psychologie hat nachgewiesen, dass die Frage, ob ich ein optimistischer oder ein pessimistischer Mensch bin – ob ich also das halb volle oder das halb leere Glas sehe – mit frühen, heute unbewussten Kindheitserfahrungen von Geborgenheit und Frustration zusammenhängt.

Geborgen bei Gott kann ich optimistisch auf 2022 zurück- und auf 2023 vorausblicken. Auch dann, wenn ich als Mensch eher zu Pessimismus neige. Denn die Wissenschaft hat ebenso festgestellt, dass Pessimismus und Optimismus keine starren Zustände, sondern Prozesse sind. Ich kann die Perspektive wechseln.

Das wäre doch ein schöner Vorsatz für 2023. Zu versuchen, das halb volle Glas zu sehen. Im berechtigten und uns zugesagten Vertrauen, dass jede und jeder von uns von Gott geliebt ist und gehalten wird. „Du bist ein Gott, der mich sieht“ – so lautet die Jahreslosung 2023. Mit diesem Vertrauen optimistisch auf Gott und die Welt schauen, das wünsche ich Ihnen und Euch,

 

Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

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Gruß zu Weihnachten am 25. Dezember 2022
von Pastor Lars Kroglowski

„Als umarme uns Gott“

 
Liebe Gemeinde,
 

Es war bestimmt nicht alles ungemütlich im Stall von Bethlehem. Die Menschen damals lebten mit ihren Ställen. Eigene Tiere, Früchte und Getreide waren eine Art Lebensversicherung. Ein bisschen gemütlich war es also bestimmt im Stall von Bethlehem. Kaum einer fand es beleidigend, in einem Stall übernachten zu müssen.

Gut, es war natürlich keine Nobelherberge, aber es war ruhig und warm. Alles ging seinen guten Gang. Jede und jeder wusste, was zu tun war. Auch bei einer Geburt gab es kein großes Erschrecken. Die Menschen damals lebten ganz selbstverständlich in dieser Natürlichkeit und wussten, wie sie sich zu verhalten hatten.

Und als das Kind dann geboren war, war auch gleich dieser ganz besondere Glanz im Stall. So ein Strahlen, das Engel und Hirten und Könige anzog, um Gott zu loben und zu beten. Wenn Gott so ein kleines Menschenkind wird, haben wohl alle mehr empfunden als gedacht, muss ein Mensch doch etwas sehr Besonderes sein. Dann muss es schön sein, ein Mensch zu sein. So könnten es alle empfunden haben, die im Stall von Bethlehem waren und Geschenke brachten. Es war, als umarme Gott jeden Menschen dort, um ihm und ihr zu sagen: Es ist schön, dass es dich gibt.

So könnten sie alle im Stall mehr gefühlt als schon gewusst haben – Maria und Josef, die Hirten und Könige. Sie hatten ja weite Wege hinter sich, um zur Krippe zu kommen. Und weite Wege macht man nur, wenn es etwas Besonderes zu erleben oder zu empfangen gibt. Wenn man etwas sehen und hören kann, was im Leben weiterhilft. Liebe zum Beispiel.

Es gibt kaum eine schönere Liebe, als wenn jemand zu uns sagt: Es ist schön, dass es dich gibt. Das werden sie so gespürt haben in der Heiligen Nacht in Bethlehem. Diese Umarmung Gottes, die Wertschätzung. Sie bleibt uns bis heute. Denn immer, wenn wir uns vorbereiten auf Weihnachten und dann auf unsere je eigene Weise das Fest feiern, hat das diesen ganz tiefen Sinn. Es ist, als umarme uns Gott, nehme uns an seine Hand und sage uns einfach und klar: Es ist schön, dass es dich gibt.

