Gruß zum Sonntag

 

Gruß zum Sonntag Rogate am 05. Mai 2024
von Pastorin Pfeifer

 

Liebe Gemeinde,

es ist Abend. Die Familie sitzt entspannt auf dem Sofa. Im Fernsehen läuft gerade die Sendung: Wer wird Millionär. Es ist gerade besonders spannend. Eine junge Frau hat die 250000 Euro Frage geknackt. Wird sie die nächste Frage und dann die 1 Million Euro Frage heute noch schaffen?

Es knistert nicht nur die Spannung sondern auch die Tüte mit den Kartoffelchips. Gleich nach der Werbung geht’s weiter, die Erkennungsmelodie ertönt. Aber leider auch unüberhörbar die Klingel an der Haustür.

Alle Familienmitglieder denken: Ausgerechnet jetzt!

 Alle warten noch einen Moment, in der Hoffnung, dass sich ein anderer erbarmt und aufsteht, um an die Haustür zu gehen. Schließlich geht der Vater zur Tür, öffnet und sieht überrascht den Nachbarn vor sich stehen. Der entschuldigt sich für die Störung. Mein Wagen springt nicht an, können Sie mir bitte Starthilfe geben, sie haben doch die Kabel in der Garage liegen.

Der Vater unterdrückt einen Seufzer, nimmt den Autoschlüssel und begleitet den Nachbarn zum Parkplatz. Eine Viertelstunde vergeht, bis die Kabel richtig angeschlossen sind. Man macht das ja nicht jeden Tag. Bevor der Nachbar davon fährt, bedankt er sich: Nächstes Mal bin ich dran.

Als der Vater zurück ins Wohnzimmer kommt, ist die eine Million-Euro -Frage längst vorbei und die Kartoffelchips sind aufgegessen.

Liebe Gemeinde, wenn Ihnen der Vater jetzt leid tut, liegen sie falsch.

Theologisch interessant ist nicht, dass der Vater die Sendung verpasst. Hilfsbereitschaft braucht nun mal Zeit. Und auch der leichte Groll, wegen einer verpassten Sendung, ist schnell vergessen.

Interessant ist für uns heute viel eher, dass der Nachbar sich traut, um Hilfe zu bitten. Dass er dafür sogar in Kauf nimmt am Abend zu stören.

Manche von uns kennen das. Dass es gar nicht so leicht fällt, um Hilfe zu bitten. Erst recht nicht, wenn das unpassend erscheint und wir damit einen anderen Menschen stören könnten. Da muss man schon einen guten Grund und ein wichtiges Anliegen haben, um sowas zu machen. Und um die eigene Scheu zu überwinden.

Darf ich dem anderen überhaupt zumuten, mir zu helfen?

Kann ich jemanden bitten?

Und darf ich deshalb sogar aufdringlich sein?

Die Antwort Jesu ist eindeutig und klar: Ja. Natürlich darfst du das. Natürlich kannst und sollst du jemand anderen um Hilfe bitten. Jesus geht in der Geschichte vom hilfesuchenden Freund, die wir eben in der Evangelienlesung gehört haben, davon aus, dass es selbstverständlich ist, um Hilfe zu bitten. Erst recht einen guten Freund oder eine gute Freundin.

Weil der Kumpel aus dem Fußballverein oder die beste Freundin , selbst bei der lästigsten Bitte, kaum nein sagen wird, wenn es ihm oder ihr irgendwie möglich ist, zu helfen. Weil es unter Kumpeln und besten Freundinnen schlicht selbstverständlich ist, einander zu helfen und füreinander da zu sein.

Aber selbst wenn die Freundschaft nicht so dick oder die Bitte sogar einigermaßen unverschämt ist, werden Menschen sie oder sie zu machen.

So, sagt Jesus, reagieren Menschen nun mal. Und das ist auch gut so.

Aber Jesus erzählt diese Geschichte nicht, um menschliche Verhaltensweisen zu erklären oder zu bestärken. Er erzählt diese Geschichte um deutlich zu machen, so wie der gute Kumpel, wie die beste Freundin ist Gott.

Und so selbstverständlich bis unverschämt wie die beste Freundin oder den besten Freund kannst und darfst du Gott auch immer wieder um Hilfe und Beistand bitten.

Beim Beten, beim lauten oder stummen Sprechen zu Gott musst du kein Blatt vor den Mund nehmen, sondern darfst ihm alles sagen, bitten und klagen, so wie dir innerlich gerade zumute oder wie dir der Schnabel gewachsen ist. Vor Gott darfst du schreien vor Zorn, stammeln vor Aufregung, stottern vor Peinlichkeit, Seufzen vor Kummer und sogar Schweigen, wenn dir die Worte fehlen oder Kummer und Leid dir die Sprache verschlagen hat.

Du kannst sogar darauf vertrauen, dass Gott selbst deine unausgesprochenen Gedanken und Gefühle, deine stummen Gebete hört und versteht. Dass er begreift, was du manchmal selbst kaum verstehen oder begreifen kannst.

Gott kannst und darfst du alles sagen. Und darauf vertrauen und bauen, dass Gott wirklich wahr ist und da ist und dich erhört. Das er hört und versteht, worum du ihn bittest. Denn bittet, so wird euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt und wer da sucht, der findet, und wer da anklopft, dem wird aufgetan.