 

Weihnachten wird es uns gesagt, von Gott selbst. Es wird jedem und jeder gesagt, ohne Unterschied in der Person: dem Reichen und der Armen, der Gesunden und dem Kranken, den Jungen und Alten, der mit der starken Seele und dem mit der verwundeten Seele. Gott macht keinen Unterschied, wenn er zu uns sagt: Es ist schön, dass es DICH gibt, ja dich ganz persönlich. Lass es dir gesagt sein; empfinde es möglichst und schmiege dich in diese Worte ein wie in eine warme Decke. Wir brauchen das; alle brauchen das. Es veredelt unser Leben.

Und das Leben der anderen auch. Lassen wir es uns von Gott gesagt sein: Du bist wichtig; es ist gut, dass es dich gibt; und sagen wir es anderen weiter – zu Weihnachten und in den Tagen danach.

 

Lass Dich umarmen und schließe jemanden in den Arm!

Eine gesegnete Weihnachtszeit - wünscht,

Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

 

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Gruß zum 4. Advent am 18.Dezember 2022
von Pastorin Yasmin Glatthor

Liebe Gemeinde,

heute ist schon der 4. Advent. Nur noch knapp eine Woche bis Weihnachten. Aufgeregt öffnen die Kinder Tag für Tag das nächste Türchen ihres Adventskalenders. Der Nikolaus mit dem roten Mantel hat die Schuhe bereits gefüllt. Was aufgefunden wurde, ist bereits vernascht. Auch die Erwachsenen sind angespannt. Ihre Aufregung und Nervosität spüren die Kleinen vermehrt. Lassen sich anstecken von der Hektik des Advents, alles will auf einmal geschafft werden, alles soll rechtzeitig fertig sein. Schließlich ist es ein Fest der Freude. DAS Fest des Jahres, auf das alle so lange hingearbeitet haben. Selbst in der bekannten Geschichte von Charles Dickens freut sich der griesgrämige Ebenizer Scrooge am Ende doch. Erwartungen sind hoch – sehr hoch. Alles muss perfekt sein: Das Haus geschmückt, die Kinder in sauberer Kleidung, Kekse natürlich selbst gebacken, damit es im Haus duftet und die Nachbarn es riechen können. Alle werden gut drauf sein, lachen, sich freuen und Spaß haben.

Weihnachtliche Vorfreude. Wonach schmeckt sie?

Lieber Timotheus,

nun bin ich schon einige Zeit hier. Umgeben von diesen kalten Mauern. Hinlegen mag ich mich nicht, selbst der Boden ist feucht. Einsam bin ich und kalt ist mir. Wie es mit mir hier auf Erden weitergeht, weiß ich nicht. Noch ist die Entscheidung nicht getroffen. Es riecht nach alten, feuchten Wänden …

„Last Chirstmas“ schallt aus allen Ecken. Doch sie zieht lieber wieder die Decke über ihren Kopf. Denn hinter den Lichterketten und dem Duft der frisch gebackenen Kekse sieht es anders aus. Die Kekse konnte sie nur backen, weil sie bei der Tafel in der Gemeinde die letzte halbe Packung Mehl bekommen konnte. Um den Kindern Geschenke machen zu können, hat sie sich in die Liste bei der Diakonie aufnehmen lassen. Ob sie ausgewählt werden, weiß sie nicht. Und wenn nicht? Darüber will sie noch nicht nachdenken. Denn was anderes kann sie sich in diesem Jahr nicht leisten. Die Kosten für Lebensmittel und die Heizung übersteigen bereits ihre Möglichkeiten. Der 1.Todestag ihres Vaters steht auch kurz bevor. Ausgerechnet in der Adventszeit. Dieser Zeit, in der doch alles so schön sein sollte. In der sie sich mit den Kindern auf Weihnachten vorbereiten, das Haus schmücken und mit Rolf Zuckowski Weihnachtslieder singen sollte. Voller Vorfreude auf das Warten sollte, was kommen wird.

Den Geruch der weihnachtlichen Vorfreude geht an ihr vorüber, sie kann ihn nicht riechen.

 

… Lieber Timotheus, meine Zukunft ist ungewiss, die Wärter sind unfreundlich, eine Gemeinde droht zu zerbrechen, andere sind klein und angreifbar. Doch dahinter sieht es anders aus. In mir sieht es anders aus. In meinem Herzen spüre ich Wärme, spüre ich Freude, die sich anders zeigt, die bunte Farben des Glücks leuchten lässt. Komisch oder?!

Ich glaube, dass es nicht darauf ankommt, wo ich hier bin oder was hier mit mir passieren oder wie das Urteil ausgehen wird. Ich glaube, dass Gott mich sieht. Ich glaube, dass Gott mich begleitet, mir ganz nahe ist, mein Herz ausfüllt. Gott sieht meine Freude, sieht meine Bemühungen, kennt aber auch meine Grenzen. Und liebt mich. Mit allem, was mich ausmacht. Liebt mich trotzdem! Liebt mich gerade deshalb! Liebt uns! Deshalb hat er seinen Sohn in unsere Welt geschickt, deshalb sollen wir den Gemeinden davon erzählen, deshalb lohnt es sich die Geschichten Jesu und seiner Liebe weiterzutragen! Es lohnt sich daran zu glauben, dass er eines Tages wiederkommen wird. Gott ist stärker als alles, was mich hier auf Erden umgibt. Darauf vertraue ich, das trägt mich! Und das sollen alle Menschen erfahren. Darum: Sag es weiter! Überall! Und besonders den Menschen in Philippi, die sich zurzeit eher auseinanderleben und nicht an der Gemeinschaft und der Gemeinde festhalten. Sie müssen davon hören. Sie sollen es wiederrum auch weitersagen, sie sollen es ausstrahlen in die Welt. Richte Ihnen daher von mir aus: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!
Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!
Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus.“ (Phil 4,4-7) Danke, Timotheus, für deine Bemühungen!

Dein Paulus.

Heute ist schon der 4. Advent. Nur noch knapp eine Woche bis Weihnachten. Aufgeregt öffnen die Kinder Tag für Tag das nächste Türchen ihres Adventskalenders. Äußere Gegebenheiten, die den Kindern die Zeit des Wartens versüßen sollen. Die Aufregung und Nervosität der Alten spüren die Kleinen vermehrt. Lassen sich anstecken von der Hektik des Advents, alles will auf einmal geschafft werden, alles soll rechtzeitig fertig sein. Schließlich ist es ein Fest der Freude. DAS Fest des Jahres, auf das alle so lange hingearbeitet haben. Erwartungen und Druck, der von anderen oder uns selbst ausgeht, steigt an.

Doch den Geruch nach Freude, nach Zuversicht, nach Geliebtsein und voll von Vertrauen, von dem Paulus in seinem Brief an Timotheus schrieb, den dürfen wir heute auch noch riechen und schmecken. Gleich im Abendmahl auf ganz besondere Weise, aber auch so, im Alltag, immer. Ob mit frisch gebackenen Keksen oder ohne, ob in sauberen Kleidchen oder bekleckerten Shirts, freudestrahlend oder mit Tränen der Erschöpfung im Gesicht. Die Weihnachtsfreude kann gespürt, geschmeckt, gerochen werden, weil Gott unsere Bemühungen sieht, aber auch unsere Grenzen kennt und weil Gott uns begleitet, unsere Herzen erfüllt, uns liebt und uns nahekommt. An Weihnachten aber auch an jedem anderen Tag. Daran glauben wir und darauf dürfen wir uns freuen!

Mit diesem Glauben im Herzen traut sie sich unter ihrer Decke wieder hervorzukriechen. Versucht sich zu öffnen und sie aufzunehmen, diese weihnachtliche Vorfreude. Sie schmeckt nach Maronen aus der Glut, die sie immer mit ihrem Vater zusammen gegessen hat, nach Schnee auf der Zunge, den ihre Kinder schmecken, wenn der erste Schnee fällt und sie gemeinsam einen Schneemann bauen, nach Regenküssen, nach einer geschälten Mandarine, den frisch gebackenen Keksen und nach Tannengrün im Wald.

 

Amen.