Liebe Gemeinde, was Jesus hier sagt ist Verheißung pur.

Macht Hoffnung und nährt die Zuversicht, dass Gott, wie ein guter Freund ein vertrauensvolles, persönliches Gegenüber ist, dass Gott sich, wenn wir ihn suchen auch finden lässt, dass er uns auftut , wenn wir nur nachdrücklich und beharrlich genug nach ihm suchen und an seine Tür klopfen.

Jeus will uns dazu ermutigen, beharrlich zu sein und nicht locker zu lassen, in dem Versuch zum Glauben, zum Vertrauen an Gott zu kommen, nach Gott zu fragen und ihn zu suchen. Weil Gott sich nicht verschließt, sondern finden lässt. Wir sollen und dürfen zu Gott zu beten in dem Vertrauen, dass er uns erhört.

 

Und sich durch uns und unsere Bitten dazu bewegen lässt einzugreifen und an uns und für uns zu handeln.

Also: Bittet so wird euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden,  klopfet an, so wird euch aufgetan. Werdet ihr die Liebe und Freundschaft Gottes erfahren und wird Gott an euch, in euch und durch euch handeln.

Und manchmal vielleicht auch durch andere Menschen , die gut zu uns sind. Die uns beistehen und helfen und die Last und die Not, die wir haben, mit uns teilen und mit uns tragen.

Wenn wir erleben, dass wir Menschen haben, die uns an die Hand nehmen oder sich uns den Weg stellen, wenn wir dabei sind uns zu verrennen.

Bittet so wird euch gegeben. Auf Gott und seine Liebe könnt ihr vertrauen und dürft ihr euch verlassen.

Genauso wie auf die Kraft des Gebets, das seine Wirkung schon haben wird, weil Gott sich dadurch berühren und zum Handeln und Eingreifen bewegen lässt. Schon verlernt haben zu beten?

Jesus selbst gibt uns durch das Vater Unser ein Gebet an die Hand, mit dem wir beten können. Und es ist gut, dass wir dieses eine Gebet haben, das uns auch dabei helfen kann, wieder beten zu lernen, wenn wir das Beten schon längst verlernt oder vergessen haben. Vater unser im Himmel geheiligt werde dein Name, dein Reich komme dein Wille geschehe.

Wenn wir diese alten Worte wiederfinden und neu sprechen, kann es gut sein, dass wir erstmal gar nichts merken und kein Empfinden dabei haben.

Kann aber auch sein, dass wir, wenn wir sie häufiger und regelmäßiger sagen, irgendwann eine Wirkung in uns und an uns spüren. Dass wir wieder neu mit einer Macht und einer Kraft leben die außerhalb unsrer selbst liegt und dass wir dadurch dann innerlich wieder ruhiger und zuversichtlicher werden und sogar neu hoffen können.

 Dass uns plötzlich eine Kraft durchströmt, die uns aufatmen und auftanken lässt. Die uns dazu bringt, dass wir neue Ideen und Einfälle haben oder andere Perspektiven bekommen.

Und es kann sein, dass ich Gott dann langsam und allmählich, auch meine ganz eigenen und persönlichen Wünsche und Sorgen sage.

Auch wenn viele meiner Probleme dadurch nicht gelöst sind. Kann sogar sein, dass ich enttäuscht bin, weil Gott meine tiefsten Wünsche und Sehnsüchte, meine Klagen und Bitten scheinbar nicht erhört oder zumindest nicht so erfüllt ,wie ich mir das wünsche und worum ich ihn inständig gebeten habe. Denn es ist ja nicht so, dass Gott unsere Gebete immer so, wie wir uns das vorstellen und wünschen, erfüllt.

Selbst Jesus Christus hat das am Kreuz und im Garten Gethsemane auch so erlitten und so erfahren. Vater ist s möglich, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Und wir wissen, dass er dann trotzdem die Last und die Not seines Kreuzes zu tragen hatte, dass er sich am Kreuz dann aber trotzdem Gott gewandt hat, um ihm seine ganze Not und Einsamkeit zu sagen und zu klagen.

Und wir leiden, wie Jesus bis heute darunter, dass auch wir unser Kreuz, unser Leid, Krankheit und Not und auch den Tod immer noch zu tragen und zu ertragen haben.

Auch wenn Jesus uns lehrt, dass wir in der Not und im Leiden nicht alleine sind. Dass Gott bei uns, in uns und an unserer Seite ist, um uns zu halten und um uns zu tragen, um uns beizustehen, aber auch, um uns zu helfen und alle Not, alle Krankheit und sogar den Tod letztendlich zu überwinden.

Gott, liebe Gemeinde, kann und wird unsere Gebete, unsere Wünsche und Bitten nicht immer erfüllen und vielleicht auch nicht erfüllen können.

Aber wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott letztendlich alles für uns gut machen will und gut machen wird.

Das ist jedenfalls die große Hoffnung und Zuversicht, die wir seit Jesus Christus haben und mit der wir leben dürfen. In dem Vertrauen, dass Gott immer und überall an unserer Seite ist und dass wir uns immer wieder vertrauensvoll an ihn wenden können.

Denn Bittet so wird euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt und wer da sucht, der findet und wer da anklopft, dem wird aufgetan. Amen

 

Ihre Pastorin Anke Pfeifer

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!


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