 

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Gruß zum 3. Advent am 11.Dezember 2022

von Pastor Lars Kroglowski


„Licht im Dunkeln“

Liebe Gemeinde,
Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern! Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein. ( EG 16 ) – so dichtet Jochen Klepper.

 

Ein stiller, anderer Ton im hektischen Advent mit seiner Frage: „Bist Du schon in Weihnachtsstimmung?“ Ein wichtiger Ton im Leben!

Heute, am 3. Advent 2022, hat der Dichter dieses Liedes seinen 80. Todestag: Jochen Klepper. Das gibt Anlass, seiner und seiner Lieben zu gedenken. Jochen Klepper ist mit zwölf Liedern im Evangelischen Gesangbuch vertreten. „Er weckt mich alle Morgen“ (EG 452) gehört dazu, „Gott wohnt in einem Lichte“ (EG 379), „Ja, ich will euch tragen“ (EG 380) und für die gibt Anlass, seiner und seiner Lieben zu gedenken. Jochen Klepper ist mit zwölf Liedern im Evangelischen Gesangbuch vertreten. „Er weckt mich alle Morgen“ (EG 452) gehört dazu, „Gott wohnt in einem Lichte“ (EG 379), „Ja, ich will euch tragen“ (EG 380) und für die Adventszeit „Die Nacht ist vorgedrungen“ (EG 16). Am 11. Dezember 1942 starb Klepper.

 

Jochen Klepper, seiner jüdischen Frau Hanni und ihrer Tochter drohen Verhaftung und Ermordung. 1929 haben sich Jochen Klepper und seine spätere Frau kennengelernt. Sie brachte zwei Mädchen mit in die Ehe. Erst nach Hanni Kleppers Taufe erfolgte 1938 die kirchliche Trauung. Jochen Klepper wird daraufhin aus dem deutschen Schriftstellerverband ausgeschlossen. Eine der Töchter kann rechtzeitig vor Kriegsbeginn Deutschland noch verlassen. Seiner Frau und der anderen Tochter drohen Konzentrationslager und Ermordung.

 Die Familie wählt den Freitod, um sich der sicher geglaubten Verhaftung und Ermordung zu entziehen. Kurz vor dem Freitod schreibt Jochen Klepper: „Hanni und ich wissen doch nun, wie furchtbar man noch einmal an Gott verzweifeln musste – aber wir können nicht zweifeln, können vom Glauben nicht los, nachdem er doch so schmerzhaft in uns geschieden ist von irdischer Hoffnung.“ Ihr Leben schien am Ende ausweglos. Jochen Klepper schreibt: „Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst. Wir sterben nun, ach, auch das steht bei Gott. Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“

 

Bereits 1937 hat Jochen Klepper sein Gedicht „Die Nacht ist vorgedrungen“ geschrieben. „Weihnachtslied“ hat er es für die erste Veröffentlichung überschrieben. Es ist reich an biblischen Anspielungen. Der „Morgenstern“ (Offb 22,16), „zur Nacht geweinet“ (Ps 30,6), „alle Engel dienen“ (Hebr 1,6), das alles sind der Bibel entnommene Wendungen – wie auch die Hoffnung, dass Gott „im Dunkel wohnen“ will (1 Kön 8,12) und der aus dem Gericht kommt, der „dem Sohn vertraut“ (Joh 5,24).

Der mitwandernde Stern von Bethlehem weist den Weg und führt aus der Dunkelheit heraus. So gehen die Kleppers in den Tod, wissend, dort auf Gott zu treffen, der doch im Dunkeln wohnt, voller Hoffnung auf den segnenden Christus, „der um uns ringt“. Sie sterben in der Zuversicht, dass der Stern der Gotteshuld mit ihnen ist. Beglänzt von seinem Lichte, hält sie kein Dunkel mehr.

Dies ist viel mehr als „Weihnachtsstimmung“ – hier trägt Hoffnung und Glaube und kein vordergründiger Schein. Eine gesegnete Adventszeit - wünscht,

Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski

 

 

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Gruß zum 2. Advent am 04.Dezember 2022
von Florian Näcker

Die Adventszeit ist im vollen Gange und Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind im Stress, denn die Zeit verstreicht auf die Suche nach dem perfekten Weihnachtsgeschenk. Wunschzettel sind dabei häufig der beste Anhaltspunkt für das begehrte Ziel, dem einen oder anderen Freunden oder Familienmitgliedern eine Freude zu bereiten. Je weiter die Zeit verstreicht desto unrealistischer wird es, dass passende Weihnachtsgeschenk im Internet zu finden, da durch das hohe Paketaufkommen die Lieferzeit zu einem Würfelspiel wird. So macht man sich doch auf  und schnürt die Winterstiefel gut zu, schließt sorgfältig die Jacke, wirft galant den Schal über die Schulter. Bereit sich ins dem Weihnachtschaos in den Einkaufscenter zu stellen.

 

Kein unbekanntes Bild für uns alle, vielleicht nicht immer das Identische, jedoch denke ich jeder von uns kennt den Stress und hat damals panisch Bilder gemalt oder Gutscheine gebastelt, sodass etwas unter dem Weihnachtsbaum liegt.


Dieses Jahr ist die Zeit wieder besonders, sonst wird in der Adventszeit entschleunigt, Weihnachtsfeiern finden statt, der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt belebt den gestressten Geist, ab und an lädt man sich zum Adventskaffee ein oder es wird der Lieblingsfilm geguckt, denn besonders in der Adventszeit ist das Blockbusterkino groß. Doch sind auch dieses Jahr wieder die Weltereignisse sehr einschneidend.

 

Dadurch werden die zwei Seiten, die ich vorher beschriebener intensiver. Stressor sind erdrückt und Ruhezonen werden umso dringender gebraucht, wenn nicht sogar radikal vom Körper eingefordert.

Wir vergessen dabei häufig, wer so um uns herum ist. Zwar werden wir stetig erinnert mit den jährlichen weihnachtlichen Spendenaktionen, doch gerät dies oft ins Vergessen, wenn wir einen Schritt aus der Haustür machen.

 

Ich hab neulich eine Geschichte gelesen, sie passt überhaupt nicht in diese Zeit, zeigt uns aber, kein Mensch ist wichtiger größer als ein anderer.

In der Geschichte geht es um Alber Einstein, einer der größten und klügsten Köpfe der vergangenen Zeit. Ein Mensch den viele mit sehr viel Respekt begegneten. Physiknerds sind vielleicht sogar in Ohnmacht gefallen, wenn sie mit Einstein sprechen durften oder war zu mindestens sehr nervös.

 

Die Geschichte handelt von der Zeit als Einstein einen längeren Aufenthalt in Princeton hatte. Eine Reporterin beobachtete, dass ein kleines Mädchen Tag ein Tag aus bei Einstein zu Besuch war. Dieses Verhalten wunderte die pfiffige Reporterin und schrieb eine Story für ihre Zeitung. Die Mutter des Mädchens hatte dies auch schon bemerkt, wurde aber besorgt, als nun in der Zeitung von ihrer Tochter berichtet wurde. Sie ging am nächsten Tag zu Einstein und stellte ihn zu Rede, warum ihre Tochter so häufig bei im sei. Ihr Tochter ist doch kein Genie und was für ein Interesse könnte Einstein an ihr habe. Einstein gab ihr eine ganz einfache Antwort: „Sie bringt mir selbstgebackene Kekse und ich mach ihre Mathehausaufgaben.“

 

Ich weiß nicht, ob diese Geschichte wirklich einmal so geschehen ist, sie verdeutlicht mir nur eins, am Ende wollen doch alle nur in Ruhe Kekse essen, egal wie wichtig wir sind. Also lassen sie uns weiter durch die Adventszeit gehen mit warmen Herzen und ein wenig Umsicht für die Menschen direkt neben uns, damit wir alle entspannt Kekse essen können.

 

Einen schönen zweiten Advent wünscht Ihnen Florian Näcker


                        

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Gruß zum 1. Advent am 27.November 2022

von Pastorin Anke Pfeifer

 

Jeremia 23,5-8

 

Macht hoch, die Tür die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit!

So haben wir das vorhin am Anfang des Gottesdienstes gesungen.

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit. Öffnet eure Herzen für den, der da kommt!

Was wie eine Aufforderung klingt, ist in Wahrheit ein großes Versprechen und eine Einladung, sich ganz bewusst einzustellen auf das Kind in der Krippe, das uns an Weihnachten entgegenkommt. In dem die Liebe und Freundschaft Gottes zu allen Menschen Gestalt annahm, damit wir bis heute diese Liebe erfahren, damit wir darauf hoffen und bauen und uns darauf verlassen können.

Und genau darum geht es heute am 1.Advent und in der vor uns liegenden Adventszeit:

Um die frohe Botschaft, dass Gott zu uns kam und kommen wird, dass er Raum haben will und sich selber Raum schafft in unserem Leben und in unseren Herzen.

In diesen Tagen und Wochen spüren wir das. Und merken dann auch, dass manches tatsächlich anders ist. Wenn wir unsere Wohnstuben festlich schmücken, durch die erleuchteten Straßen unserer Stadt oder über den Adventsmarkt gehen oder auch nur zu Hause ein Licht anzünden.

Adventszeit, das ist nicht nur für die Kinder, sondern für alle, die sich ein kindliches Herz bewahrt haben, eine besondere Zeit.

Eine Zeit in der wir unsere Sehnsucht nach Freundschaft und Liebe, nach Frieden und Geborgenheit besonders spüren. Erst recht in Zeiten wie diesen, in der wir angesichts des Kriegs in der Ukraine wieder merken wie fragil und zerbrechlich der Frieden ist. Und wie schnell Despoten wie Putin dabei sind andere Menschen ins Unglück zu stürzen.

Wie sehr sehnen wir uns für die Menschen dort aber auch hier für uns nach Frieden.

Im Advent merken spüren wir dieses Bedürfnis nach Frieden und Freundschaft und manchmal auch, dass unsere Herzen irgendwie wärmer und weiter werden. Für andere Menschen, aber auch manchmal für Gott.

Und vielleicht ist diese Sehnsucht sogar eine Erfahrung, die Gott uns schenkt und ins Herz legt, weil er selbst uns näherkommt und unsere Herzen öffnet und zu sich zieht.

Durch das Kind in der Krippe, das bis heute die Kraft hat, die Herzen zu öffnen, warm und weich werden zu lassen. Indem uns dann aber auch und das ist das besondere und wunderbare Gott selbst begegnet.

Er selbst, seine ganz andere Wirklichkeit, die soviel höher und größer ist, als alles, was wir begreifen oder erfassen können. Die aber trotzdem wahr und wirklich ist. Die hinter und unter und über allem liegt, was wir tagtäglich erleben und erfahren. In die wir in diesem Leben eingebunden und eingebettet sind und darüber hinaus.

An diese Wirklichkeit Gottes, an seine Gegenwart und sein Handeln in dieser Welt, will auch der Prophet Jeremia seine Zuhörer erinnern, um ihnen damit neue Hoffnung und neuen Mut für die Zukunft zu geben. Wir haben die Worte des Jeremia vorhin in der alttestamentlichen Lesung gehört.

Es sind Worte, die Jeremia spricht in schwerer Zeit.

Der König in Israels hatte das Land politisch an den Abgrund geführt. Er hatte sich von den Babyloniern losgesagt und war zu den Ägyptern übergelaufen. Die Strafaktionen der Babylonier, Krieg und Zerstörung, die Zerschlagung des jüdischen Staates und der Abtransport der Oberschicht ins babylonische Exil stand unmittelbar bevor. Und das bedeutete nicht nur den Verlust von Haus und Hof, Hab und Gut sondern auch den Verlust der Heimat, des gelobten Landes, das Gott ihnen einst zur Wohnstatt gegeben hatte. Und den Verlust des Tempels und der damit verbundenen Möglichkeit Gott zu begegnen. Für die Israeliten stellte sich damit sogar die bittere Frage, ob Gott sich abgewandt, sie verlassen und sogar verstoßen hat.

In diese Befürchtung spricht Jeremia hinein.

Und macht klar, dass Gott in Wahrheit ganz anders ist, als sie befürchten. Dass Gott die Not und das Elend seines Volkes gesehen hat und sehen wird. Dass Gott in der Not und im Elend ganz nah ist und da ist, ihnen beistehen und ihnen heraushelfen will und heraushelfen wird. So, wie er es schon einmal vor Urzeiten getan hat, als er sein Volk aus der Knechtschaft und Unterdrückung Ägyptens befreit und heraus geführt hat.

Und er verheißt ihnen, dass es wieder so sein wird.

Gott wird sie aus aller Not und Unterdrückung befreien. Weil Gott an der Seite der Unterdrückten ist und all derer, die unter dem Unrecht anderer Menschen leiden. Weil Gott alles Unrecht beenden will und möchte, dass allen Menschen geholfen wird. Dass sie in Frieden und Gerechtigkeit leben können und Leben in Fülle haben. Unser Predigttext erinnert uns bis heute an den unbeirrbaren Willen Gottes zum Frieden und vor allem daran, dass das Wohl aller Menschen das Herzensanliegen Gottes ist.

 Darum wird er sein Volk auch wieder in das gelobte Land führen. Darum werden sie einen guten und gerechten König haben.

„ Denn siehe es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird. Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: Der Herr unsere Gerechtigkeit. „

Liebe Gemeinde, Recht und Gerechtigkeit in dieser Welt stehen im Zentrum dieser Verheißung. Und das meint ganz konkret, dass den Menschen in dieser Welt, Gerechtigkeit widerfährt und widerfahren soll. Und dass Menschen Zugang zu dem, was sie zum Leben brauchen, haben.

 Aber der alttestamentliche Begriff der Gerechtigkeit geht noch weiter. Gerechtigkeit, hebräisch Zedaka, beschreibt eine Wirklichkeit die Gott selbst schafft. Heute kann man das vielleicht als eine Art Atmosphäre oder Wirksphäre beschreiben, in der es den Menschen tatsächlich gelingt zu erkennen, was recht und gerecht, was richtig und gut ist und wie Menschen einander gerecht werden können.

Zedaka ist aber noch mehr als eine Atmosphäre.

Zedaka ist auch die Ermöglichung und die reale Chance die Gerechtigkeit zu erkennen, zu verwirklichen und auch zu realisieren.

Christlich könnte man das vielleicht so sagen: Jeremia verheißt seinen Leuten unter der Herrschaft des neuen Königs jede Menge heiligen Geist, der ihnen nicht nur die Fähigkeit gibt zu erkennen, was recht und gerecht ist, sondern ihnen auch den nötigen Willen, die Tatkraft und den Schwung dazu gibt, sie auch zu tun und umzusetzen.

Dabei ist für Jeremia recht und gerecht immer nur das, was der Gemeinschaft und dem Gemeinwohl dient. Modern gesprochen könnte man sagen: dass dann das Gemeinwohl vor dem Eigennutz geht.

Die Frage ist also nicht: Was ist gut für mich? Sondern vielmehr: Was ist gut für uns und gut für uns alle? Dahinter verbirgt sich die Erfahrung, dass es dem Einzelnen nur gut gehen kann, wenn es der Gemeinschaft als ganzer gut geht.

Denn nur, wenn Gerechtigkeit und Eintracht in der Gesellschaft herrschen, kann auch der Einzelne gut und in Frieden leben.

Und Jeremia verheißt seinem Volk, damit das wahr werden, kann einen neuen, guten und gerechten König, der Gottes Reich aufrichtet mitten in dieser Welt.

Und wir wissen es längst: Die Nachfahren seines Volkes, die frommen Juden warten auf diesen König, den Messias noch immer.

Als Christen dürfen wir glauben, dass dieser König in Jesus Christus schon längst gekommen ist, um Gerechtigkeit und Frieden in die Welt zu bringen. Auch, wenn das dann ganz anders war, als erhofft und erwartet.

Sondern so, wie Jesus das auch selber gesagt hat: Dass das Reich Gottes in ihm nahe herbeigekommen ist.

Dass es also in ihm und seiner Person schon wirklich da war und nah war, dass es in ihm schon angebrochen aber noch nicht vollendet ist.

Und so haben die Menschen schon damals, in der Gegenwart Jesu das Reich Gottes, die Wirklichkeit Gottes, seine Liebe und Freundschaft erfahren. Sodass sie in seiner Nähe wieder aufatmen und aufleben konnten, versöhnt mit sich selbst, mit Gott und miteinander, so dass Blinde wieder sehen, Lahme wieder gehen konnten und Ausgestoßene wieder in die Gemeinschaft hineingenommen wurden.

Bis heute, liebe Gemeinde, weist Jesus uns den Weg zum Frieden.

Und hat gezeigt, dass die Liebe der eigentliche Schlüssel zu einem friedvollen und gerechten Leben ist.

Die Liebe mit der Gott uns liebt und sogar vergibt, was wir uns selbst kaum verzeihen können. Die Liebe, die Gott uns aber auch immer wieder ins Herz legt, damit wir einander liebevoll und großherzig begegnen.

Eine Liebe, die immer dort spürbar und erfahrbar, wo Menschen einander liebevoll, großzügig und in Freundschaft begegnen.

 

Allein deshalb ist der Advent und auch Weihnachten so wichtig,

Weil uns durch das Kind in der Krippe plötzlich ein anderer, ein frischer Wind und guter Geist in unsere Herzen und Gedanken weht. Und unsere Herzen weiter und offener werden für Gott und seine Liebe. Und er uns auf den Weg setzt, der Spur Jesu Christi und darin der Liebe Gottes zu folgen.

Um dann zu merken, dass auch für uns das Reich Gottes, das Reich seiner Gerechtigkeit und seines Friedens nahe herbeigekommen ist, wo immer wir Freundschaft und Liebe erleben. Durch einen kleinen Gruß, der uns übers Handy erreicht oder eine kurze Umarmung, die unseren Alltag ein bisschen froher und heller macht, durch das Zusammensein beim Plätzchen backen oder im Kerzenschein, durch Momente die uns das Gefühl geben, dass es gut ist und schön ist auf der Welt zu sein und mit anderen zusammenzugehören und miteinander zu leben. Aber auch durch handfeste und tatkräftige Hilfe, die Menschen einander geben, wenn es darum geht den ganz normalen Alltag zu bewältigen und zurecht zu kommen. Wenn es darum geht, eben mal schnell die Kinder zu hüten, für die kranke Nachbarin den Einkauf zu machen oder die alten Eltern zum Arzt zu bringen.

Wahrscheinlich beginnt Gottes Reich tatsächlich im Kleinen und Unscheinbaren, um von dort aus weiterzuwirken und sich zu entwickeln.

So gesehen ist der Advent und das Weihnachtsfest alle Jahre wieder tatsächlich ein guter Anlass und Grund, Liebe zu üben. Sich in der Liebe zu üben- bedeutet ja nicht das schon perfekt zu können. Aber es mit der Liebe und in Liebe immer wieder neu zu versuchen. Und unsere Welt und unser Zusammenleben auch dadurch eine Bisschen und dann Stück für Stück immer weiter besser und heller zu machen.

Möge Gottes guter Geist uns in dieser Adventszeit dazu erfüllen, ermutigen und beflügeln.

 

Amen

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 

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Samstag, 27. April 2024:

Du sprachst: Ich bin unschuldig; der HERR hat ja doch seinen Zorn von mir gewandt. Siehe, ich will dich richten, weil du sprichst: Ich habe nicht gesündigt.
Jeremia 2,35

Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!
Lukas 23,42
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